Die Abenteuer des Buchverkaufs

Als Ende April 2010 die erste Version meines Tangobuches („Der große Milonga-Führer“) erschien, rechnete ich mit einem Verkauf von ungefähr 50 Stück – an Freunde und Bekannte.

Dieser Umsatz war bereits erreicht, als ich meinem Umfeld per Mail eine Vorbestellung anbot. Mehr noch: Von einer Münchner Milonga kam sofort das Angebot, dort einen „Büchertisch“ aufzustellen. Ich bangte damals, ob der Verlag mir rechtzeitig genügend Exemplare zum Direktverkauf schicken würde.

Als das Buch dann auf dem Markt war, überrollte uns eine Lawine von Bestellungen. Ich weiß noch, dass wir damals die Büchersendungen im Waschkorb zur Pörnbacher Post transportierten. Ebenfalls erreichten uns von den Kunden Dutzende Mails mit Lob und Anerkennung.

Ein erstes Warnsignal war dann das Verhalten der Münchner Milongagäste: Um den Büchertisch, der direkt an der Tür stand, machten die meisten einen weiten Bogen. Meiner Erinnerung nach verkauften wir an dem Abend nur zwei oder drei „Milongaführer“. Und man mied uns nach Kräften.

Der Umschwung kam endgültig, als der damals sehr populäre Blogger Cassiel eine vernichtende Kritik veröffentlichte, die einen wahren Shitstorm seiner Leser gegen mein Buch auslöste. Im Netz entstand damals der Eindruck, die gesamte Tangowelt fände es skandalös.

Nun wollten es – so mein Eindruck – plötzlich alle lesen: Die Verkaufszahlen gingen durch die Decke, bei „Amazon“ erreichte mein Werk vierstellige Rankings. Gleichzeitig gewann es auch neue Fans, was begeisterte Rückmeldungen und Bestellungen bewiesen. Gefühlt zerfiel die Tangowelt in zwei Lager: Die einen lachten sich scheckig über den „Milongaführer“, die anderen reagierten mit äußerst schlechter Laune. So oder so – wir verkauften unglaublich viele Bücher und wurden zu zahlreichen Lesungen und Präsentationen eingeladen. Sogar auf der Leipziger Buchmesse waren wir vertreten.

Dass wir all das halbwegs professionell durchstanden, verdanke ich – neben Karin als Lektorin – vor allem Manuela Bößel, die in Windeseile Buchflyer gestaltete und eine Website sowie einen Facebook-Account einrichtete. Leider war ich auf einen ziemlich ausbeuterischen Bezahlverlag reingefallen, der mir horrende Gebühren berechnete und immer unzuverlässiger wurde. Daher gestaltete Manuela zwei Neuauflagen bei Books on Demand" (2013 und 2016) – inklusive Illustrationen und Druckdatei. Auch das gab dem Buch noch jahrelang neuen Aufschwung.

An den beiden Neuversionen verdiente ich nun etwas mehr: Ein Buch kostete 22,90 €, als Autor erhielt ich es für zirka 13 €. Zieht man gut 3 € für Porto und Versand ab, blieben mir ungefähr 7 €. Der größte Soll-Posten ist die vierstellige Summe für die Druckdatei. Und meine anderen drei Bücher, die wir nach und nach herausbrachten, boten nicht annähernd solche Verkaufszahlen. Daher kann ich unterm Strich sagen: Die Bücher haben mich nichts gekostet – ich habe daran aber auch nichts verdient.

Aber es ist natürlich ein schönes Gefühl, zirka 5000 „Milongaführer“ verkauft zu haben!

Von vornherein bot ich meinen Leserinnen und Lesern an, ihnen die Bücher direkt zu schicken, gerne auch mit Widmung. Und ich übernahm die Kosten für Porto und Versand. Daher wählte ich das günstigste Angebot der Post, die BÜWA („Bücher- und Warensendung“, kostet inzwischen satte 2,25 €).

Größere Probleme gab es in den ganzen Jahren kaum. Manchmal fragten die Kunden nach, wo denn das Buch bleibe. Leider kann die Post solche Sendungen zur Kontrolle öffnen, da sie nur Werbematerial und eine Rechnung enthalten dürfen. Daher konnte es im Einzelfall an die 10 Tage dauern, bis die Lieferung den Empfänger erreichte. Aber im Endeffekt kamen die schätzungsweise 600 Bücher, die ich verschickte, ausnahmslos bei der richtigen Adresse an.

Problematisch waren Sendungen ins Ausland. Da empfahl ich meist, sich das Buch im Handel zu besorgen.

Die Zahlungsmoral war sehr erfreulich. In vielleicht 5 Prozent der Fälle musste ich per Mail nachfragen, wo denn das Geld bleibe (bezahlt werden sollte binnen einer Woche nach Erhalt). Nur in zwei Fällen war ein Mahnbescheid nötig – einer war erfolgreich.

Lediglich der Tangolehrer Klaus Wendel fühlte sich durch mein Buch „betrogen“ und wollte sein Geld zurück. Bekam er aber nicht.

In den letzten Jahren gab es nur noch wenige Bestellungen. Klar, die neueste Auflage stammt von 2016 – und inzwischen hat mein Blog die Bücher in den Hintergrund gedrängt.

Die verrückteste Geschichte ist aber topaktuell:

Am 10.1. dieses Jahres erreichte mich die Bestellung von zwei Milongaführern – von einem Herrn mit dem Facebook-Kampfnamen „Norbertino Tango“. Ich bestätigte dies am selben Tag und kündigte an, am 11.1.24 (inklusive Rechnung) per Post zu verschicken, was auch geschah. Eine Antwort bekam ich bis 6.2.24 nicht – leider auch kein Geld. Erst als ich an diesem Tag nachfragte, schrieb der Kunde mir, dass er keine Bücher erhalten habe. Er wollte sie zu zwei Geburtstagen verwenden und habe nun erstmal Gutscheine verschenkt.

Derzeit habe ein Versand aber wenig Sinn, da er sich auf dem Weg in die Ukraine befinde. Ich solle zunächst eine Rechnung (?) senden und die Bücher später als Päckchen verschicken. Mehrkosten trage er.

Hallo, geht’s noch? Ich sollte jetzt den „verlorenen“ zwei Büchern noch zwei weitere hinterherschicken? Gut, die Rechnung erhielt er nochmal digital. Dann hörte ich wieder 9 Tage nichts von ihm.

Also schrieb ich:

„Ich habe die beiden Bücher am 11.1.24 an dich abgeschickt, nachdem ich am Tag vorher eine Bestellung erhalten hatte. Irgendwelche Sonderwünsche zum Versand oder zur Bezahlung hast du nicht geäußert.

Du hast am 10.1.24 meine Versandnachricht erhalten. Auf diesem Weg habe ich in all den Jahren über 500 Bücher verschickt – und alle ohne Ausnahme sind bei den Bestellern in maximal 10 Tagen, meist viel früher, angekommen. Dass nun plötzlich gleich zwei Sendungen verloren gehen sollten, halte ich für äußerst unwahrscheinlich.

Erstaunlich finde ich, dass du dich nicht bei mir rührst, wenn die Bücher wochenlang nicht bei dir ankommen, sondern lieber Gutscheine an deine Geburtstagskinder verfertigst. Erst auf meine Zahlungserinnerung am 6.2.24 hast du reagiert.

Kurz gesagt: Ich nehme dir nicht ab, dass die Sendungen nicht bei dir angekommen sind. Für den Versand jedenfalls habe ich Zeugen. Ob du mich bewusst anlügst oder die Bücher irgendwie verschlampt hast, sei dahingestellt. Allerdings darfst du fest damit rechnen, dass ich die Sache demnächst auf meinem Blog veröffentlichen werde – zum Thema: Wie es in der Tangoszene zugeht…“

Nach längerem Hin und Her kündigte „Norbertino“ am 19.2. an, nach seiner Rückkehr aus der Ukraine einen Zettel am Briefkasten zu befestigen, auf dem er fragen werde, ob jemandem der Verbleib der Bücher bekannt sei. Inzwischen sollte er längst wieder daheim sein. Weitere Nachrichten habe ich seit Montag nicht erhalten.

Ich sehe voraus, dass ich mein Geld nicht bekommen werde. Wahrscheinlich sind die Bücher im häuslichen Chaos des Bestellers irgendwie verschütt gegangen. Da es bei Büchersendungen aber keine Versand-Verfolgung gibt, kann ich letztlich nicht beweisen, dass er sie erhalten hat.

Tatsächlich waren das meine letzten beiden Exemplare der neuesten Auflage. Ich habe mich nun entschlossen, den Direktverkauf des „Milongaführers“ einzustellen. Das Buch ist ja im analogen und digitalen Handel noch erhältlich, zum Beispiel bei BoD oder „Amazon“.

Schade, dass gerade beim letzten Mal ein schaler Nachgeschmack bleibt! Das hindert mich aber nicht daran, den vielen Leserinnen und Lesern zu danken, die meinem Tangobuch zu einem solchen Erfolg verholfen haben. Nach wie vor bin ich sehr stolz darauf.

Und „Norbertino“ kriegt nun an diesem Freitag den versprochenen Blogartikel!     


 

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