Wenn Männer mehr als führen
In meinen vielen Tangojahren habe ich eine große Zahl von Eindrücken zur Stabilität von Tangobeziehungen gesammelt. Insbesondere, wenn es um Tangolehrkräfte geht, scheinen krisenarme Paarbeziehungen in diesem Metier eher selten zu sein. Zu sagen haben die Weibchen in solchen Kombinationen meist nicht viel. Und gerne werden angejahrte Tanzpartnerinnen durch frische ersetzt.
Warum wir ausgerechnet von den Argentiniern Respekt vor Frauen lernen sollten, konnte man mir ebenso wenig plausibel machen. Gerade in Lateinamerika müssen sich die die Damen noch heftiger als bei uns eines tief verwurzelten Machismo erwehren. Ich habe öfters darüber geschrieben:
http://milongafuehrer.blogspot.com/2018/10/ni-una-menos-nicht-noch-eine-weniger.html
http://milongafuehrer.blogspot.com/2021/03/weltkulturerbe-frauenrechte.html
Einen interessanten Fall bespricht die langjährige Tangotänzerin und Buenos Aires-Kennerin Christine Garbe derzeit auf Facebook. Zwischen einem nicht ganz unbekannten Lehrerpaar hat es offenbar gewaltig gekracht – und das darf man wörtlich nehmen. Die Dame hat sich nun von ihrem anscheinend gewalttätigen Partner getrennt und zieht auf Facebook heftig über ihn her.
Sie habe lange gebraucht, bis sie sich entschließen konnte, ihn anzuzeigen.
„Am Anfang war er nicht körperlich gewalttätig, er war ein sehr eifersüchtiger Mensch mit schrecklichen Wutanfällen, der in der Lage war, alle Gegenstände in meinem Haus zu zerbrechen, die ich dann versteckt hielt, damit meine Kinder nichts davon erfuhren. Ich wusste, dass er ernsthafte emotionale Probleme hatte, die er nicht kontrollieren konnte, aber ich hätte nie gedacht, dass es so ernst sein könnte, dass er sich nicht beherrschen und Hand an mich legen könnte.“
Im weiteren Verlauf schildert sie gewalttätige Übergriffe:
„Und er packt mich am Hals und nimmt mich mit ins Badezimmer und setzt mich in die Badewanne, während er mich immer wieder am Hals packt und dann mit der anderen Hand mit geschlossener Faust auf mich einschlagen will und mir droht, ich solle nicht weinen oder schreien. An diesem Tag dachte ich, er würde mich umbringen.“
Sie habe sich dann von ihm als Lebenspartner getrennt, aber weiter mit ihm gearbeitet. Das schien zunächst gutzugehen, bis sie aus der gemeinsamen Wohnung auszog. Da kam es wohl zu Übergriffen auch in Anwesenheit ihrer Tochter. Ihr Fazit:
„Wenn Sie an einer Frau zweifeln, die vergewaltigt wurde, denken Sie zweimal nach, denn Sie wissen nicht, was für einen Alptraum wir durchlebt haben und wie mutig wir sein mussten, um trotz unserer Angst wegzulaufen. Heute hat er mich mit absolut allem allein gelassen. Und bis ich Anzeige erstattete, hörte er nicht auf, mich zu misshandeln. Genug der Gewalt!“
Christine Garbe missbilligt zwar Gewalt in jeder Art von Beziehungen, kritisiert aber, dass die befreundete Tangolehrerin diese privaten Vorfälle nun veröffentlicht:
„Liebe (...), es tut mir sehr leid zu lesen, dass du dich offenbar in der Beziehung zu (...) sehr unglücklich gefühlt hast. Ich beglückwünsche dich daher zu deiner Entscheidung, diese Beziehung zu beenden und das, was du als gewalttätig erlebt hast, in einem gerichtlichen Verfahren zu klären. Ich bin aber überhaupt nicht damit einverstanden, dass du deine Sicht der Dinge in den sozialen Netzwerken postest und damit potentiell die berufliche Existenz deines ehemaligen Partners (und vermutlich auch sein Privatleben) massiv schädigst oder gar ruinierst.“
Garbe selber habe schon als Kind Gewalt durch ihren Vater erlebt und war als Feministin der ersten Stunde aktiv.
„Aber es hat mir nie gefallen, wenn Frauen sich als OPFER inszeniert haben und in dieser Position eine destruktive Macht über die Männer ausgeübt haben, als deren Opfer sie sich empfunden haben. Diese ‚weiblichen Opfer' verkennen völlig, welche Mitverantwortung sie für eine toxische Beziehung tragen, und geben die Schuld allein den Männern, deren Ruf oder Existenz sie durch solche Denunziationen in den sozialen Netzwerken (oder anderswo) ruinieren. Dabei gehören zu einer toxischen Beziehung immer zwei Personen, die dafür die Verantwortung haben: Frauen, übernehmt gefälligst euren Teil der Verantwortung dafür und tut nicht so, als seid ihr nur Opfer männlicher Gewalt!“
Sie habe übergriffiges Verhalten in ihren vielen Beziehungen aber nie geduldet und daher auch keines erlebt.
„Darum habe ich in meinem ganzen Leben hart dafür gearbeitet, ökonomisch unabhängig zu sein und respektiert zu werden, und ich hätte jeden Mann sofort in die Wüste geschickt, der übergriffig geworden wäre. Und siehe da: das ist auch nie passiert! Die Botschaft ist also ganz einfach (und zugleich ganz schwer): Frauen, übernehmt selbst die Verantwortung für euer Leben und stilisiert euch nicht zu Opfern, sorgt dafür, dass ihr unabhängig seid von den Männern, dann könnt ihr jeden Übergriff sofort zurückweisen! Nur so werden sich die Männer ändern – einen anderen Weg gibt es nicht!“
Sieließ sich daher von dem Beschuldigten, den sie als Freund kenne, dessen Version erzählen, welche natürlich ziemlich anders ausgefallen sei.
Das missfällt der Berliner Autorin Lea Martin, welche auf diesem Gebiet wohl auch persönliche Erfahrungen gemacht hat. Sie findet, die Geschädigte habe „gute Gründe“ dafür, ihren Ex auf FB zur Brust zu nehmen:
„Eine Frau (oder ein Mann, das Geschlecht spielt keine Rolle), die Beziehungsgewalt erlebt, gerät in ein Dilemma, aus dem sich zu befreien sehr schwer ist: weil sie liebt. (…) Zum Frieden braucht es zwei, zum Krieg reicht einer, das gilt auch in Beziehungen. (…)
Wer Gewalt in einer Beziehung ausübt, hat in der Regel zwei Gesichter. Solange du dich in einen solchen Menschen nicht verliebst, bist du safe. Wer Gewalt gegen eine/n Partner/in ausübt, kann gewinnend, charmant, sozial integriert sein. Vor allem wird er (oder sie) sich immer als Opfer fühlen. Um jemanden zu verstehen, muss man in seine (ihre) Schuhe steigen. Beim Tango üben wir das doch eigentlich ganz gut?!“
Na ja, nach meinen Beobachtungen eher weniger…
Quelle:
Ich finde die Debatte schon deshalb bemerkenswert, da man ja immer wieder behauptet, ich würde andere Menschen „an den Pranger stellen“. Das tue ich – im Gegensatz zu der hier beteiligten Tangolehrerin – eben gerade nicht! Veröffentlichungen aus dem Privatleben sind für mich tabu. Wenn ich solche Beispiele verwende, dann nur unter vollständiger Anonymisierung.
Daher nenne ich die Beteiligten hier auch nicht. Klar, wer nach ihnen sucht, wird sie finden. Das ist aber dann sein (oder ihr) Problem! Andererseits: Wer sich in den sozialen Medien öffentlich äußert, muss damit rechnen, auch coram publico kritisiert zu werden. No risk, no fun!
Daher hätte ich der Betroffenen dringend davon abgeraten, die schmutzige Wäsche vor aller Welt zu waschen. Und wir kennen nun ja lediglich ihre Version der Geschichte. Aus gutem Grund gilt für Angeschuldigte bis zur rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung.
Für ebenso problematisch halte ich aber die weitergehenden Folgerungen von Christine Garbe. Menschen „inszenieren“ sich nicht als Opfer, sondern sind welche, falls Gewalt in Beziehungen nachweislich ausgeübt wird. Dafür gibt es nie eine Rechtfertigung!
Seit längerer Zeit schon beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema „häusliche Gewalt“. Sicherlich hoffen wir alle, dass selbstbewusste Frauen sich rechtzeitig zu wehren wissen. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen ist es jedoch zumindest sehr fraglich, ob es eine typische „Opfer-Persönlichkeit“ gibt. Jedenfalls kann es (meist weibliche) Menschen aus ganz unterschiedlichen sozialen Gruppen treffen: Professorinnen ebenso wie Arbeitslose.
Lea Martin beschreibt das ganz gut: Narzissten können sich vor Dritten äußerst freundlich und charmant geben. Gefährlich wird es nur für diejenigen, welche sich in eine emotionale Abhängigkeit ziehen lassen. Ihre Umwelt können sie von ihrer Not oft nicht überzeugen. Und sie schämen sich sogar, weil sie fürchten, an der Misere selber schuld zu sein.
Zudem können Narzissten ja in der Anfangsphase ein ziemliches „Love Bombing“ inszenieren. Daher rate ich jeder Frau, vorsichtig zu sein, wenn der Lover ihr täglich eine langstielige Rose schickt. Lädt er Sie jedoch einmal die Woche am Kiosk zu einer Currywurst ein, würde ich mir keine Sorgen machen…
Es ist für Frauen alles andere als einfach und oft auch riskant, sich aus den Fallstricken solcher Männer zu befreien – vor allem, wenn auch noch Kinder im Spiel sind.
Was ich dann aber beim wesentlich harmloseren Tango nicht verstehe: Dass man den Damen immer noch weismachen kann, es schütze sie vor Übergriffen, wenn man sie nach der herrschenden Ideologie zwingt, ausschließlich brav ein Stühlchen zu dekorieren und sehnsuchtsvolle Blicke zu senden, bis sie von einem Mann per Nicken aktiviert werden. Irgendwann halten sie das, was ihnen die Männer beibringen, auch noch für ihre eigene Überzeugung.
Noch schlimmer: Auch auf Milongas, wo ihnen ausdrücklich erlaubt wird, die Herren auch direkt um einen Tanz zu bitten, tun sie das in aller Regel kaum. Stimmt da was nicht mit dem X-Chromosom? Gibt es da ein „Der Mann führt-Gen“? Tragischerweise hätten sie dann zwei statt wie die Männer nur eines…
Wahrscheinlich aber wird es auf dem ziemlich schrumpeligen Y-Chromosom keinen „Frauenverklopper-Genort“ geben. Nicht mal in Argentinien…
P.S. Hier noch eine Dokumentation, die eindrucksvoll zeigt, gegen welche Widerstände die betroffenen Frauen dann selbst vor Gericht kämpfen müssen:
Ach Riedl, wie oft soll ich Ihnen noch schreiben, dass auch "anonyme" Zitate beleidigend wirken können. Denn wie Sie immerhin selbst messerscharf erkannt haben, lassen sich die betreffenden Personen sehr leicht identifizieren. Und das ist nicht deren sondern IHR Problem. Immer wieder veröffentlichen sie mit viel Genuss Zitate aus privaten Facebookgruppen und sind auch noch mächtig stolz darauf (sonst würden Sie nicht immer erwähnen: "aus der Gruppe, aus der man nicht zitieren darf ...). Genau das ist nichts anderes, als Personen öffentlich an den Pranger zu stellen. Das beginnt schon damit, dass Sie sich über Rechtschreibung und/oder Schreibstile lustig machen und Inhalte als Geplapper bezeichnen. Vielleicht haben ja so manche Kommentatoren Deutsch nicht als Muttersprache oder sind in Orthographie nicht so sattelfest - na und? Ist halt nicht jeder so unglaublich gscheit wie Sie ...
AntwortenLöschenHerzlichst,
Thomas Schön
P.S. Jetzt könnens sich wieder darüber beschweren, dass es in Ihrem Beitrag ja um ein gaaaaanz anderes Thema geht .... ist mir aber schnurzegal :-).
Ach, dass Ihnen weibliche Gewaltopfer egal sind, habe ich schon vermutet...
LöschenAnsonsten wiederholen Sie halt die Vorwürfe, welche Sie schon dutzendfach erhoben haben. Garantiert auch diesmal wieder ohne Erfolg. Warum Sie sich mit demselben Quatsch immer wieder namentlich "an den Pranger" stellen, bleibt Ihr Geheimnis.
Für neue Leser: Dass längere Zitate oft rückverfolgbar sind, bestimmt das Urheberrecht: Ich muss dann eine Quelle nennen. Täte ich es nicht, würden dieselben Leute sich dann wieder über dieses beschweren.
Und was die gewisse private Facebookgruppe betrifft: Nachdem vor Jahren das Gezeter über meine "verbotswidrigen Zitate" groß war, höre ich inzwischen gar nichts mehr davon. Irgendwie sind denen die Gesprächsthemen ausgegangen.
Wer sich zum großen Richter über meine Arbeit aufspielt, wirkt halt unglaubwürdig, wenn man vermuten muss, dass Sprache nicht seine Hauptbeschäftigung ist. Und es ist niemandem verboten, hier in seiner Muttersprache zu kommentieren. Ich würde es sogar gratis übersetzen.
Ansonsten: Eine Leberwurst findet zuverlässsig immer wieder Gelegenheiten zum Beleidigtsein. Aber sorry, wer sich öffentlich äußert, darf nachher keinen "Welpenschutz" reklamieren!
Und wo habe ich geschrieben, dass mir weibliche Gewaltopfer egal sind? Wieder so eine typische Unterstellung und Unwahrheit von Ihnen.
AntwortenLöschenSorry, das war Thema des Artikels. Aber so etwas bemerken Sie anscheinend gar nicht.
LöschenUnd Sie bemerken nicht, dass es ein Unterschied ist, ob mich ein THEMA interessiert oder ob mir Gewaltopfer egal sind. Und nicht bös sein, herzallerliebster Riedl: So wie Sie Themen behandeln, ist mir das wirklich schnurzegal. Ich melde mich hier nur zu Wort, wenn Sie Ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen und Personen hier an den Pranger stellen.
LöschenIch habe in obigem Artikel überhaupt niemanden „an den Pranger gestellt“, sondern mich sehr abgewogen zu den einzelnen Standpunkten geäußert.
LöschenSo habe ich darauf hingewiesen, dass man stets die Versionen von „Täter“ und „Opfer“ bedenken muss und natürlich die Unschuldsvermutung gilt. Auch zu den Ansichten von Christine Garbe und Lea Martin habe ich mich sehr differenziert geäußert.
„An den Pranger gestellt“ haben andere den angeblichen Täter. Ich habe betont, dies problematisch zu finden.
Aber statt sich mal mit den Problemen häuslicher Gewalt zu beschäftigen, ging es Ihnen nur darum, gegen mich wieder mal Vorwürfe zu erheben. Das funktioniert nur, wenn man solche Schicksale instrumentalisiert. Und zwar mit null Empathie.
Bravo Riedl, richtig erkannt! Sie haben in diesem Beitrag niemanden an den Pranger gestellt, sondern sich darüber aufgeregt, dass das eine andere Person tut, ohne zu bemerken, dass das 'normalerweise' Sie machen. Und nichts anderes wollte ich aufzeigen. Aber das verstehen Sie halt nicht ...
AntwortenLöschenUnd dann habe ich noch eine persönliche Frage an Sie: Seit wann veröffentlichen Sie Kommentare von mir? Unzählige haben Sie bis jetzt zensuriert!
Ach, jetzt kommt die Nummer wieder... Kaufen Sie sich doch einen Papagei, der dürfte sich bei Ihnen sehr wohl fühlen!
LöschenAber nun ist Schluss - ich will meine Leser nicht zu sehr langweilen.