Mittendrin ist auch daneben

Disclaimer: Das nachfolgende Poem wurde nicht von mir, sondern meinem lyrischen Ich verfasst – was Till Lindemann darf, nehme ich auch in Anspruch:

 

Mittendrin ist auch daneben

Ein lyrischer Innerer Monolog

 

Aus der Finsternis der Tiefgarage

Treten wir ins Licht

Lauer Sommerabend

It-Girls dekorieren den Platz

Es zieht ein laues Lüftchen

 

Vorbei an den Buden der Gewohnheitstrinker

Durch Eisbecher-Vanilleduft und Bratwurstaroma

In der Ferne leises Dudeln

Aus der Zeit der Kolonialkriege

Zieht uns dennoch hinan

 

Freier Tisch, neues Glück

Noch ist nix los

Nur der türkische Kellner bringt Cappuccino

Wo ist meine Kapuze?

Es zieht in der Passage

 

Die Gummimatte umringt von Billigstühlchen

Noch ist sie verwaist

Kaffeepulver garantiert unnötige Beweglichkeit

Nur der untote DJ zieht einsam zweisam seine Runden

Auch die Klänge ziehen sich

 

Aus der Ferne landen einzelne Tangueras

Intrasexuelle Dialoge

Sandalen tauschen Platz mit High Heels

Tanzbereitschaft bahnt sich an

Mich zieht’s nicht hin

 

Neue Tanda, alte Musik

Auffordernde Blicke

Weiblichkeit muss folgen

Männlicher Stolz im Blick

Halb zog er sie, halb zog sie ihn

 

Rudernde maskuline Arme

Zeigen das zu Geschehende

Holpernder Gehorsam

Gnadenlose Körper

Ziehen ihre Bahnen

 

Passanten bleiben stehen

Amüsierte Blicke

Weibliche Zungen lutschen am Eis

Grundloser Beifall

Zieht durch den Abend

 

Uns lockt Dreivierteltakt

Auf dem federnden Untergrund kurze Orientierung

Uns merkend, wo jeder steht

Die Eingefrorenen umkreisend

Ziehen wir unsere Bahnen

 

Fetzige Zwischenmusik

Leert die Tanzfläche

Danach neue Paare

Die kommende Ödnis erwartend

Ziehen sie zur Walstatt

 

Am Rande des Mittendrins

Der harte Gang ungeschmeidiger Schritte

Satinstoff umschmeichelt behaartes Männerbein

Doch Rilke ist tot

Der Panther hat sich verzogen

 

Auf meiner Schulter landet die altbekannte Muse

Schreib das auf

Oder traust dich nicht, Feigling?

Ich zögere ob der Szene-Verachtung

Beleidigt zieht sie von hinnen

 

Drei Milongas durchbrechen scheppernd die Abendluft

Für uns wirbeliger Slalom

Irritierte Blicke und haufenweise Noten

Die ungetanzt sich türmen

Mich zieht es zum nun kalten Kaffee

 

Hinter uns Lobesrufe unseres einzigen Fans

Sich eine Zigarette drehend

Unseren Tanz preisend

Weil er nichts davon versteht

Ziehe ich die Schuhe schon mal aus

 

Aus dem Lautsprecher quillt Tenorschmalz

In Zeitlupe das Unglück besingend

Das er ohne Tango nicht hätte

Mit depressiven Schritten untermalt

Zieht es uns in die Auto-Katakomben

 

Hier noch Impressionen von einem anderen Ort. Glücklicherweise erfährt man auch einiges zum Tango-Reglement. Die Tanzlehrerin ist übrigens zum Anbeißen. Mit der würde ich sogar in der Ronda bleiben, auch wenn sie Quatsch erzählt...

https://www.youtube.com/watch?v=HShM2bYb0KY

P.S. Bei der Anspielung im Titel handelt es sich um einen Insider-Gag.

Kommentare

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