Muster-Kommentar

Seit dem Erscheinen meines Tangobuches 2010 – und im Blog seit 11 Jahren – erhalte ich immer wieder Kommentare, die sich in ähnlicher Weise gegen meine Person, gelegentlich auch auf meine Texte, richten.

Leider meinen viele Schreiber, ein kraftvoller Spruch oder wenige Zeilen seien ausreichend. Zu mehr mag man sich oft nicht aufraffen, sei es wegen der aufzuwendenden Mühe oder des mangelnden Vertrauens in die eigene sprachliche Kompetenz.

Ich finde das schade, da dies den Argumenten doch viel an Überzeugungskraft raubt. Daher habe ich – als besonderen Leserservice – einen Muster-Kommentar erstellt, welcher meinen Charakter und meine Arbeitsweise schonungslos offenlegt. Sie können ihn als „Maske“ verwenden und je nach Wunsch noch eigene Gedanken einfügen:

***

„Gerhard, dein Text liest sich wie das Tagebuch eines selbsternannten Hüters von Anstand und Moral, in der Rolle des beleidigten Moralapostels. Dein Blog trieft mal wieder vor Pseudomoral und oberlehrerhaften Belehrungen. Jetzt kannst du dir endlich dein eigenes Richtergewand überwerfen, dich als den überlegenen Denker und Tugendwächter inszenieren.

Dein neuestes Manifest liest sich wie eine einzige, ausgedehnte Selbstbeweihräucherung. Gerhard, was soll das Gejammer?

Dein verbales Gekeile gegen jeden, der dir nicht in den Kram passt: Die Inkonsistenz deiner Argumentation springt einem geradezu ins Gesicht.

Du kannst austeilen, aber nicht einstecken. Du kannst austeilen, ja, aber wenn jemand dir Paroli bietet, spielst du sofort die Karte des beleidigten Satirikers. Du beklagst dich über Provokation, während du selbst in jeder Zeile provozierst – nur ohne den Hauch von Cleverness, die du anderen abzusprechen versuchst. Satire ist gezielte Kritik, während du hier blind mit Vorwürfen um dich schlägst. Satire zwingt dich, dich mit den unbequemen Wahrheiten auseinanderzusetzen, die du offensichtlich nicht erträgst. Gerhard, dein Beitrag trieft vor gekränkter Eitelkeit und hilflosem Versuch, Satire mit moralischem Geschwurbel und juristischem Gerüst zu entwaffnen.

Du willst nicht diskutieren, du willst deine Ruhe – am besten ohne Widerspruch.

Du bist nicht der brillante Satiriker, als der du dich gerne inszenierst, Gerhard. Deine Position wirkt wie die eines beleidigten Spießbürgers, der nicht verkraftet, dass Satire kein Wohlfühlprogramm ist. Du hast keine Ahnung, worum es bei Satire wirklich geht.

Du veröffentlichst bewusst für ein Publikum, das deine süffisanten Angriffe goutiert. Sich dann hinter der ‚harmlosen persönlichen Meinung‘ zu verstecken, ist feige. Du redest groß über ‚Freundlichkeit‘ und ‚Rücksichtnahme‘, aber wenn ich deine Zeilen lese, sehe ich nur Überheblichkeit. Dein Beitrag schwankt zwischen Nostalgie und Zynismus.

Vielleicht, Gerhard, liegt das Problem nicht bei der Moral, sondern bei deinem Bedürfnis, dich von allem abzugrenzen, was andere als sinnvoll empfinden. Du erhebst Dich in moralischer Überlegenheit, während Du zugleich jammerst, dass Du Opfer eines ‚hasserfüllten Pöbels‘ geworden seist. Vielleicht wäre es für dich an der Zeit, dich weniger darauf zu konzentrieren, andere mit süffisanten Spitzen zu versehen, und stattdessen zu reflektieren, wie deine eigene Pose wirkt.

Mut besteht nicht darin, vom sicheren Hafen des eigenen Blogs aus gegen Kritiker zu schießen, die nicht über dieselbe Reichweite verfügen.

Du stilisierst dich zum unangepassten Alt-68er, der vermeintlich frei von moralischen Dogmen agiert – und doch triefen deine Texte vor abwertendem Sarkasmus gegenüber jedem, der deinen Blick auf die Welt nicht teilt.

Ich brauche kein Publikum, um meine Kritik zu rechtfertigen. Und du? Du scheinst es ohne Applaus gar nicht zu können.

Und während du dich hier als Wahrheitsverkünder präsentierst, weigerst du dich, meine Kritik auch nur ansatzweise ernst zu nehmen.

Du möchtest eine faire Diskussion? Dann hör auf, sie mit sarkastischen Spitzen zu sabotieren, bevor sie überhaupt beginnt.

Dass die Kommentare – so scharf sie auch sein mögen – Deine Zugriffe steigern, macht Deine Beschwerde obendrein heuchlerisch. Es wirkt, als ob Du das Drama genießt, weil es Dir Aufmerksamkeit bringt. Gerhard, Du willst eine faire Debatte? Dann hör auf, Dich hinter Zynismus und Beleidigungen zu verstecken.

Vielleicht wäre es sinnvoller, konkrete Lösungen vorzuschlagen, anstatt immer wieder die gleichen alten Klischees aufzuwärmen. Bis dahin bleibt Dein Blog, bei allem Respekt, eine kleine Blase, in der Du den lautesten Applaus für Deinen eigenen Sarkasmus bekommst – von Dir selbst.“

***

P.S. In dem obigen Text stammt kein Wort von mir. Ich habe ihn aus Zitaten von Kommentaren zusammengesetzt, die mich in den letzten zwei Wochen erreichten.

Foto: www.tangofish.de

Kommentare

  1. Da man sich nun anonymerweise schon wieder aufregt:
    Ich meine, jeder Kommentator hat selber zu verantworten, was er mir schreibt. Und da es sich um ein öffentlich zugängliches Blog handelt, ist es wohl seine Absicht, dass Interessierte es lesen. Dann darf er nicht lamentieren, wenn ich ihn zitiere.
    So einfach ist das. Punkt.

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  2. Ich bin entsetzt! Kein einziges Wort von mir zu lesen!

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