Die Schöpfung der Kron

Gerade stieß ich bei Facebook auf Veröffentlichungen einer ziemlich gestrengen Dame, welche auch als DJane und Tangolehrerin wirkt.

„Nach 23 Jahren des Tango Lernens und 6 Jahren als Lehrerin“ hat sie „ein paar Tipps“ auf Lager, „die ja eh schon alle wissen, aber an die sich leider nicht alle halten“. In zwei Posts werden die Männer bzw. Frauen dann umfangreich in die Mangel genommen.

Was müssen die Herren (Leader) laut Heike Kron beachten? Eine kleine Auswahl:

„Bitte Hemd/Shirt wechseln, wenn Ihr schwitzt!

- Bitte nutzt die Mirada und den Cabeceo. Nehmt es nicht persönlich, wenn der Cabeceo nicht positiv beantwortet wird. Man kann Euch als Mensch mögen und trotzdem nicht mit Euch tanzen wollen. Direkte Ansprache geht für viele nur unter guten Freunden, wobei man auch dort nein sagen darf. Ihr habt kein moralisches Anrecht darauf, dass eine Frau/Follower mit Euch tanzen muss, nur weil Ihr nette Menschen seid. Tanzen ist etwas sehr Feines und muss unter allen Umständen für beide freiwillig sein. Keine Manipulation, auch nicht über die Kumpelschiene. Cabeceo ist immer noch der eleganteste Weg. (…)

- Bitte drückt nicht mit dem Kopf. Es tut weh und kann dazu führen, dass man mehrere Sitzungen beim Chiropraktiker nehmen muss. Das ‚Kopf an den Anderen Drücken‘, um sich in der Achse zu halten, geht auf Kosten der Gesundheit des Gegenübers.

- Leidenschaftlich zu tanzen bedeutet nicht, andere Paare zu touchieren oder gar zu verletzen und über die Pista zu hetzen. (…)

- Wenn Ihr in die Ronda eintretet (am besten an einer der vier Ecken) schaut zum herannahenden Pärchen und sucht den Blick, ob man Euch in die Ronda eintreten lässt. Als Herannahender nickt man dem eintretenden Pärchen wohlwollend zu und lässt es in die Ronda eintreten. (…)

- Egal wie gut Ihr seid, oder Ihr glaubt zu sein, nehmt weiter Unterricht bei guten Lehrern. Es gibt immer was zu lernen.

Ja, liebe Heike,

wenn es denn nicht so schwer wäre, gute Lehrer (ungegendert?) zu finden… Vor allem solche, die nicht mit einem sprechen, als sei man ein Kleinkind, um dessen Kleidung, Transpiration und eventuell noch sonstige Ausscheidungen man sich beim Tango kümmern muss!

Und ja, ich fürchte auch, dass Chiropraktiker in erster Linie von verrenkten Tangohälsen leben – auch beim verzweifelten Versuch, Miradas abzusetzen. Und wahrscheinlich Unfallchirurgen von den vielen schweren Verletzungen, welche sich über die Piste gehetzte Konservative bei ihrer Flucht zuziehen…

Und obwohl ich kein Fan des Cabeceo bin, gehe ich sogar weiter: Ich möchte manchmal sogar mit Frauen tanzen, welche ich als Mensch nicht mag. Weils mir – Achtung Minderheitenschutz – ums Tanzen geht und nicht um eine charakterliche Beurteilung meines Gegenübers. Ganz sicher aber werde ich gerne auf Tänze mit Tangueras verzichten, welche aus der Aufforderung eine ideologische Glaubensfrage machen. Da setze ich unbedingt auf meine Freiwilligkeit!  

Was hat die Tanzexpertin für Frauen (Follower) auf Lager? Eine Auswahl:

„Lernt in Eurer Achse zu stehen, es kann sein, dass es nicht gelingt, weil ihr einen Beckenschiefstand habt, oder ihr es einfach nie geübt habt. Offen tanzen für eine Weile kann helfen, das zu erlernen. Hilfreich sind Alexander Technik, Chiropraktik, Osteopathie und Rolfing.

- Hängt nicht mit Eurem Gewicht am Mann/Leader, das kann zu Rückenschmerzen beim Gegenüber führen.

- Versucht nicht zwanghaft jede zweite Sekunde eine Verzierung zu machen. Weniger ist mehr.

- Es ist Euer Recht, den Cabeceo nicht zu erwidern und wegzuschauen. Es gibt keine moralische Verpflichtung mit jemand tanzen zu müssen. Wir dürfen auch NEIN sagen. Wenn Ihr nicht mit jemand tanzen wollt, schaut weg, oder wenn ihr direkt angesprochen werdet, und nicht wollt, könnt Ihr antworten: ‚Nein, danke, ich mache gerade eine Pause‘ oder ganz einfach: ‚Nein, Danke‘. (…)

- Wenn Ihr tanzen wollt, ist es besser, nicht in einer langen Reihe mit anderen Frauen zu sitzen (außer man ist auf einem Encuentro). Aufstehen, mit dem Fuß wippen, diejenigen, mit denen ihr tanzen wollt, freundlich anlächeln.“

Tja; liebe Heike,

gut, dass du die Ausnahme mit dem Encuentro erwähnt hast. Dort gehört ja sexuelle Diskriminierung zum Pflichtprogramm. Ich finde aber, dass für Tänzerinnen auch keine moralische Verpflichtung besteht, Männer anzulügen.

Und richtig: Wenn man Gebote durchsetzen will, sollte man die Menschen mit dem bedrohen, was ihnen hierzulande am wichtigsten ist: dem Verlust der Gesundheit. Hierfür sollte man sich mit medizinischer Expertise aufmandeln (wie gendert man dieses Verb?). Sozusagen „Womansplaining“.

Noch schöner sind die Kommentare aus der unbewegten Hauptstadt München:

„Step1 dann Step2. Geb ich Dir recht“

Na eben, Tango kann jeder lernen!

„Folgende, die sich mit ihrem vollen Gewicht an den Führenden hängen, haben meinem Partner schon unzählige Stunden beim Arzt, Physiotherapeuten, Feldenkrais usw. gekostet.“

Es gibt halt auch anhängliche Frauen. Im Extremfall werden die sogar geheiratet!

„Ja, aber wie viele Hemden muss er tragen? Aber warum glaubst du, dass Frauen nicht schwitzen und keine Gerüche aussenden?“

Meines Wissens gehören beide Geschlechter des Homo sapiens zu den Säugetieren.

„Ein Rondo wie auf der Geisterbahn ein Schreckgespenst nach dem anderen“

https://de.wikipedia.org/wiki/Rondo_(Musik)

„Vielleicht müsste die respektvoll gemeinte, aber wohl eher heuchlerische ‚Sprachlosigkeit‘ beim Tango auf den Prüfstand...“

Na eben – also auf der Piste gleich mal anschreien! Klappt im Schwimmbad ja auch.

„hach wie schön wäre es, wenn das die lesen würden, die das notwendig haben“

Als Blogger weiß ich: Kannze vergessen!

„Ich habe es auch schon erlebt, dass ein Tänzer von den Veranstaltern angesprochen wurde, er möge die Ronda einhalten. Und nachdem er sein Verhalten nicht geändert hat, wurde er gebeten, das Encuentro zu verlassen.“

Daher empfehle ich: Gar nicht erst hingehen. Dann kann der Veranstalter auch nicht das Eintrittsgeld behalten.

„dafür gibt's Knockout Drinks an der Bar, einfach spendieren“

Ui, KO-Tropfen könnten aber den Staatsanwalt interessieren!

Ich würde noch ergänzen: Gebt miesen, unhöflichen übergriffigen Typen einen Korb nach dem anderen! Und warnt neue Tangueras vor diesen Exemplaren. Ich frage mich immer wieder, wie manche Kerle es schaffen, mit diesen Umgangsformen überhaupt noch zum Tanzen zu kommen.“

Quellen:

https://www.facebook.com/heike.kron.31/posts/pfbid02vijL8q2VqU7PBioBTkzCSDkGFPjZ4MVvHttC5jrvTSBH8636zs5oALGq1wuKkqJ6l

https://www.facebook.com/heike.kron.31/posts/pfbid02LPzbdSm6qUEm8yZ1vyiWYnqn8tyVPnfLuZWTS85CSksEZbWrTQn1ALK6XZHhVhol

Das darf man heute ja nicht mehr sagen: Es wird Zeit, dass in Deutschland mal wieder aufgeräumt wird. Dieser hemmungslose Liberalismus führt doch zu nichts!

Nein, im Ernst: Ich frage mich halt, warum man erwachsenen Menschen, die ein Freizeitvergnügen suchen, derartig von oben herab kommen muss. Die meisten Milongabesucher haben jahrzehntelang ein sozial angepasstes, straffreies Leben geführt. Nun landen sie in einem Tanz, bei dem man vor allem vieles falsch machen kann.

Um von Heike auf Heidi zu kommen: Mich erinnert diese gouvernantenhafte Attitüde an das Fräulein Rottenmeier in Johanna Spyris Roman.

Da bin ich doch lieber der Alpöhi.

Dann darf die Ronda auch mal viereckig sein:

https://www.youtube.com/watch?v=Lixr_7Nd82I

Kommentare

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