Das Wort zum Samstag

 

Neulich fand ich die geradezu monströse Einladung zu einem Tangowochenende:

Zum auftretenden Paar, das natürlich aus Buenos Aires kommt, heißt es:

Maestros de Maestros – Ausbilder von Tangolehrer und Showtänzer“

Zwei Tage lang werden Workshops angeboten, und es findet eine „Gran Milonga“ mit Show statt. Der DJ lege die schönsten Tangos aus der ganzen Welt“ auf. Na, da bin ich mal gespannt auf die Titel aus Bali und den Faröer-Inseln…

Zu den Lehrkräften lesen wir mit ehrfürchtigem Schauer:

„(…) waren Teil der ‚Tango Dance Company‘ des Bolshoi Theaters in Brasilien und unterrichteten dort den professionellen Qualifikationskurs. Seit 2018 nehmen sie als Gäste am ‚Festival y Mundial de Tango de Buenos Aires‘ teil. Die beiden sind Teil des Balletts ‚El Cxuce‘, Lehrer am Studio Dinzel und bilden professionelle Tanzkompanien aus. Sie sind Lehrer in den theoretischen und praktischen Fächern der dreijährigen Tangotanz Ausbildung der ‚CETBA‘ (Centro Educativo del Tango de Bs. As.) und leiten die Ballettschule. (…) ist in der CETBA als pädagogische Beraterin tätig. Beide sind wunderbare Tänzer uns wunderbare Lehrer.“

Wobei beides nicht unbedingt etwas miteinander zu tun haben muss… Egal: Wer das Ballett „El Cxuce“ nicht nur fehlerfrei aussprechen, sondern auch tanzen kann, ist über jeden Zweifel erhaben! Schon gar uns wunderbare Lehrer"...

Insgesamt werden sechs Workshops angeboten, deren Formulierungen schon von allerhöchsten Ansprüchen zeugen. So heißt es unter anderem:

Technik für Paare: Elemente, die das Paar entsperren, kalibrieren und eine ständige kreative Entwicklung ermöglichen.“

„Sequenzen, Rhythmus, Muskeltonus, Haltung entsprechend der Ergonomie jeder Person oder Paar.“

„Von der Armbeuge bis zu den Füßen: Lateralität und Volumen, einfache Sequenzen für die Entwicklung komplexer Techniken.“

„Verschiebungen: linear und kreisförmig, die Verwendung verschiedener Linien. Gewicht und Akzentuierung. Choreografisches Repertoire und Kaliber.“

Sicherlich ein großkalibriges Vergnügen, wenn man seinen Muskeltonus entsperrt, linear und kreisförmig auf verschiedenen Linien tanzt sowie seine Lateralität und Volumen (Länge x Breite x Höhe) entsprechend der eigenen Ergonomie einsetzt. Und zwar von der Armbeuge bis zu den Füßen!

Wie man dabei einen Zwerchfellriss vermeidet, wird leider nicht kundgetan.

Quelle: https://www.facebook.com/events/1080928549802430

Illustration: www.tangofish.de

 

Kommentare

  1. Hallo Herr Riedl,
    Ich lese solche Lobpreisungen von Tangolehrern öfters. Vermutlich hat das mit dem Eifer der Veranstalter zu tun, die unter einem hohen finanziellen Druck stehen, diese Veranstaltung auch verkauft zu bekommen, immerhin gehen sie ja ein hohes Risiko ein.
    Was ich eher in Frage stelle, ist die Vernunft der Teilnehmer solcher Angebote - denn möge der Lehrer noch so gut sein - spielt doch auch die Fähigkeit als Teilnehmer die größere Rolle, die beschriebenen Workshops-Themen überhaupt umsetzen zu können. Auch der beste Lehrer kann nur das bedienen, was der Schüler an tänzerischen Voraussetzungen mitbringt.
    Tango kann man eben nicht kaufen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Klaus Wendel

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    1. Da haben Sie sicher recht. Das Schlimmste ist, dass solche Texte wohl tatsächlich Publikum anlocken, insbesondere der argentinische Profi-Hintergrund. Und hochtrabende, möglichst nichtssagende Workshop- Beschreibungen.
      Ich las einmal, dass solche Lehrerpaare ihr Programm sofort herunterstufen, nachdem sie die Teilnehmer beim Eintanzen beobachtet hatten.

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