Das Wort zum Samstag
In der Facebook-Gruppe „Tango München“ sah ich dieses verlockende Angebot:
„Wir suchen noch zwei Follower, die am Samstagsworkshop von Detlef Engel und Melina Sedo teilnehmen möchten!
Samstag - Synchron- und asynchron-Kaminaten - 2:30h
Nach einigen grundlegenden Arbeiten an der Umarmung und daran, wie man sich dynamischer bewegen kann, werden wir synchronisierte Kaminaten erkunden, um Ihren Tanz aufzupeppen. In der zweiten Klassehälfte stellen wir Wandervariationen vor, in denen Leader und Follower verschiedene melodische Linien ausdrücken. Wenn das Niveau der Teilnehmer dem gewachsen ist, machen wir sie noch anspruchsvoller, indem wir sie kurven.“
Ich war zunächst am Grübeln: Kaminaten? Sind das nicht die Zimmer, in denen die Personen hausen, welche im Tango nicht auffordern dürfen? Also Frauen? Aber nein – die nennt man doch „Kemenaten“!
Dann dämmerte es mir: Na klar, das leitet sich vom „Caminar“ ab, also dem würdevollen Schleichen im gravitätischen Schrummeltakt! Falls das Niveau es zulässt, sogar gekurvt. Persönlich würde ich ja mit asynchronen Kaminaten beginnen – die habe ich in München schon oft gesehen. Das wird bestimmt ein schöner Wandertag mit der ganzen (oder halben?) Klasse!
„Bitte bei einem Partner anmelden“ heißt es dann noch. Das finde ich beim Tango stets besser als bei einem komischen Workshop!
Doch lassen wir das berühmte Lehrerpaar noch vortanzen – hier zu einem Tango (natürlich gespielt von Di Sarli), der sich mit Frauen beschäftigt, die ebenfalls auf dem Strich gehen: „Griseta“.
Y una noche de champán y de cocó,
al arrullo funeral de un bandoneón,
pobrecita, se durmió,
lo mismo que Mimí,
lo mismo que Manón.
Und eines Abends, bei Champagner und Koks,
zum Leichengesang eines Bandoneons,
schlief sie ein, das arme Ding,
genau wie Mimi,
genauso wie Manon.
https://www.youtube.com/watch?v=JlpH_Yzfx1c
Wir dürfen aber getrost sein: Man braucht heute keine Drogen, um einzuschlafen – ein Workshop tut es auch!
Mal ein Beitrag, bei dem ich überhaupt nicht mit dir übereinstimme und ihn nicht mal als Satire durchgehen lassen würde.
AntwortenLöschen1. ) Wenn dein Video ein Beweis sein soll, dass sowas einschläfernd sei, dann zeigt es für mich genau das Gegenteil. :-) Eine sehr innige Verbindung in Harmonie mit der Musik (was mir bei vielen Showtanz-Videos fehlt), die im Paar als sehr intensiv und spannend wahgenommen werden kann. Von außen weniger sichtbar - aber wer das schon erlebt hat, kann das evtl. nachvollziehen (bei mir weckt es Erinnerungen an ein paar der schönsten Tandas / Tango-Nächte die ich bisher erlebt habe).
2.) Ich habe bisher nur einen Workshop (zu einem anderen Thema) bei Melinda und Detlef machen könnnen. Dieser war aber keineswegs zum Einschlafen, sondern ein Feuerwerk an neuen Eindrücken und Erfahrungen. Zudem sind die beiden pädagogisch absolute Spitzenklasse. Ich bin begeistert von ihnen Mein Tipp: Mal ausprobieren.
3.) Gute Workshop-Beschreibungen sind eine Kunst für sich und fallen Deutschlehrern vielleicht leichter als Normalsterblichen (und Tänzer:inne:n). Sprachliche Kreativität ("Kaminaten") weiss ich sogar zu schätzen und finde sie tatsächlich witziger als deine (gefühlt sehr bemühte) Karrikierung. Außerdem regt sich zum Denken an - immer gut.
Ich werde mich demnächst vermutlich selbst an Workshop-Beschreibungen versuchen und freue mich schon auf deine Verrisse.
4.) Den Text eines DiSarli Tangos aus einem Showtanz Video von Ihnen (das so wie es mir scheint, in keinem (von ihnen hergestellten) Zusammenhang mit dem Workshop steht, über "melodische Linien ausdrücken" die Brücke zu "auf den Strich gehen" zu schlagen, geht von für mich schon ziemlich hart in Richtung Altherrenwitz.
Lieber Carsten,
AntwortenLöschenes gibt bei der Satire ein einfaches Muster: Zieht man über etwas her, was dem anderen auch missfällt, kann man gar nicht scharf genug formulieren. Im anderen Fall wird behauptet, das sei keine Satire mehr. Und wenn ich mir deine Facebook-Posts anschaue, haust du manchmal auch ganz schön auf die Kacke!
1. Klar, jeden fasziniert beim Tango etwas anderes. Daher habe ich es unterlassen, den Tanz der beiden genauer zu beschreiben oder gar zu bewerten. Eine Gnade, die mir selber nur selten zuteilwird! Allerdings würde ich einen solchen Tanzstil auch noch nachts um Drei und stockbesoffen hinbekommen – auch inklusive der kleinen Verständigungsprobleme.
2. Es ist doch völlig in Ordnung, wenn dir der betreffende Workshop gefallen hat! Aber in der Satire kann man auf Einzelschicksale keine Rücksicht nehmen. Selber mal buchen? Ich fürchte, nachdem ich vor allem Melina schon öfters kritisiert habe, würde ich wohl nicht als Schüler akzeptiert – oder höchstens in sehr feindseliger Stimmung. Und man hätte wahrscheinlich die Befürchtung, dass ich darüber einen neuen Artikel verfassen würde. Mit Recht.
3. Ich bin kein Deutschlehrer, sondern habe Biologie und Chemie unterrichtet. Die Germanistin ist meine Frau. Der Text enthält aber eine derartige „sprachliche Kreativität“, dass die satirische Fallhöhe erreicht wird. Und klar sind meine Karikierungen „sehr bemüht“. Wie stellst du dir das Schreiben vor? Das ist richtig anstrengend! Übrigens biete ich Stammlesern gerne eine Lektorierung ihrer Texte an – also keine Sorge!
4. Ich hab ja mit „Griseta“ nicht angefangen! Schon mal den ganzen Text gelesen? Das Stück hat 100 Jahre auf dem Buckel und beschreibt die Prostitution in einer ziemlichen Altherren-Verklärung. Daher rate ich, sich bei Showtänzen nicht darauf zu verlassen, dass keiner spanisch kann! Und außerdem schrieb ich: „auf dem Strich gehen“ (Dativ), nicht „den Strich“ (Akkusativ). Dieser Unterschied hat schon Ehen gefährdet.
Danke für deinen Beitrag und herzliche Grüße
Gerhard
Ich muss auch sagen, dass die Musik mit sehr einfachen Mitteln sehr gut interpretiert wurde. Schlichtheit ist hier die Kunst. Die beiden unterrichten sehr wahrscheinlich auch das, womit ein Normaltänzer - mit wenig Aufwand - auf der Tanzpiste etwas anfangen kann, um in der Musik zu sein. Obwohl dies hier garantiert komplizierter ist, als es für Sie scheint. Dabei geht es doch auch garnicht darum, Zuschauer zu befriedigen.
AntwortenLöschenSie scheinen immer noch nicht die unterschiedlichen Motive zwischen Show-Tango und Salon-Tango zu verstehen. Jedem das seine. Wenn Sie Action wollen, schauen Sie doch bei YouTube solche Videos - die gibts doch zu genüge - anstatt ein Tanzpaar zu verreißen, das auch noch sehr passabel tanzt.
Am liebsten würde ich Ihnen zeigen, wie ein Artikel ausgesehen hätte, bei dem ich dieses Tanzpaar „verreiße“. Ich habe mich im Gegenteil äußerst zurückgehalten.
AntwortenLöschenSchön, dass Sie mal wieder bestätigen, wovon der andere nichts versteht! Ich fürchte, das ist der Grund, warum Ihnen im Tango (vielleicht auch im restlichen Leben) die Sympathien entgegenschlagen…
Ich glaube aber, das wesentliche Motiv des Showtanzes ist es, „Zuschauer zu befriedigen“. Inwieweit dies gelungen ist, überlasse ich den Betrachtern. Für mich sind es „des Tangos neue Kleider“.
Ich weiß nicht, was du hast, was die beiden da zeigen, ist doch äußerst spannend. Erst einmal neigen die beiden ihre Beine asynchron nach außen: erst er, aber sie nicht, dann sie, aber er nicht. Das ist schon eine intellektuelle Leistung. Danach verdoppelt er gelegentlich das Tempo, das musst du erst mal nachmachen! Uns schließlich bleiben beide ab und zu sogar stehen, das ist etwas Besonderes. Man fiebert sozusagen, was als nächstes geschieht (oder nicht). Was willst du noch mehr? Einen Mord auf der Piste? Da musst du dir "Hubert und Staller" anschauen, da wird der Tangolehrer (Ezechiel) durch einen herabstürzenden Scheinwerfer ermordet. Aber sowas ist im Tango eher unüblich. Und die Zuschauer hätten nichts von den spannenden Schritten (Figuren?) des Lehrerpaares. Vielleicht kannst du dich einfach nicht in die Seele eines Lehrers hineinversetzen ...
AntwortenLöschenLieber Peter,
Löschendas stimmt: Ich konnte mich selten in die Seelen meiner Kollegen hineinversetzen...
Und natürlich bin ich nicht so moralisch verkommen, dass mir tote Tangolehrer Freude bereiten!
Tatsächlich habe ich wohl die Feinheiten dieses Tanzes nicht erkannt. Vielen Dank für die Aufklärung und liebe Grüße
Gerhard