Die Renommier-Opas

 „Ein Laie (von griechisch λαός laós „Volk“ über λαϊκός laikós ‚zum Volk gehörig‘ und kirchenlateinisch laicus ‚der (kirchliche) Laie‘) ist ein Angehöriger einer Religionsgemeinschaft, der kein geistliches Amt innehat, also kein Kleriker ist.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Laie_(Religion)         

Kürzlich missfiel einem Zauberkollegen ein Artikel, in dem ich mich ironisch mit den Verhältnissen auf Familienfesten auseinandersetzte, welche einen Magier manchmal in Nöte bringen können.

https://milongafuehrer.blogspot.com/2023/09/feste-mit-katastrophen-garantie.html?showComment=1694006514380#c674932230408147295

Der Kommentator nannte mich einen „Laiendarsteller“. Er selber sei natürlich ein „Profi“, na klar…

Den Stil solcher Kritiker kenne ich inzwischen von vielen Beispielen. Meist sind es Männer in leicht fortgeschrittenem Alter, welche oft durchaus Verdienste um die Zauberei oder den Tango (manchmal auch die Musik) vorweisen können. Offenbar belastet sie aber das Gefühl, dass diese nicht genügend anerkannt würden. Das kann am Lebensabend zu größerem Frust führen.

Meldet sich dann jemand öffentlich mit Ansichten, welche ihnen missfallen – oder jedenfalls das Interesse von Lesenden finden – nehmen sie angstvoll wahr, dass ein Schatten auf ihren Heiligenschein fallen könnte.

Daher wird dann der missliebige Autor umgehend scharf angegriffen – und zwar stets persönlich – nicht etwa mittels Auseinandersetzung mit dessen Argumentation. Der Duktus ist häufig der gleiche: Wie könne ein nichtswürdiger Laie (oder auch „Amateur“) – auf jeden Fall ein Mensch mit eklatantem Mangel an Fachwissen bzw. Erfahrung – es wagen, überhaupt eine Meinung zu haben! Und diese auch noch öffentlich verbreiten? Skandal!

Die Schlussfolgerung ist stets: Wer sich mit einer Sache beruflich beschäftigt, ist denen haushoch überlegen, welche nur einem Hobby frönen. Gerne wird der Begriff „Profi“ sehr großzügig ausgelegt. Im Tango zählt man schon dann dazu, wenn man gelegentlich mal ein paar Euro mit Tanzstunden verdient – oder beim Auflegen als DJ. In der Zauberei gar scheint es hierzulande – glaubt man der Werbung – eine Fülle von Berufsmagiern zu geben. Sehen kann man von ihnen allerdings nur wenig.

„Profi“ hat für mich in diesem Zusammenhang den Charakter eines Geisterworts:

https://diemagiedesgr.blogspot.com/2015/02/profis-ein-geisterwort.html

Leistet jemand, der dafür Geld bekommt, mehr? Mag sein, muss aber nicht. Man kann als hoch bezahlter Minister auch 243 Millionen Steuergelder in den Sand setzen – oder als noch höher vergüteter Automobil-Manager durch Abgas-Manipulationen seinem Konzern riesige Verluste bescheren und vor Gericht landen. Und auch im künstlerischen Bereich habe ich schon grottenschlechte Profis erlebt – und erstaunlich gute Amateure.

Typisch für den gefühlten Professional ist es jedenfalls, laut krähend den nächstbesten Misthaufen zu erklimmen und zu verkünden, man sei als Magier schon „in unzähligen Ländern“ dieser Welt aufgetreten oder habe als Tango-VIP dafür gesorgt, dass dieser Tanz hierzulande überhaupt etabliert wurde – vielleicht habe man sogar den Tango erst erfunden!

In einem Kommentar, den ich nicht mehr veröffentlicht habe, kam fünf Mal das Wort „Profi“ vor. Weiter heißt es: „Auch sind Laien stets mit großem Selbstbewusstsein ausgestattet.“ Toller Gag!

Leider haben solche Kritiker oft wenig digitale Kenntnisse. Wie kann es sonst sein, dass man Kommentare einstellt, obwohl man nicht wünscht, dass sie veröffentlicht werden? Beantworten kann ich sie so natürlich auch nicht. Schreibt man also reine Belehrungen von oben herab, auf dass sie der Gescholtene lediglich demütig zur Kenntnis nehme?

Ein anderer Beschwerdeführer dagegen bezichtigte mich mehrmals, ich würde seine Anmerkungen nicht publizieren. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Schreiber zu dämlich war, sie korrekt einzustellen. Im Endeffekt bleibt aber der Vorwurf im Raum stehen – irgendwas wird schon dran sein!

Beantwortet man bissige Kommentare, erhält man entweder keine Reaktion mehr – oder der Angesprochene geht flugs zu anderen Themen über. Schließlich habe ich eine schier grenzenlose Zahl von Fehlern – da kann man sich nicht bei einer Sache aufhalten…

Die Versuchung ist groß, sich irgendwann damit abzufinden, dass man trotz 37 Jahren Zauberei und 24 Jahren Tango von beiden Sujets überhaupt nichts versteht. Und selbst als Profi-Schullehrer hat man wohl alles falschgemacht, wie einem die zahlreich angebrachte Lehrer-Schelte signalisiert.

Ich frage mich halt: Was soll dieses Renommier-Gegockel? Ist es so bedrohlich, mal einen Text zu lesen, welcher von der eigenen Einstellung abweicht? Muss man dann den Verfasser gleich so aggressiv angehen – und ihm mitteilen, was man alles besser kann als er?

Um aber noch eine Frage zu beantworten, die nun im Raum steht: Bin ich nicht selber ein frustrierter alter Opa, der alles besser weiß und kann – und damit andere niedermacht? Attestiert hat man mir das schon viele Male: Ich sei ein verbitterter Pensionist, der an zu wenig Beachtung leide und daher der Mitwelt auf die Nerven gehe.

Einen Unterschied sehe ich schon mal darin, dass ich meine Texte stets nur auf den eigenen Seiten veröffentliche, statt mich auf anderen Accounts herumzutreiben und Kollegen mit galligen Sprüchen zu versorgen.

Weiterhin widerstrebt es mir, mich als „Experte“ zu gerieren. Klar, ich weiß einiges über die Themen, zu denen ich schreibe – und anderes recherchiere ich sorgfältig. Aber das tun viele andere auch, welche dann zu ganz abweichenden Einschätzungen kommen. Was soll also das Geplustere?

Ich finde auch, „Fachmann“ oder gar „Profi“ ist eine Bezeichnung, die man sich niemals selber verleihen sollte. Gerade im künstlerischen Bereich drückt sie eher die Anerkennung aus, mit der viele andere jemanden auszeichnen.

Und ich nehme jeden und jede gleich ernst – ob er oder sie in einem Metier nun Neuling ist oder ein international berühmter Star. Ich finde, es passt nicht mehr in eine moderne, offene Gesellschaft, vor jemandem meinungsmäßig in die Knie zu gehen, der große Meriten vorzuweisen vermag. Er kann im konkreten Fall ebenso irren wie ein Anfänger. Es zählt nicht die Person, sondern das Argument.

Daher bilde ich mir auch nicht unentwegt ein, selber Recht zu haben. Ob das so ist, müssen andere beurteilen. Ich kann nur mit bestem Gewissen arbeiten. Und ob ich einen Text veröffentliche, hängt nur von einem einzigen Kriterium ab: Er muss mir selber gefallen.

Ob er anderen zusagt, müssen die allein entscheiden. Ich betone immer wieder, dass meine Ansichten oft vom „Mainstream“ abweichen. Und sicher freue ich mich, dass mein Tangoblog inzwischen auf über 1,3 Millionen Zugriffe kommt. Ich würde das aber nie mit einer ebenso hohen Zustimmung verwechseln. Fest steht aber: Meine Veröffentlichungen scheinen großes Interesse auszulösen. Nur darauf kommt es mir an!

Ebenso freuen würde es mich, wenn die „Renommier-Opas“ mal mit eigenen Artikeln um die Ecke kommen würden, statt mir mitzuteilen, ich könne gar nicht mitreden. Die Botschaft hör ich wohl – nur werde ich sie nicht befolgen! Lieber wäre es mir, mit wohlgesetzten Artikeln Gegenpositionen auszutauschen. Das könnte interessant werden.

Mit dem Begriff „Laie“ jedenfalls kann ich mich durchaus anfreunden: Einer, der kein geistliches Amt innehat. Denn zu den „Hohepriestern“ der Magie oder des Tango möchte ich gar nicht gehören!

P.S. Es war noch nie so einfach, Expert*in zu sein:

https://www.youtube.com/watch?v=OH-3_mwJxSs

Kommentare

  1. Der Kollege hat sich auch hierzu noch einmal geäußert. Da eine Veröffentlichung wohl weiterhin nicht gewünscht ist, belasse ich es dabei. Zum geistigen Gehalt der Debatte trägt es eh nichts bei.

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