Womit ich beim Tango schon wieder Spaß hatte

Es begann gestern mit einem Hinweis von Thomas Kröter auf Facebook auf einen ellenlangen Text mit dem schönen Titel: „EIN PLÄDOYER FÜR DEN CABECEO – WARUM MIRADA & CABECEO ZUM HERZEN DES TANGO GEHÖREN“. Das 1800 Wörter-Ungetüm enthielt Überschriften wie „EIN GEMEINSAMER KODEX SCHAFFT FREIHEIT“, „WARUM DIE DISTANZ ENTSCHEIDEND IST“ und „NÄHE ERZEUGT DRUCK – AUCH OHNE WORTE“.

Weil das alles eventuell noch nicht genug war, schob die Autorin später noch 1000 Wörter Erklärungen nach.

Wenn ich sie recht verstanden habe, gilt der Cabeceo auch, wenn man am selben Tisch sitzt. Dann eben aufstehen, weggehen und aus der Ferne glubschen! Keine Übertreibung  bitte nachlesen!

Auf Facebook dafür natürlich massenhafte Zustimmung:

„Es gibt eben auch zu viele selbsternannte Tangolehrer, die nichts davon gehört haben oder sich nicht daran halten wollen.“

„Woow! Dein Plädoyer sollte in die Rules aufgenommen werden! Aber leider können die Adressaten leider nicht lesen ...“

Ich fürchte halt, wenn sie lesen können, wird’s für sie noch schlimmer… leider, leider!

Meine Nachforschungen ergaben: Die Autorin veranstaltet Encuentros auf Teneriffa. Da sind solche Darlegungen sicherlich verkaufsfördernd…

Ich empfehle dringend die Lektüre dieser Aufforderungs-Scharia:

https://www.facebook.com/susanne.twigg.3/posts/pfbid035fYJaE4PLrGQ5Vfby1wCc7P85JrUWMaUw42jz72ytKV2qMUVfoxpTeFBGzEtrYoHl

Eine solche Pretiose konnte ich auf Facebook nicht unkommentiert lassen: Eine Aufforderungsweise, für deren Erklärung man fast 3000 Wörter benötige, sei mir zu kompliziert. Dort wurde ich (natürlich von einem Mann) umgehend belehrt, etwas nicht „verstanden“ zu haben:

„Du scheinst nicht zu verstehen: solch eine direkte Aufforderung kann durchaus willkommen sein, zumeist unter Tänzern die sich bereits gut kennen und gerne miteinander tanzen. Sie birgt jedoch auch die Gefahr, es nicht zu sein. Und genau dann setzt man den Aufgeforderten bzw. die Aufgeforderte zwischen zwei Stühle. Was beim Tango Argentino als unhöflich gilt, da mag die Aufforderung noch so höflich ausfallen.“

Da der Kollege von „Miranda“ sprach, fragte ich nach:

„Was ist eine Miranda? Hab ich da irgendwas verpasst?“

Die Antwort: „Miranda ist der Blickkontakt und der Capeceo die sich dabei eventuell enstehende gegenseitige Zustimmung zum Tanz.“

Jetzt musste ich dem Armen doch den Joke erklären:

„Nix verstehen ist meine Spezialität. Ich kenne nur Mirada und Cabeceo. Da hab ich wohl was verwechselt.“

Endlich kapierte er den Gag und quittierte ihn mit Beleidigtsein:

„ist das jetzt dein Ernst? Du versuchst echt auf dieser Tiefebene zu diskutieren!? Statt Sachlichkeit?“

Aber, Leute: Wer mich belehren will und sich dann solche Klopfer leistet, ist halt satiremäßig dran!

Weitere Nachforschungen ergaben: Mein Gesprächspartner („Promisc“) ist der Veranstalter der Oswald Kolle-Milongas „Nackter Tango“! Möglicherweise ließe sich das doch mit Teneriffa verbinden… halt dann im Bikini!

Glücklicherweise gibt es noch Restbestände alter Milongueros, die bei solchen Debatten gleichfalls der Hafer sticht:

„Trotzdem Dir Dank für den sonderbaren Text, den einige wenige verschüchterte und zwanghafte Leute noch immer wie ein Mantra zum Thema ‚Tanzvertrag‘ runterbeten. Irgendwann ist es dann sicher hilfreich, wenn Mann/Frau eine schriftliche Bestätigung bekommt, dass wir jetzt ‚gewaltfrei‘ und einvernehmlich miteinander tanzen und die entsprechend angekreuzten Körperteile lediglich zum Zweck des Tangos berühren dürfen.“

Unbedingt! Schließlich gibt es beim Film ja heute entsprechende Fachkräfte:

Ein Intimitätskoordinator (weiblich: Intimitätskoordinatorin) berät und betreut im Theater oder in Film- beziehungsweise Fernsehproduktionen Schauspieler und den Stab, insbesondere die Regie, bei der Umsetzung intimer und Sexszenen mit dem Ziel, dass ein respektvoller und sicherer Umgang zwischen den Beteiligten herrscht und keine sexuelle Belästigung geschieht.

Die Tätigkeit ist vergleichbar mit der eines Stuntkoordinators oder Bühnenkampfchoreografen, da eine Choreografie und ein konsensbasierter Rahmen entwickelt werden, vom Intimitätskoordinator bei intimen Szenen und vom Stuntkoordinator bei Actionsequenzen, die beide jeweils physische Berührungen zwischen den Schauspielern erfordern.

https://de.wikipedia.org/wiki/Intimit%C3%A4tskoordinator

Na eben: Nicht nur im Bett, sondern auch beim Tango gibt es streng einzuhaltende „Códigos“ zum paarweisen Rumturnen. In beiden Fällen gefälligst ohne hohe Beine!

Was ich zuerst meinem Tangofreund nicht glauben wollte: Vor einigen Jahren forderten die Berliner Jusos Pornos, die mit sozialdemokratischen Vorstellungen kompatibel sind. Sex wirke in den handelsüblichen Produkten wie „eine Performance oder Leistungssport". Scheitern, Ausprobieren und Kommunikation gebe es nicht.

Da hat er doch viel mit dem heutigen Tango gemeinsam!

Motto: „Auf in die neue Pornozeit!"

https://politik.watson.de/politik/deutschland/993569763-spd-jusos-fordern-pornos-in-lehrplan-und-oeffentlich-rechtlichem-rundfunk

Klar, man möchte Sex aus der weiblichen Perspektive. Sieht man dann in deutschen Filmen vorwiegend die Zimmerdecke?

Diese Kombination aus gutem Willen und hirnverbranntem Blödsinn ist mir aus dem Tango bestens bekannt. Und ich habe damit – als Alternative zu langweiligem Tanzen – einen Riesen-Spaß!

Quelle:

https://www.facebook.com/thomas.kroter.5/posts/pfbid02TVqEE9UFNynotbks13CdB2ELC9dYPLjG3DXKsWZsmF5HxSy2unvuHbexWZ3Jmdkel?comment_id=1196169769277971&notif_id=1765932578448682&notif_t=feedback_reaction_generic&ref=notif

Zur Entspannung noch etwas Zeitlupen-Tango von den Kanarischen Inseln zu artfremder unterlegter Musik:

https://www.youtube.com/watch?v=XYkrkx8gT6Q

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