Schwarz oder Weiß und nichts dazwischen

 

„Denn Ihre Analyse über sogenannte Missstände, Tanzstile oder Musikvorlieben in der Tangowelt ist oft zu sehr von Ihrem Meinungsbild und Ihren persönlichen Erfahrungen geprägt. Von Verschwörungstheorien über eine ‚Tango-Elite‘, die anderen die Tanzstile oder Musikrichtungen aufzwingt, ganz zu schweigen. Hier Parallelen zur DDR-Regierung zu ziehen, die dem Volk den ‚Lipsi‘ aufzwingen wollte, sind einfach nur absurd.“ 

(aus der Mail eines Tangolehrers)

Vorwürfe dieser Art haben mich – auch von anderen Schreibern – schon häufig erreicht: Dass es im Tango einflussreiche Interessengruppen gebe, welche unseren Tanz seit langer Zeit in eine bestimmte Richtung zwingen, sei abwegig und nur mit „Querdenkern“ und anderen Spinnern zu vergleichen.

Jeder könne schließlich Events nach seinem Gusto veranstalten und besuchen.

Na ja, er muss dann höchstens damit rechnen, dass man ihm öffentlich Urheberrechts-Verstöße andichtet oder ihn sogar heimlich bei der GEMA verpfeift. Oder ihm vorwirft, er würde dem Finanzamt Einnahmen verschweigen. Es funktionieren auch zeitgleich angesetzte Paralleltermine. Alternativ verbreitet man sich lautstark darüber, dass der Autor überhaupt nicht tanzen könne. Man überzieht ihn mit Hausverboten und fordert Frauen auf, nicht mehr mit ihm aufs Parkett zu gehen und ihm ersatzweise ins Gesicht zu spucken.

Und wenn man solches veröffentlicht, kriegt man noch vorgehalten, sich in eine „Opferrolle“ zu begeben.

Ansonsten aber kann von Einflussnahmen auf unkonventionelle Autoren und Veranstalter keine Rede sein…

Das geht nicht nur mir so. Daher möchte ich heute auf eine Geschichte verweisen, die mich immer noch beschäftigt:

Im Mai 2016 veröffentlichte die damalige Neu-Bloggerin Manuela Bößel einen ihrer besten Texte: „Schwarz und Weiß und das dazwischen“. Sie zieht dort Parallelen zwischen Tango und ihrer beruflichen Tätigkeit in der Pflege.

Sie kritisiert die Schablonenhaftigkeit und Regelversessenheit in beiden Bereichen und beschreibt dabei ihren Blick auf unseren Tanz:

„Mit himmelblauen Valses dich trotzig lachend wieder ins Gleichgewicht tanzen, zu weinenden Geigen und  Dickermännergesang mit viel Schmalz gemeinsam improvisieren, in piazzollische Paralleluniversen entschweben, prickelnde Lebenslust in alle Körperzellen hineintanken, Bewegungen, die sich so zart anfühlen wie der Hauch von erstem Schnee, das Blitzen der Seele im Auge deines Gegenübers...
Tröstlich – denn auch das schenkt dir der Tango.

‚Mein Tango‘ wohnt irgendwo dazwischen, manchmal über sich selber lachend, gewürzt mit dem gesamten funkelnden emotionalen Spektrum, welches das Leben ausmacht. Jedes Mal neu und anders daherkommend, lässt er mich noch immer staunen.“

Wer diesen Text noch nicht kennt, sollte ihn dringend einmal lesen:

http://im-prinzip-tango.blogspot.com/2016/05/schwarz-und-wei-und-das-dazwischen.html

Der Beitrag ist sehr nachdenklich, witzig sowie gelegentlich auch ironisch und enthält keine persönlichen Angriffe. Weiterhin war Manuela so verwegen, ihren Artikel in der Facebook-Seite „Tango München“ unter der Rubrik „Diskussion“ zu verlinken. Dort erntete sie zunächst heftigen Widerspruch.

Kurze Zeit später wurden dann ihr Link und die Kommentare dazu gelöscht. Ich habe nachfolgend die Entwicklung in drei Artikeln dargestellt:

https://milongafuehrer.blogspot.com/2016/05/einfach-abschalten.html

https://milongafuehrer.blogspot.com/2016/05/ceterum-censeo.html

https://milongafuehrer.blogspot.com/2017/01/die-scheinheiligen-der-letzten-tage.html

Von den verantwortlichen Administratorinnen der Seite erreichte mich lediglich das Ersuchen, ihre Namen aus meinem Text zu löschen. Weiterhin könne ich ihnen ja eine private Anfrage schicken. Zu einer öffentlichen Diskussion war man nicht bereit.

Nach einigem Hin und Her habe ich die Namen stehen lassen. Ich finde, man muss für solche Schweinereien dann auch die Verantwortung übernehmen.

Die Facebook-Gruppe „Tango München“ ist heute eine reine Werbeseite, in der Tangoveranstalter ihre lokalen Events anpreisen dürfen. Sie wird im Auftrag eines Münchner Tangoinstituts moderiert. Eine der beiden Administratorinnen ist nach wie vor im Amt.

Dies alles garantiert, dass vom Mainstream abweichende Ansichten zuverlässig unterdrückt werden. Hauptsache, das Geschäft mit dem Tango verläuft ungestört. Lustig, dass mir aber gerade aus solchen Dunstkreisen immer wieder vorgeworfen wird, auf meinem Blog dürfe man nicht kritisch kommentieren. Mit derzeit fast 4300 Wortmeldungen nehme ich diese Konkurrenz gerade noch auf…

Ich will den Bewahrer*innen der wahren Tangobegeisterung nichts Illegales unterstellen. Es ist ihre Seite, und wenn man auf Einseitigkeit besteht, darf man es tun. Nur Schwarz oder weiß? Ich plädiere für Grau!

Berechtigt finde ich es dann aber schon, diesen Herrschaften zu unterstellen, dem gemeinen Ocho-Volk eine Art von „Tango-Lipsi“ aufdrücken zu wollen. Und nur noch Jubelartikel im regierungsamtlichen Stil zu dulden. Und wie einst in der DDR werden dazu Machtspielchen getrieben. Klar, hierzulande schränkt die Presse- und Kunstfreiheit des Grundgesetzes solch löbliche Aktivitäten stark ein. Und man kann Abweichler auch nicht mehr bei der „Stasi“ denunzieren. Aber immerhin gibt es ja die GEMA…

Zur Erleichterung solchen Tuns haben wir damals einen Steckbrief verfasst:

Illustration: www.tangofish.de

Kommentare

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