Ein Exempel exerzieren

Ein Leser hat mich gerade auf einen Aufreger hingewiesen, welchen die Berliner Tangoveranstalterin Ines Moussavi derzeit erlebt. Offenbar ging es um eine Anmeldung zu ihrem Seminar „Tango in der Proitzer Mühle“ im April.

Ein interessiertes Paar hatte wohl mit der Reservierung eines Doppelzimmers so lange rumgetan, bis es anderweitig vergeben war. Daraufhin kam es mit dem Anmelder zu einer heftigen Kontroverse, welche Moussavi nun ausschnittweise auf Facebook veröffentlichte:  

„Ich habe schon viel erlebt, es gibt einige schwierige Persönlichkeiten im Tango... aber das schlägt alles!

Jemand möchte eine Reise buchen, schreibt mir diverse what's app Nachrichten - ich bitte um Anmeldung per Email. Schafft er nicht, die Tanzpartnerin schreibt dann.

Mittlerweile sind Kurs und die Zimmer ausgebucht.

Das ist der letzte what's app Schriftverkehr:

Lieber (…),

ich habe keine Zimmer mehr in der Mühle, es tut mir sehr leid. Ich habe (…) bereits geantwortet.“

Dies veranlasste den Abgelehnten zu einer bemerkenswerten Replik:

„ICH GEBE MORGEN DEN SCHRIFTVERKEHR MEINEM ANWALT.

WIR HABEN DICH ANGESCHRIEBEN; DA WAR DAS DZ NOCH FREI. (…)

JURISTISCH ALLES NACHWEISBAR.

MEIN ANWALT WIRD DICH ANSCHREIBEN.

GELD SPIELT BEI MIR KEINE ROLLE.

NEIN,!DU BIST SCHEINBAR KINDERFEINDLICH ???

AUS "VERMUTLICH HAT SICH DIE BESTELLUNG ERLEDIGT", WIE DU SCHREIBST, HAST DU PLÖTZLICH GEMACHT, ES GIBT KEIN ZIMMER MEHR !!!

FREU DICH AUF MEINEN ANWALT.

DER IST KLASSE UND WIRD DAS KLÄREN UND DU BIST GUT BERATEN , DAS DZ, DAS BIS HEUTE 23.15 NOCH FREI IST, VORZUHALTEN.

SONST GEHT ES VOR GERICHT. IN DEM FALL MUß MANN EIN EXEMPEL EXERZIEREN.

UND MIR MEINE SCHRIFT GRÖSSE VORZUSCHREIBEN. WER BIST DU DENN, DIR DAS RAUSZUNEHMEN.

NA DANN, MEIN ANWALT KONTAKTIERT DICH

MIT FREUNDLICHEN GRÜSSEN“

Dunnerwetter, das hat aber gefetzt! Ich möchte nur zunächst sowie zart darauf hinweisen, dass man ein „Exempel“ nicht „exerziert“, sondern „statuiert“ – sprich: Jemanden zur Abschreckung besonders hart bestraft.

https://de.wiktionary.org/wiki/Exempel

Und die Großschreibung (sowie die Häufung der Satzzeichen) lässt schon ein gewisses „Geschmäckle“ aufkommen – auch darauf hatte die Tangolehrerin den Kunden wohl hingewiesen. Was bei dem ebenfalls nicht gut ankam…

Auf Facebook gibt es nun einige Kommentare – wobei ich davon abgeraten hätte, den Schreiber (wie leider oft üblich) mit psychiatrischen Diagnosen einzudecken:

Ich denke mittlerweile, der Verfasser ist in ein einer manischen Phase, und er tut mir eher leid...“

„Ja, das klingt nach einer Psychose…leider.“

„Er braucht wohl eher einen guten Psychiater als einen Anwalt.“

„Wie krank kann man sein... gut, wenn solche Personen wegbleiben.“

Klar, dass mich bei solchen Vorkommnissen der satirische Hafer sticht… Zunächst einmal ist es doch erfreulich, wenn die Seminare von Tangolehrkräften (also meist Urlaub mit Tanzgelegenheit) eine derartige Nachfrage erleben, dass abgelehnte Teilnehmer zum Anwalt rennen! Ich hätte mich eher juristischen Beistands versichert, wenn ich zur Teilnahme verpflichtet worden wäre!

Und ein wenig Schuld trifft auch die Lehrenden, die ja immer wieder verkünden, jeder Depp könne Tango lernen. Kein Wunder, wenn dann jeder Depp...

Aber im Ernst: Der Beschwerdeführer wird aus der Ablehnung keinen rechtlichen Honig saugen können – selbst wenn sein Anwalt ihn da vertritt (der wird ja – wie Tangolehrkräfte – nach Dienstleistung und nicht nach Erfolg bezahlt). Ein Beherbergungsvertrag ist offenbar nicht zustande gekommen – und wenn, träfe den Abgelehnten die Beweislast. Und zudem gilt natürlich die Vertragsfreiheit: Kein Hotelier, Gastronom oder Seminarveranstalter muss einen Kunden akzeptieren – und schon gar nicht, wenn es sich um eine „schwierige Persönlichkeit“ handelt.

Tja, und von denen gibt es im Tango mehr, als man auf den ersten Blick ahnen sollte! Ich habe das in Hunderten von Artikeln beschrieben. Zum Glück hat nicht jede das Geld für einen Anwalt.

Eine Kommentatorin schilderte ihre Erfahrungen:

„Mit dem Anwalt gedroht wurde mir zwar noch nicht, aber es gibt tatsächlich einen – ich will ihn gar nicht Tanguero nennen – der mich in episch langen Nachrichten beschimpfte und Rechtfertigungen verlangte, weil ich wiederholt seine Mirada nicht erwidert und penetrante mündliche Aufforderungen höflich abgelehnt hatte. Und wir sind noch nicht mal auf Social Media befreundet. Einen anderen, ähnlichen Fall hatte ich auch schon mal vor ein paar Jahren.“

Klar, da muss ein Advokat mit einer Einstweiligen Verfügung ran: „Die Beklagte wird verpflichtet…“ Ab auf den Kasernenhof zum Exempel Exierzieren!    

Es gibt aber einen weiteren Aspekt. Ein Kommentator formulierte dazu den satirisch brauchbaren Satz:

„Habe aber aus sicherer Quelle erfahren, dass manche Tangoveranstalter auch nicht ganz einfach sind!“

Nachdem Frau Moussavi mich schon mal als „Obertroll“ bezeichnet hat, kann ich diesen Eindruck nicht ganz von mir weisen. Bemerkenswert auch, dass sie es vor zwei Jahren schaffte, sich mit der argentinischen Tango-Ikone Nicole Nau heftig anzulegen:

https://milongafuehrer.blogspot.com/2021/01/eine-argentinische-wutrede.html

Was bleibt von alledem? Der kriegerische Herr wird wohl im Zelt schlafen müssen, falls man ihn überhaupt noch als Seminarteilnehmer akzeptiert. Und allgemein? Man könnte in unserem Tanz natürlich alle ausschließen, deren Ego nicht durch die Tür passt.

Aber bei wem sollte man dann noch Tango lernen?

Quelle:https://www.facebook.com/BerlINESa/posts/pfbid09NsXsGnx64svFNmKPuT6QLSNnRxQoMfF4xrhYV6Hos2WiWz6dRUPS3pqjUTcb2eYl

Solche Probleme kann nur das Kabarett lösen:

https://www.youtube.com/watch?v=o63X4RokXyY

Kommentare

  1. Der Eintrag auf der FB-Seite von Ines Moussavi wurde nun entweder gelöscht oder auf privat gestellt. Ja, die Offenheit von Tango-Funktionären...

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