Hirn-Wasserstand: sinkend
Über die folgende Facebook-Gruppe habe ich kürzlich schon einmal berichtet. Es ging um eine in jeder Hinsicht aufklärende Diskussion zu Vergiftungen, Antibiotika und Corona:
http://milongafuehrer.blogspot.com/2021/01/mit-oder-dummheit-sterben.html
Eigentlich beschäftigen sich die dortigen fast 40000 Mitglieder mit natürlichen Heilmitteln. Das schließt jedoch nicht aus, auch zu anderen medizinischen Themen Erhellendes beizutragen. Trotz der schlechteren Lesbarkeit bringe ich die folgenden Zitate in der Original-Schreibweise, da sich nur so der volle intellektuelle Schmelz erschließt.
Vorgestern fragte ein Gruppenmitglied:
„ich muss nächsten Monat einen PCR Test machen. Habt ihr erfahrung? was würdet ihr tun evt silberwasser oder mms danach durch diee nase spülen?“
Zunächst erfolgten pauschale Warnungen:
„Besser garnicht machen“
„Nix musst Du!“
Die Zwickmühle der Fragerin:
„wenn man mit dem flugzeug fliegt dann muss man“
Für die Sensation sorgte dann eine andere Kommentatorin:
„Ich würde es nicht tun. Bei uns wurde in der Firma am Montag eingeführt, dass jeden Montag zu Dienstbeginn ein Schnelltest gemacht wird. Wurde gestern wieder abgeschafft weil jetzt 7 aus unserem Werk im KH liegen weil sie Hirnwasser verlieren... Zum Glück hatte ich Mo&Di Urlaub...“
Klar, dass es nun in die Vollen ging:
„waaas? Hirnwasser echt“
„haben das keine Ärzte gemacht? Das ist ja schrecklich!!!!“
„Du arme hoffentlich geht alles gut musste auch ein machen im September seit dem ist mein hals richtig kaput voll halsschmerzen stimme war auch kurz zeitig weg und jetzt höre ich mich nicht mehr an wie früher kann zufall sein glaub ich aber nicht viel glück“
„Die Blut-Hirn-Schranke wird bei diesem Verfahren durchstoßen Die Folge ist meistens Eine Hirnhautentzündung Kann allerdings Auch ein paar Jahre dauern bis sie sich komplett Bemerkbar macht Schleichender Mord“
„Es ist ein medizinischer Kunstfehler und Körperverletzumg den Test über die Nase zuz machen . Es gibt dort nur eine dünne Membran (Haut) die das Gehirn mit dem Liquor der Flüssigkeit verbindet . Kann zu tödlichen Hirnhaut- und Hirnentzündungen, Meningitiden führen“
„Selbstverständlich werden sehr oft durch dieses sehr dünne PCR Test Teil zu weit in die Nase gestochen und somit das Häutchen zum Hirn zerstochen. Bei Verletzungen Können Bakterien ins Hirn gelangen.Was zur Folge hat dauerhaft geschädigt zu sein.“
Faktencheck:
Die Mär, bis ins Gehirn werde nur ein „dünnes Häutchen“ durchstochen, ist natürlich eine. Man müsste – wenn schon – auch durch den Schädelknochen. Meinen jedenfalls ernsthafte medizinische Experten:
Die hier erzählten Geschichten beruhen wohl auf der Meldung eines einzigen Falles, wo nach dem Corona-Nasenabstrich tatsächlich Liquor auslief. Die Patientin litt aber an einer Enzephalozele, also einer Lücke im Schädelknochen, durch die sich – ähnlich wie bei einem Bruch – Hirnmasse nach außen vorwölbte. Durch eine OP konnte diese verschlossen werden. Eine medizinische Rarität.
Dass also in ihrer Firma, wie die obige Schreiberin behauptet, gleich bei sieben Leuten das Hirnwasser auslief, ist mit Sicherheit frei erfunden. Das meinte auch eine weitere Kommentatorin:
„Hirnwasser? Fake!“
Das verdross die Sensations-Melderin:
„mir fehlen die Worte... Bitte geh woanders dumm sein“
Die Antwort darauf liegt natürlich für den Satiriker nahe:
„Ich habe vor zwei Wochen einen Test gemacht und habe noch mein gesamtes Gehirnwasser. Weil es bei mir nämlich im Gehirn ist und nicht in der Nase wie bei dir.“
Nun mischten sich weitere Empörte ein – die Debatte erreichte allmählich Tango-Drehzahlen:
„glaubst du im Ernst (…) das (…) sich sowas ausdenkt? Wie mies ist das???? Nur weil DU es nicht wahr haben möchtest das so etwas passieren kann? Ich freu mich für jeden bei dem das ohne Komplikationen abläuft, auch für dich! Und ich finde es eine Schande, das du über das Leid anderer so sprichst. Das steht dir nicht zu.“
Nochmal zum Mitschreiben: Die Horror-Erzählerin war an besagtem Tag nach eigenem Bekunden gar nicht in der Firma. Reines Hörensagen also. Dennoch wird ihr Bericht nicht bezweifelt, sondern der Standpunkt der Kritikerin. In der Folge wurde sie aus der Gruppe entfernt.
Weiterhin ventilierte man dann noch die gängigen Verschwörungstheorien:
„wenn es tatsächlich der tödlichste Virus aller Zeiten ist sollte es reichen auf den Tupfer zu spucken“
„PCR-Teste gelten als unzuverlässig. Es werden zu viele falsch positive und falsch negative Ergebnisse erzielt. In den USA laufen bereits Gerichtsverfahren gegen diesen PCR-Test und gegen Drosten und seine Kumpanen. wer will denn von denen irgendwen retten... es geht darum Menschen abzuschaffen. Die Welt ist überbevölkert ...“
„Frau Merkel eine Neue Weltordnung...wüsste gerne wie sie tatsächlich ausschauen soll. Totale Überwachung und Zwangsimpfung würde mir nicht gefallen. Ebensowenig die Abschaffung von Heilpraktikern. Eine Überbevölkerung könnte man auch anders regeln.“
Zur Ehrenrettung der Gruppe sei gesagt: Es gab auch Kommentatoren, die das Ganze als reinen Blödsinn bezeichneten – jedoch mit deutlich weniger Likes.
Inzwischen zog die Administratorin wieder die Reißleine und sperrte die Kommentarfunktion.
Nachdem man sich die Lachtränen abgewischt hat, bleibt halt die unbeantwortete Ausgangsfrage: Was soll sich die ursprüngliche Fragerin nach dem Nasenabstrich durch selbige ziehen? Kolloidales Silber oder MMS? Nun, zumindest letzteres ist nicht empfehlenswert:
MMS („Miracle Mineral Supplement“) enthält Natriumchlorit, aus dem Chlordioxid entsteht, das als giftig eingestuft wird:
https://de.wikipedia.org/wiki/Chlordioxid
Aber auch hierzu gibt es Gegenmeinungen:
„Es muss wirklich niemand Angst vor Corona haben Da es Mittel gibt die 100% dagegen helfen unter anderem chlordioxidlösung Und das hat nichts mit Chlorbleiche zu tun wie die meisten Leute immer gleich assoziieren“
Doch, mit Chlordioxid kann man nicht nur Nasen bleichen, sondern auch Zellstoff bzw. Papier. Und wenn man vorher mit dem Tupfer erfolgreich getroffen hat, vielleicht auch Gehirne – falls man dort nicht ins Leere trifft.
Für Ängstliche noch ein Tipp: Wenn bei Ihnen nach einem Corona-Test die Nase läuft, besorgen Sie sich Urin-Teststäbchen für Glucose! Die Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit enthält nämlich, anders als normaler Schnodder (Nasensekret) Traubenzucker (Glucose). Sollte sich also der Streifen blaugrün verfärben, sofort bei Facebook den sinkenden Gehirn-Wasserstand melden!
Aber stellen Sie vorher sicher, dass Sie sich nicht etwa statt Koks Traubenzucker in die Nase gezogen haben! Wenn doch, beschweren Sie sich bei Ihrem lokalen Dealer.
Illustration: www.tangofish.de |
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