Oben ohne - dritter Teil

Verfahren um den unverhüllten Busen können sich hinziehen. Vor mehr als zwei Jahren berichtete ich über eine Berliner Aktivistin (unterstützt von einer „Gesellschaft für Freiheitsrechte“), die sich an einem Wasserspielplatz („Plansche“) mit nackten Brüsten sonnte, was dort laut Badeverordnung nicht erlaubt war. Nach lichtvollen Debatten mit dem Sicherheitspersonal und der Polizei musste sie den Ort verlassen.

https://milongafuehrer.blogspot.com/2021/07/gleiche-brust-fur-alle.html

Glücklicherweise gibt es aber in der Bundeshauptstadt ein „Landesantidiskriminierungsgesetz“ inklusive einer entsprechenden Beschwerdestelle, an die sich unsere Freiheitskämpferin unverzüglich wandte. In Rekordzeit wurde die Nutzungsordnung für die Berliner Bäder geändert: Nun müssen nur noch die primären Geschlechtsorgane bedeckt sein. Inzwischen läuft der Betrieb dort wieder normal, also lediglich mit den ortüblichen Schlägereien.

Ich nahm das zum Anlass eines kleinen Aprilscherzes. Auch auf einer Berliner Milonga gelte nun „gleiche Brust für alle“:

https://milongafuehrer.blogspot.com/2023/04/obenrum-so-frei-wie-nie.html

Offenbar fiel aber kaum jemand auf den kleinen Spaß herein. Dass Frauen beim Tango nicht diskriminiert werden, war ja auch eine ziemlich spinnerte Idee…

In der Tragödie dritter Teil wandte sich die an der Enthüllung gehinderte Frauenrechtlerin an das Landgericht und begehrte wegen der Ungleichbehandlung ihres Busens eine Entschädigung vom Land Berlin in Höhe von immerhin 10000 Euro – wegen psychischer Folgen.

Da die Dame in erster Instanz abblitze, kam es neulich zur Berufungsverhandlung vor dem Kammergericht Berlin. Die dortige Richterin befand, es könne sich schon um eine Schlechterstellung der Klägerin handeln, und schlug einen Vergleich vor. Allerdings sei die geforderte Summe viel zu hoch – sie sehe diese eher im niedrigen dreistelligen Bereich.

Wie nicht anders zu erwarten weigerte sich die Aktivistin, mit den Vertretern des Bundeslandes zu verhandeln. Ihr sei das Vertrauen in solche Instanzen verloren gegangen. Die Senatsverwaltung will nun über die rechtlichen Aspekte nochmal nachdenken – das könne aber einige Wochen dauern. Schließlich ist man in Berlin… Daher vertagte man sich nach drei Stunden heftiger Streiterei.

Im Kern geht es wohl um die juristische Frage, ob man hier Gleiches ungleich behandelt (also die nackten weiblichen und männlichen Oberköper) – oder eben Ungleiches ungleich.

Ich finde, die Natur macht hier schon Unterschiede: Männer sind beispielsweise fürs Stillen gänzlich ungeeignet – und können nicht mal Kinder austragen. Eine schreiende biologische Diskriminierung!

Aber gut – was soll’s? Als Mann kann ich mich durchaus damit abfinden, an öffentlichen Orten nun mit weiblichen Oberweiten verwöhnt zu werden – auch wenn die vielleicht nicht immer meinen ästhetischen Vorstellungen entsprechen sollten. Und ich würde mich bemühen, nur unauffällig zu gucken.

Nur, liebe Aktivistinnen, kann ich dabei nicht für alle Geschlechtsgenossen die Hand ins Feuer legen. Schon mal darüber nachgedacht, dass manche Kerle dann eine Mirada produzieren, die sogar Tangomaßstäbe übertrifft? Vielleicht sogar den einen oder anderen flotten Spruch ablassen? Klar, das wäre dann die nächste sexuelle Belästigung, mit der man wieder vor den Kadi ziehen kann!

„Mein weiblicher Körper wurde unerwünscht sexualisiert“, so der O-Ton der Klägerin. Mit Oberteil wäre das eher nicht passiert.

Ich frage mich, wie viele Badeplätze die Aktivistin aufsuchen musste, bis sie endlich mal einen Konflikt mit der Ordnungsmacht hinbekam. Das kann richtig anstrengend werden und sogar zu einem Sonnenbrand führen! Aber nun hat man es ja geschafft und kann sich bis zum Europäischen Gerichtshof durchtrotzen, indem man Entschädigung dafür verlangt, seinen Busen nicht zeigen zu dürfen. Darauf muss man erstmal kommen! Gibt sicher jede Menge Publicity! Dass man die Gerichts- und Anwaltskosten selber berappen muss, ist nicht zu befürchten. Dafür gibt es ja die einschlägigen Vereine zur Befreiung der Frau.

Ob solche Vereinigungen sich auch mal mit Wichtigerem abgeben, beispielsweise den ungleichen Löhnen oder der Gewalt gegen Frauen? Oder wenigstens dafür eintreten, dass man Frauen wegen ihres Geschlechts nicht von Tangoveranstaltungen fernhält? Stattdessen beschäftigt man die eh schon überlastete Justiz mit solchem Firlefanz.

An Stelle der Richterin hätte ich die Entschädigungssumme auf 5 Euro festgesetzt. Mit dem Geld könnte die Klägerin doch eine Parkuhr füttern und der von ihrem Belastungen erzählen!

Ich glaube, in unserer Gesellschaft schwindet die Einsicht, dass es neben dem geschriebenen Recht auch eine Übereinkunft gibt, was man eben tut oder lässt. Also ungeschriebene Regeln des gesellschaftlichen Umgangs. Und die betreffen weniger die Tanzrichtungen in der Ronda als die Bemühung, anderen nicht auf den Keks zu gehen.

Damit wäre mehr erreicht als durch juristische Spitzfindigkeiten. Und oben ohne" muss sich ja nicht auf das Hirn beziehen.

Quellen:

https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/09/berlin-wasserspielplatz-plansche-oben-ohne-berufung-kammergericht.html

https://www.bild.de/regional/berlin/berlin-aktuell/berlin-keine-einigung-im-oben-ohne-prozess-85585850.bild.html

https://www.sueddeutsche.de/leben/gesellschaft-berlin-prozess-um-nackte-brueste-auf-wasserspielplatz-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-230928-99-370761

P.S. Und schön, dass sich fast stets eine Sozialdemokratin findet, die den ganzen Krampf verteidigt:

https://www.youtube.com/watch?v=AmVtUuoXBgA

Kommentare

  1. Soeben erreichte mich ein „Leserbrief“ von Annette Schaper-Herget:

    Lieber Gerhard,
    klar gibt es wichtigere Probleme als die Frage, ob sich auch Frauen oben ohne ins Schwimmbad setzen dürfen oder nicht.

    Aber ich muss die Gesellschaft für Freiheitsrechte in Schutz nehmen, die bei uns eine wichtige Rolle bei der Bewahrung der Bürgerrechte wahrnimmt. Du schreibst: "Ob solche Vereinigungen sich auch mal mit Wichtigerem abgeben, beispielsweise den ungleichen Löhnen oder der Gewalt gegen Frauen?" Hättest Du mal auf die Seite dieser Vereinigung geklickt: https://freiheitsrechte.org/#content ! Dort findest Du direkt auf der Startseite den Eintrag: "Equal-Pay-Klage: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit". Wenn Du noch ein wenig weiter scrollst, findest Du eine Fülle von Verfahren, in denen sich die GfF für mehr Gerechtigkeit in wirklich wichtigen gesellschaftlichen Themen einsetzt.

    Noch kurz zum Thema "oben ohne": Du schreibst "Ich glaube, in unserer Gesellschaft schwindet die Einsicht, dass es neben dem geschriebenen Recht auch eine Übereinkunft gibt, was man eben tut oder lässt. Also ungeschriebene Regeln des gesellschaftlichen Umgangs." Unsere Gesellschaft ist im Wandel, und noch vor wenigen Jahrzehnten gab es ganz andere Übereinkünfte, die dann allerdings hinterfragt worden sind und sich wandelten, zum Glück. Es gibt bei uns auch Kräfte, die eine viel stärkere Verhüllung von Frauen und ihre Unsichtbarkeit fordern. Die Sichtbarkeit von Haaren sei eine sexuelle Stimulanz. Zugegeben, das ist jetzt etwas extrem, aber es zeigt die Richtung. Warum ist ein nackter Busen ein Stimulanz, ein hübsch geschminktes Gesicht und lange Haare nicht? Alles könnten Stimulanzien sein, aber es gibt auch Höflichkeit und Zivilisation, die zu Beherrschung führen. Zum Glück gibt es in unserer Gesellschaft andere Kräfte, die einfach mehr Respekt, Höflichkeit und Toleranz fordern, insbesondere Frauen gegenüber, denn leider mangelt es da immer noch.

    Ich bin froh, dass es die GfF gibt, denn es gibt leider viele Bemühungen, unsere Grundrechte zu erodieren, und ihr Korrektiv greift dann ein. Zur Erodierung unserer Grundrechte gehören auch die unsäglichen Versuche auf verschiedenen politischen Ebenen, das digitale Briefgeheimnis auszuhöhlen. Das ist ein Thema, an dem die GfF schon lange dran ist und sich viele Verdienste erworben hat.

    Liebe Grüße
    Annette

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    1. Liebe Annette,

      ich kenne die Arbeit der GfF nicht im Einzelnen – daher habe ich im Text eine Frage gestellt, die auch nicht allein auf diesen Verein bezogen war.

      Ich habe mir die Aktivitäten nun genauer angesehen und finde nicht alles überzeugend, zum Beispiel die Aktion gegen Schulordnungs-Bestimmungen oder nächtliche Musizierverbote.

      Vor allem aber glaube ich nicht, dass man gesellschaftliche Entwicklungen in erster Linie durch Anrufung der Justiz bewirken kann. Man muss durch Überzeugungsarbeit Mehrheiten erreichen. Durch derartige „Prozesshanseleien“ macht man sich in den Augen vieler eher lächerlich.

      Dass die unverhüllte weibliche Brust (und nicht die männliche) in unserer Kultur einen starken sexuellen Auslöser darstellt, kann man mit Blick auf die Unterhaltungsbranche oder die Werbung nun wirklich nicht bestreiten. Und wir sind in unserer Zivilisation echt meilenweit davon entfernt, Frauen eine Burka überstülpen zu wollen. Wobei ich etwas mehr Verhüllung – für beide Geschlechter – oft besser fände.

      Mein Artikel stellt keine politische oder gar juristische Expertise dar. Ich fand das Ganze einfach sehr lustig – und zur Unterhaltung meiner Leserinnen und Leser geeignet.

      Aber ernsthaft: Ich sehe in der Klageflut, die ja nicht nur aus solchen Gründen die Gerichte überschwemmt, eher ein Überstrapazieren als eine Aushöhlung der Grundrechte. Und Respekt, Höflichkeit und Toleranz sollte man nicht nur von anderen einfordern, sondern auch selber zeigen. Das geschieht nicht, indem man anderen mit dem nackten Hintern oder anderen sensiblen Körperteilen ins Gesicht springt.

      Danke und liebe Grüße
      Gerhard

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