Tango technisch gesehen

Wenn Männer, gerne auch in Blogs, vom Tango reden, geht es nicht ohne Technik. So betitelte ein Kollege seinen sowohl bemerkenswerten als auch aktuellen Aufsatz so:  

„Sind jetzt die SUVs auch in Tango-Rondas angekommen?“

SUV? Mal bei Wikipedia nachschauen:

„Sport Utility Vehicles, abgekürzt SUV, auch als Geländelimousinen oder Stadtgeländewagen bezeichnet, sind Personenkraftwagen mit erhöhter Bodenfreiheit und einer selbsttragenden Karosserie, die an das Erscheinungsbild von Geländewagen angelehnt sind.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Sport_Utility_Vehicle

Ach so, solche Angeber-Schlitten, die kaum in eine Tiefgarage passen…

„Als analytisch denkender Mensch frage ich mich natürlich, wie diese Spezies entstanden sein könnte. Erster Gedanke – vielleicht hat es mit dem insgesamt steigenden Anteil übergewichtiger Menschen zu tun? Möglich, aber geometrisch unplausibel; diese Dimensionszunahme findet eher in Tanzrichtung (longitudinal) statt, während der Verbreiterungseffekt transversal, also rechtwinklig dazu, wirkt.“

Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass man heute die Tango-Tanzflächen in diesen komischen Spuren benutzen soll… Früher tanzt man einfach dort, wo Platz war! Oder halt nicht, wenn man keinen fand.

https://tangoblogblog.wordpress.com/2025/12/03/sind-jetzt-die-suvs-auch-in-tango-rondas-angekommen/

In einem Kommentar dazu heißt es:

„Wir können uns ja einigen, oben es sich beim Tango um Physik, Biochemie, Anatomie oder Elektrotechnik handelt soll, wahrscheinlich aus allem etwas.“

https://tangoblogblog.wordpress.com/2025/12/03/sind-jetzt-die-suvs-auch-in-tango-rondas-angekommen/#comments

Ich fürchte das auch – sonst würden sich ja viele Männer nicht mit diesem Tanz befassen!

„Die Ronda als gemeinsame Koordinatensystem-Basis“, wie ich zu meinem Schrecken lesen muss? Ist das der Tanz, den ich vor über 25 Jahren mal kennen und lieben lernte?

Schaudernd erfahre ich, dass es beim Tango um diverse Achsen geht:

„Im Übrigen ist die Longitudinal-Achse als die vertikale Körperlängsachse zu verstehen. Was Du meinst, ist die Translation-Achse – die Fortbewegungs-Achse des Paares – im Körper meistens mit der Sagittal-Achse beschrieben, wenn man vorwärtsläuft. Hast Du denn meinen Beitrag über Achsen nicht gelesen?“

https://tangoblogblog.wordpress.com/2025/12/03/sind-jetzt-die-suvs-auch-in-tango-rondas-angekommen/#comments

Verdammt, nein! Also schnell mal nachschauen:

Es gibt mehrere Achsen, die für uns Tänzer:innen relevant sind. Grund genug, das Thema einmal differenziert und verständlich aufzubereiten.

Achsen sind virtuelle Hilfslinien, die dazu beitragen sollen, beim Tanzen wesentliche Körperausrichtung im vertikalen, horizontalen und Paar-Raum zu veranschaulichen. Sie ergänzen auch unser Gesamtbild für uns als Tango-Paar mit unserer Umgebung.“

Nachfolgend wird der „Geometriebaukasten“ geöffnet: Wir unterscheiden nämlich

·       Longitudinalachsen (Vertikalachsen)

·       Sagittalachsen (Pfeilachsen)

·       Transversalachsen (Querachsen)

Aber aufgemerkt: Das sind nur die „anatomischen Körperachsen“! Im Tanz kennen wir

·       Paarachsen

·       Drehachsen

·       Translationsachsen

·       Spin-Achsen

·       Schwerpunktachsen

Und natürlich den Achsenwechsel!

Man muss beim Tanzen schon vieles gleichzeitig bedenken:

„Die Schwerpunktachse verrät, ob wir in Balance sind. Die Longitudinalachse ermöglicht Rotation. Die Sagittal- und Transversalachse definieren, in welche Richtung sich Körperteile bewegen dürfen – oder sollten. Die Translationsachse leitet uns durch den Raum, während die Spin-Achse uns um unsere eigene Mitte tanzen lässt.“

Gut, dass wenigstens die Musik meist so simpel ist – sonst käme ich möglicherweise an die Überforderungs-Grenze…

Ich weiß halt nicht, ob ich überhaupt mit einer Achse tanzen will – irgendwie kommt mir die zu dünn vor. Der Designer Luigi Colani hatte da wohl bei seinem berühmten Ausspruch anderes im Sinn:

„Alles Natürliche ist rund, alles Künstliche ist eckig."

Aber immerhin stellt auch der Autor der Achsen-Abhandlung fest:

„Wenn man Tango aus physikalischer Sicht betrachtet, wird schnell klar: Hier wirken Masse und Bewegung in einer permanenten Wechselbeziehung. Das Ganze ist komplex – vielleicht sogar zu komplex, um es im Unterricht vollständig zu vermitteln. Würden wir jede Bewegung physikalisch exakt beschreiben, wären viele Schüler schlicht überfordert.

Mir ist außerdem aufgefallen, dass selbst viele Tango-Lehrkräfte bei diesen Themen nur vage Bescheid wissen. Deshalb ist es mir ein Anliegen, hier einmal deutlich Klarheit zu schaffen.“

https://www.tangocompas.co/virtuelle-konzepte-veraendern-bewegungen-ueber-achsen-im-tango-insbesondere-im-ocho/

Na, das ist ihm doch zweifellos gelungen, oder?

Fassen wir also zusammen: Tango bildet ein komplexes physikalisch-technisches Problem, das nur von Männern aus den entsprechenden Fachrichtungen zu lösen ist.

Dass dabei Frauen mitwirken, kompliziert die Sache wohl weiter.

Apropos: Heute war ich wieder einmal zum Haareschneiden bei meiner Pörnbacher Lieblings-Friseurin. Da ich ausnahmsweise mal ein paar Minuten warten musste, legte mir eine Mitarbeiterin etwas zum Lesen hin. Die Zeitschrift betitelte sich „Auto, Motor und Sport“.

Ich fürchte, diese Frau schätzt die Männer völlig richtig ein! Ich hab aber nicht reingeschaut. Ein bisschen Snobismus gönne ich mir.

P.S. Der folgende Tangolehrer kennt nur drei Achsen – na, immerhin. Allerdings ist er ganz allein...


 

https://www.youtube.com/watch?v=fUNdrRguMWQ

Kommentare

  1. Hierzu erreichte mich heute ein Kommentar von Klaus Wendel:
    Lieber Herr Riedl,
    dass ich Sie jemals davon abhalten könnte, Textpassagen aus meinen Artikeln zu kopieren, aus dem Zusammenhang zu reißen und so einen völlig falschen Eindruck über den ursprünglichen Beitrag zu erzeugen, bleibt wohl ein Wunschtraum. Aber so ist es eben, wenn man den Inhalt nicht richtig liest – (oder gar nicht verstehen will?)
    So auch in diesem Artikel
    „Tango – technisch gesehen“,
    in dem Sie meinen Text über Achsen so darstellen, als würde ich im Unterricht mit einem Achsen-Koordinatensystem arbeiten. Das Gegenteil ist der Fall.
    Sie haben offenbar folgenden Abschnitt überlesen:
    „Worüber ich im Unterricht spreche – und worüber nicht
    Ich spreche im Unterricht nur dann über ‚Achsen‘, wenn sie im Kontext einer konkreten Bewegungssituation relevant sind. Im Zentrum steht für mich das körpereigene Gleichgewicht – etwas, das man beim Tanzen (fast) nie verlieren sollte.
    Ausnahmen bilden natürlich Bewegungen wie Volcadas oder Colgadas, bei denen das Spiel mit der Balance Teil der Bewegung ist.“
    Ich halte die Verwendung des Begriffs Achse im Unterricht sogar für kontraproduktiv, weil sie Schüler dazu verleitet, sich in geometrischen Mustern zu bewegen. Viele Tänzerinnen und Tänzer benutzen dieses Wort, ohne zu verstehen, dass es ihnen praktisch nicht weiterhilft – und dass es technisch ein äußerst komplexes Thema ist, das man als Lernender gar nicht wirklich erfassen kann.
    Selbst der Begriff Körperachse ist schwer zu erfühlen, weil wir eben keine stocksteifen Besenstiele sind. Auch etliche Tango-„Lehrkräfte“ hantieren mit solchen Begriffen, ohne sie tatsächlich zu verstehen – und belasten ihre Schüler mit vermeintlichem Fachwissen, das in Wirklichkeit keines ist.
    Mein Beitrag über Achsen war also keine Unterrichtsbeschreibung, sondern ein klärender Essay über die begriffliche und biomechanische Komplexität dieses Themas – mit dem Ziel, für einen sorgsameren Umgang damit zu sensibilisieren.
    Denn sonst entstehen jene typischen Tangosprüche wie:
    „Ich habe meine Achse verloren.“
    Worauf ich im Unterricht meist nur trocken antworte:
    „Und ich gerade meinen Schatten.“
    Mit freundlichen Grüßen
    Klaus Wendel

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    1. Lieber Herr Wendel,
      ihren Schatten verlieren höchstens Vampire – und das wollen wir doch nicht hoffen!
      Mein Text ist keine Besprechung Ihres Unterrichts, den ich ja gar nicht kenne – sondern Ihres Blogartikels. Und dieser ist halt von einer unglaublichen Bescheidwisserei geprägt, die zur Satire reizt.
      Ich glaube, Ihre Leserinnen und Leser hätten mehr davon, wenn sie erfahren könnten, was Sie im Tangounterricht erklären.
      Sie beklagen sich ständig darüber, ich würde Zitate von Ihnen „aus dem Zusammenhang reißen“. Mein Tipp: Ob ein Text gut ist, bemisst sich an der Qualität jedes einzelnen Satzes. Daran sollten Sie arbeiten, dann würden sich solche Beschwerden erübrigen.
      Es erzeugt auch keine Sympathie bei den Lesenden, ihnen vorzuschreiben, wie sie Ihren Text zu verstehen hätten – oder die Frage zu erörtern, ob sie ihn überhaupt kapieren wollten. Ich finde es auch nicht günstig, über die Kolleginnen und Kollegen negativ herzuziehen.
      Ein Essay über die Komplexität eines Themas sollte vereinfachen, nicht komplizieren.
      Aber gut – soll jeder seinen eigenen Stil pflegen. Am Erfolg wird sich zeigen, wie gut das gelingt.
      Mit besten Grüßen
      Gerhard Riedl

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    2. Hier die Antwort von Herrn Wendel:

      Lieber Herr Riedl,

      Sie schreiben, mein Text sei „von unglaublicher Bescheidwisserei geprägt“ – und zeigen damit exakt das Problem, das ich in meinem Artikel beschrieben habe: Man redet über Dinge, die man nicht wirklich verstanden hat, fühlt sich aber berufen, sie zu kommentieren.

      Ihr Beitrag war keine „Satire“, sondern eine grob verzerrte Darstellung. Wenn Sie meine Texte inhaltlich angreifen wollen, dann tun Sie das bitte mit Argumenten, nicht mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten, die Sie dann ins Lächerliche ziehen.
      Das ist kein Witz, das ist schlicht unredlich.

      Ich habe in meinem Artikel ausdrücklich geschrieben, dass ich im Unterricht nicht mit Achsenmodellen arbeite, weil sie für Lernende irreführend sind.
      Wer daraus das Gegenteil konstruiert, darf sich nicht wundern, wenn man ihm mangelnde Lesekompetenz bescheinigt.

      Ihr Rat, ich solle „an der Qualität jedes einzelnen Satzes“ arbeiten, ist amüsant – zumal er von jemandem kommt, der regelmäßig Sätze anderer so verbiegt, bis sie in seine Polemik passen. Vielleicht sollten Sie erst einmal daran arbeiten, Zitate als das zu erkennen, was sie sind: Teil eines Zusammenhangs.

      Und was Ihre pädagogischen Empfehlungen betrifft: Ich unterrichte seit Jahrzehnten und schreibe über Themen, die ich praktisch erprobt habe.
      Sie hingegen schreiben über Leute, die unterrichten.
      Das ist ein Unterschied.

      Mit freundlichen Grüßen
      Klaus Wendel

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    3. Herr Wendel,
      Ihre Antwort nähert sich wieder der Grenze, ab der ich nicht bereit bin, Kommentare zu veröffentlichen.
      Kommentieren Sie meine Texte, aber lassen Sie abfällige Bemerkungen über meine Person! Es steht Ihnen nicht zu, zu beurteilen, wer was nicht verstanden hat.
      Ich habe nichts über Ihren Unterricht oder zu Ihnen persönlich geschrieben, sondern lediglich über einen Blogartikel von Ihnen. Und ich verbiege keine Sätze. Die Zitate sind alle wörtlich korrekt und mit Quelle versehen. Ich kann nichts dafür, wenn Ihnen erst hinterher aufgeht, was Sie da geschrieben haben.
      In derzeit 2175 Posts werden auf meinem Blog viele unterschiedliche Themen behandelt. Dass die meisten Sie nicht interessieren, sondern nur die, in denen Sie vorkommen, ist nicht mein Problem.
      Beste Grüße
      Gerhard Riedl

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