Dauer-Kommentierer

Diese Spezies zieht man sich als Blogger immer mal wieder zu. Meist sind es Menschen, welche erklärtermaßen wenig von dem halten, was ich schreibe. Dennoch hat man den Eindruck, jeder meiner Artikel werde mit großer Akribie geprüft, allerdings weniger auf der Suche nach dessen Inhalt, sondern nach vermeintlichen oder tatsächlichen Fehlern oder zumindest angreifbaren Positionen.

Gerne wird – wie ich gerade wieder lesen musste – treuherzig versichert, man sei im Leben nur auf der Suche nach Positivem. Wie man dann auf mein Blog stoßen kann, weiß ich nicht…

Ich habe oft und lange nachgedacht, warum manche Zeitgenossen ihre Lebenszeit damit verschwenden, immer wieder Beiträge zu studieren, welche ihnen – je nach persönlicher Ausrichtung – falsch, qualitativ minderwertig oder uninteressant erscheinen.

Selber bin ich im Internet oft in Sachen Tango unterwegs. Dabei stoße ich ständig auf Texte, welche ziemlich genau diese Kriterien erfüllen. In weniger als einem Prozent der Fälle reagiere ich darauf – und wenn schon, dann mit einem eigenen Artikel, in dem ich mich im Umfang von etwa tausend Wörtern damit auseinandersetze.

Dieses Vergnügen haben beispielsweise Leute wie Cassiel oder Melina Sedó, welche in meinen Augen eine große Verantwortung für die unheilvolle Entwicklung des Tango tragen. Die können sich darauf verlassen, dass ich zu ihren Artikeln meist Gegenreden veröffentliche. Ansonsten kann und mag ich wirklich nicht zu jedem Käse in unserem Tanz einen Beitrag verfassen – in den Jahren ist eh genug zusammengekommen.

Was ich aber so gut wie nie unternehme: Auf den dortigen Seiten Kommentare zu hinterlassen. Ich bin mir nicht mal sicher, ob die veröffentlicht würden. Cassiel beispielsweise hat schon lange die Kommentarfunktion bei den beiden großen Artikeln über mich gesperrt. Interessanterweise erst, als dort die ersten positiven Zuschriften zu meiner Person erschienen.

Und selbst wenn: Die Fans der jeweiligen Blogger könnte ich eh nicht überzeugen. Da würde ich lediglich auf betonierte Ideologie stoßen und mir voraussichtlich ein paar persönliche Herabsetzungen einfangen. Auch bei fremden Facebook-Seiten bin ich mit Anmerkungen immer vorsichtiger geworden. Schließlich baume ich damit in den „digitalen Wohnzimmern“ dieser Leute auf, was denen oft gar nicht recht ist. Zudem setze ich mich auch dabei der Gefahr aus, mir Beschimpfungen Dritter einzufangen, welche der „Hausherr“ dann gerne stehen lässt. Beispiele für diese Effekte habe ich massenhaft veröffentlicht.

Daher gilt für mich schon lange das Prinzip: Wer Interesse an meinen Artikeln hat, wird mich finden. Links dazu gibt es lediglich auf den eigenen Facebook-Seiten.

Bei den Dauer-Kommentierern ist das genau umgekehrt: Auf ihren eigenen Facebook-Seiten steht nicht viel – höchstens mal Veranstaltungs-Ankündigungen oder die Verheißung, man habe sein Profilbild gewechselt. Längere Texte verfassen sie kaum – im Einzelfall versuchen sie es, geben jedoch schnell wieder auf.

Dafür tauchen sie beinahe überall auf, wo es um Tango geht – vorzugsweise bei heftigeren Debatten – und geben dort gerne ihren Senf zu Protokoll. Es gibt kaum etwas, zu dem sie nicht eine, meist gegensätzliche, Ansicht haben. Allwissenheit gehört da zum Pflichtprogramm.

Derzeit habe ich mal wieder einen solchen Zeitgenossen an der Backe: In den letzten 30 Tagen hat er mich mit fast 30 Kommentaren beschäftigt – bei einer Gesamtzahl von beinahe 130. (So viel zu den immerwährenden Behauptungen, auf meinem Blog gebe es kaum Zuschriften – und schon gar keine kritischen!)

Mit längeren Erwägungen hält sich der Herr nicht auf. Stattdessen erhält man einige, wohl als Geistesblitze verstandene, kurze Sätze. Gibt man sich die Mühe einer Antwort (was ich meistens tue), wird darauf eher nicht eingegangen. Stattdessen findet man ein neues Haar in der Suppe – wenn nicht gleich Suppe im Haar.

Auch mit den Themen meiner Artikel verfährt er locker. Die werden eher als Anlass betrachtet, sich mal über andere Dinge zu verbreiten. Warum auch auf die Gedanken anderer eingehen? Dazu wäre ja Einfühlungsvermögen – wenn nicht gar Empathie – erforderlich.

Daher dominiert beim Blick auf den Tango die kühle Ökonomie: Das Ganze muss sich halt rechnen, ist eine Sache von Angebot und Nachfrage. So auch sein Dienstleistungsangebot als DJ. Um die „Willkommenskultur“ sollen sich im Tango gefälligst die Veranstalter kümmern. Er liefert halt die Musik – und fertig! Und da ist bei den rein traditionellen Aufnahmen der Markt viel größer. Tango ist eben ein Geschäft. Noch Fragen?

Frauen, so ahnt man, sollten beim Tango lieber schweigen. Da ist von „allein-erziehenden und transferleistungs-beziehenden Müttern“ die Rede, welche Zivilcourage zeigen und „vor jedem Tanz diskutieren“ wollten. Das erinnert mich an die Aussage einer Berliner Tangogröße über Damen, welche auf der Milonga mit „Kittelschürze und Gummistiefeln“ erscheinen könnten. Ehrlich, bestimmte Frauenbilder möchte ich nicht geschenkt haben…

https://milongafuehrer.blogspot.com/2019/10/wo-der-mann-noch-macho-sein-kann.html

Ich grüble immer wieder über die Motive solcher Leute: Was bringt es ihnen, sich stundenlang an Texten abzuarbeiten, die so gar nicht nach ihrem Gusto sind? Da wäre es doch besser, ein eigenes Blog aufzumachen und zu erfahren, wie viele Schwächen und Fehler dann den dortigen Kommentatoren auffallen!

Nach meiner Ansicht ist ein wesentlicher Beweggrund, meine Arbeit als Autor in Frage zu stellen. Oft besetzt man selber im Tango irgendeinen Funktionärsposten, und da sieht man es nicht gerne, wenn ein Blogger über Tangolehrer, DJs oder Veranstalter herzieht. Und schon gar nicht über das Kerngeschäft: den so genannten „traditionellen Tango“ (wie ich heute erfuhr, gibt es den sogar in einer „strengen“ Version).

Als ich gestern diesen Artikel mit einer Tangofreundin besprach, meinte sie: „Vergiss doch mal den ganzen Sachzusammenhang! Um den geht es doch nicht. Das sind einfach Hahnenkämpfe – und vielleicht bekämpft er bei dir Eigenschaften, die er fürchtet, selber zu haben.“

Mag sein. Gerade im speziellen Fall werde ich aber den Verdacht nicht los, dass der Herr auch die Aufmerksamkeit sucht, welche mein Blog – im Gegensatz zu seiner FB-Seite – bietet. Und man kann prospektiven DJ-Kunden wunderbar klarmachen, dass man selber mehr Ahnung hat als bekannte Tangoblogger.

Was soll man als Fazit dazu sagen? Sicher sind manche Kommentare (ob positiv oder negativ) interessant und anregend. Und der Rest… Ich bleibe bei meiner Ansicht: Mir macht das Bloggen auch ohne Zuschriften Spaß.

Denn:

„Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart.“ (Noël Coward)

P.S. Zum Weiterlesen: https://milongafuehrer.blogspot.com/2016/01/kommentare-mussen-nicht-sein.html


Kommentare

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