Fakten-Check: Wohnzimmer-Playlists

 

Gestern schrieb mir der Tangoexperte Klaus Wendel per Kommentar ins Stammbuch:

„Musik? Dass der Tangotanz sich entsprechend zur Musik der ‚Epoca de Oro‘ entwickelt hat, eine Symbiose zwischen Musik und Bewegung bildet? Nada! Akzeptieren Sie nicht. Man soll aber stattdessen zu völlig anderer, teilweise sehr kitschiger Musik, die nicht für den Tango als Tanz komponiert wurde, aber dem Geschmack eines Pörnbacher Chemielehrers entspricht, tanzen. Ihre Playlisten sollen eine Alternative zur ‚schrammeligen EdO-Musik“ bilden? Nein Danke!‘

https://milongafuehrer.blogspot.com/2024/12/die-jugend-zwischen-schrumm-schrumm.html?showComment=1733764751051#c6635762487348783728

Lege ich wirklich Stücke auf, die nicht zum Tanzen geschrieben“ wurden? Ich habe per Zufallsauswahl eine der 84 Playlisten auf meinem Blog näher untersucht. Hier die vom 16.6.2022 als „Faktencheck“:

„Como la cigarra“ stammt von der argentinischen Poetin María Elena Walsh. Viele Tangointerpreten haben den Titel vorgestellt. Hier zum Beispiel Roberto Goyeneche.

„Milonguita“ („Esthercita“) komponierte der Argentinier Enrique Delfino – so wie 200 andere Tangos. Ich nehme an, einige davon waren als Tanzmusik gedacht.

„Quedémonos aqui“ schrieb der bekannte Tangokomponist Héctor Stamponi (1916-1997). Mehr EdO geht nicht!

„Trasnochados Espineles“ verfasste der argentinische Musiker Felix Alberto Aguirre Obredor (geb. 1928).

Den Vals „Orillas del Plata“ spielte das Orchester Juan D'Arienzo. Kommentar überflüssig!

Ebenso beim Walzer „Sueña“, interpretiert von Miguel Caló.

„Fruta amarga“ schrieb 1944 Hugo Gutiérrez aus Buenos Aires. Eine große Zahl von Tangointerpreten präsentiert diesen bekannten Titel.

Ebenso gehört „Pampero“ (von Osvaldo Fresedo 1935 komponiert) zum EdO-Standardrepertoire.

„Claudinette“ ist ein Tango aus dem Jahr 1942. Verfasst hat ihn wieder Enrique Delfino.

„Tanguera“ hat Mariano Mores, einer der großen Tangokomponisten seiner Zeit, 1955 geschrieben. Meines Wissens hat man zu seiner Musik auch getanzt.

„París otoñal“ stammt vom José Libertella, dem Bandoneonisten des „Sexteto Mayor“, das maßgeblich zum Tango-Hype der 1980er Jahre beigetragen hat. Die Gründergeneration um Klaus Wendel tanzte mit Sicherheit zur Musik dieser Gruppe!

„Invierno porteño“ und „Libertango“ sind zwei bekannte Titel von Astor Piazzolla, hier ebenfalls vom „Sexteto Mayor“ interpretiert. Ohne diese Musik hätten viele vor mehr als 40 Jahren nicht mit dem Tangotanzen begonnen.

Und zu „Oblivion“ muss nicht mehr viel gesagt werden. Selbst konservative DJs legen es kurz nach Mitternacht öfters auf.

„When a Gipsy makes his Violin cry“ und den Welthit „Love Theme“ aus dem Film „Cinema Paradiso“ darf man als Non Tangos bezeichnen. Spaß hatten wir trotzdem!

„La Puñalada“ von Pintín Castellanos (1905-1983) ist ein Milonga-Klassiker, der auf vielen Veranstaltungen aufgelegt wird. Zum Tanzen.

„El Torito“ von Altmeister Ángel Villoldo wurde von etlichen EdO-Orchestern (zum Beispiel Francisco Canaro) eingespielt. Die verwendete Aufnahme stammt hier von Miguel Villasboas, der ein in Uruguay sehr populäres Tanzorchester leitete.

„El Apache argentino“ ist eine Komposition von Manuel Aróztegui aus dem Jahr 1913. Aufgenommen haben ihn viele große Orchester der EdO wie Juan D’Arienzo und Francisco Canaro.

„Los Mareados“ vom bekannten Tangokomponisten Juan Carlos Cobián aus dem Jahr 1942 ist bis heute ein Klassiker auf den Milongas.

„La Trampera“ schrieb Aníbal Troilo. Meines Wissens für Tänzerinnen und Tänzer.

Über „El Choclo“ von Villoldo muss ich wohl nichts sagen. Außer, dass es wohl zum Tanzen komponiert wurde.

Ich hatte als Interpreten den bekannten Bandoneon-Spieler Hugo Diaz ausgesucht.

Als Walzer wählte ich die Titel „María Remedios“, „Mascarita“ und „Mendocino“, gespielt vom Orchester Pedro Laurenz. Ich glaube, das spielte während der EdO zum Tanzen.

„Hora cero“ und „Milonga del Angel“ sind Kompositionen von Astor Piazzolla, die er bei dem legendären Konzert „Finally together“ mit Osvaldo Pugliese 1989 vortrug. Wir haben niemand gezwungen, dazu zu tanzen. Getan haben es die Gäste dennoch!

„Perfidia“ ist ein Welthit von Alberto Domínguez (1906–1975), den viele Tanzorchester in ihrem Programm haben.

„Quizás, quizás“ von Osvaldo Farrés kam 1947 heraus. Ebenso zwar kein Tango, aber ein Tanzmusik-Klassiker.

„Duerme mí Amor“ hat immerhin Carlos Di Sarli eingespielt. Hier wählte ich für diese Tanda das inzwischen oft aufgelegte Orquesta Romantica Milonguera.

„Fuimos“ ist ein Tangoklassiker aus dem Jahr 1945. Meines Wissens wurde er zum Tanzen verfasst. Ebenso „Flor de Lino“ 1947 von Héctor Stamponi. „Se muere de amor“ von Pedro Maffia (1942) wurde beispielsweise von Carlos Di Sarli aufgenommen. Ich vermute: zum Tanzen.

Hier interpretiert diese Stücke Ariel Ardit, einer der bekanntesten lebenden Tangosänger.

https://www.youtube.com/watch?v=Xji41vh81RM

Der Sänger Héctor Pacheco nahm in den 1950-er Jahren etliche Stücke mit dem Orchester Osvaldo Fresedo auf. Ich habe die Tanz-Klassiker „Única“, „Naipe Marcado“ und „Sollozos“ ausgewählt. Klar: hoher Schnulzen Faktor, welcher ja ansonsten dem Tango völlig fremd ist…

Ähnliches gilt für die Schlussrunde, in der ich stets ein besonderes „Wagnis“ unternehme. Diesmal sang der Samtstimmen-Caruso Julio Iglesias die EdO-Klassiker „A media luz“ (Edgardo Donato, 1924), „Cambalace“ (Enrique Santos Discépolo, 1935) und „Uno“ (Mariano Mores, 1943) – ähnlich Eisprung-auslösend wie die Schnulzeros von einst.

Tja, was soll man da sagen? Natürlich völlig wertloses modernes Zeugs… Nein, im Ernst: Viele Titel im Pörnbacher Wohnzimmer stammen aus der EdO. Allerdings oft in Einspielungen heutiger Interpreten.

Immerhin habe ich zu dieser Zusammenstellung einige Stunden benötigt. Ich bin ja auch ein Laie.

Das ist halt der Unterschied: Experten blubbern ein paar Sätze raus – und passt!

Zum Nachgucken:

https://milongafuehrer.blogspot.com/2022/06/playlist-der-wohnzimmer-milonga-am-16622.html

Kommentare

  1. Ein Faktencheck für geschmacklich geprägte Playlisten - irrer geht's nicht.

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    1. Und Sie meinen jetzt wirklich, dass eine einzige hingerotzte Zeile überzeugend wirkt? Die Auswahl der Aufnahmen ist geschmacklich geprägt, die ganzen Quellen sind Fakt.
      Aber wenn Sie ein Text intellektuell überfordert, können Sie auch auf einen Kommentar verzichten.

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    2. Karin Law Robinson-Riedl10. Dezember 2024 um 20:23

      Vielleicht sind Sie nicht nur intellektuell, sondern wären auch tänzerisch von manchen Titeln überfordert?

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  2. Warum muss Riedel immer das letzte Wort haben? Sein fehlender musikalischer Geschmack ist längst bekannt – es wird Zeit, seinen Blog einfach zu ignorieren und ihn mit seinem endlosen Gesuder alleine zu lassen.

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  3. Faktentscheck bei der eigenen Playlist? Mein Gott, wie lieb! Herzallerliebster Riedl: Was wollen'S Ihren täglich 300 Lesern 'beweisen'? Dass Sie konservativ sind? Dass Sie genial sind? Dass Sie die besten Playlists ever erstellen?
    Herr Riedl, es ist eigentlich ganz einfach: Ist eine Playlist gut, dann wird sie auch erfolgreich sein. Bleiben die Bravorufe aus, wird's halt nicht so toll gewesen sein. Da brauchen'S keinen Faktentscheck dazu!
    Bis jetzt gratulieren nur Sie sich selbst. Auch gut.

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    1. Na, lieber Herr Schön, dann fangen wir mal ganz einfach an:
      „Der Scheck (…) ist ein Zahlungsmittel, bei dem der zahlungspflichtige Aussteller ein Kreditinstitut anweist, einem Zahlungsempfänger zu Lasten des Girokontos des Ausstellers einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen.
      https://de.wikipedia.org/wiki/Scheck
      Was dann ein „Faktenscheck“ sein soll, müssten Sie mir erklären. Vielleicht werden dann Fakten ausbezahlt…
      Ein „Faktencheck“ dagegen ist die Überprüfung von Behauptungen mittels Recherche von Tatsachen.
      Hier ging es um die Behauptung eines Kommentators, in meinen Playlists seien weitgehend Titel enthalten, die nicht für den Tango als Tanz komponiert wurden. Dazu habe ich Fakten angegeben.
      Ob meine Playlists gut oder erfolgreich sind, war gar nicht das Thema. Aber dass künstlerischer Erfolg nicht immer mit der Qualität des Gebotenen korreliert, wissen Sie doch selber am besten.
      Wie Sie sehen, bietet mein Blog einen umfassenden, kostenlosen Leser-Service – auch zugunsten von „Null-Checkern“!

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    2. Gratuliere - das haben Sie echt gut getscheckt!

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