Neues zu den Encuentros

 

Eine meiner Leserinnen hat mich auf eine Veröffentlichung der Tangolehrerin, DJane und Veranstalterin Melina Sedó hingewiesen. Vielen Dank!

Auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte sie jüngst einige „Anmerkungen zu den Encuentros Milongueros“, die vielleicht auch für andere Leser interessant sein könnten.

Heutzutage, so Melina, gebe es „Hunderte von Encuentros Milongueros“, und diese seien sehr unterschiedlich. Dennoch glaubten die Leute anscheinend, dass jedes Encuentro gleich sei.

Daher veröffentlicht die Verfasserin einige Angaben zu Themen, welche sie für wesentlich hält. In Zusammenfassung:

Bei den meisten Veranstaltungen gebe es keine getrennten Sitzplätze für Frauen und Männer.

Manche richteten sich nur an ein höheres Tanzniveau, andere nicht.

Die meisten Events seien offen für alle. Allerdings: 

„Es könnten jedoch Fragen zu Ihrer Tanzerfahrung gestellt werden, um diejenigen herauszufiltern, die eine enge Umarmung in einer zivilisierten Ronda nicht genießen.“

Es herrsche Geschlechter- oder Rollenbalance: „Zumindest offiziell. Viele Encuentros erreichen heutzutage keine Rollen-Balance mehr, da es an Führenden mangelt und die Anzahl der Veranstaltungen sehr hoch ist.“

Mehrheitlich würden Doppelrollen nicht akzeptiert.

Demos oder Kurse etc. würden meist nicht angeboten.

Das Durchschnittsalter sei „vielleicht“ höher als bei den Marathons, könne aber im Einzelfall sehr unterschiedlich sein.

Die Dauer variiere zwischen drei und sieben Tagen.

Es folgt noch etwas Eigenwerbung für die eigenen Events.

Quelle:

https://www.facebook.com/melina.sedo/posts/pfbid022MCpdhRv3hMk7pFeqb6BG5EpiykakSPk22JGgE7PCv3rinzqrAUdpWh27y6evRQcl

Ich fasse mal zusammen:

Es kann also im 21. Jahrhundert durchaus noch vereinzelt vorkommen, dass Frauen und Männer getrennt sitzen müssen. Oder dass man sein Tanzniveau im Vorfeld irgendwie glaubhaft machen muss.

Oft darf sich sogar jeder und jede anmelden, muss aber eventuell Fragen zu seiner tango-ideologischen Einstellung beantworten. Frauen haben bei den Bewerbungen immer noch die Arschkarte gezogen. Eventuell kommen die Damen rein, wenn sie sich verpflichten, lediglich zu führen. (Wie man das überwacht, wird leider nicht erklärt). Auf genügend Tanzpartner könnten sie sonst vergeblich warten. Und das bei eher höherem Alter der Teilnehmenden.

Aber demnächst könnten Frauen ja via Standesamt ihr Geschlecht ändern. Ob das dann akzeptiert würde?

Wie so oft ist noch aufschlussreicher, worüber die Autorin schweigt:

So würde mich schon interessieren, wie es denn um die „inoffizielle“ Geschlechter- bzw. Rollenverteilung steht. Es klingt danach, als würden in der Praxis viele Frauen doch wieder rumsitzen. Nun gut, das sind sie von den „normalen“ Milongas gewöhnt.

Spannend wäre es ebenso, einmal aus berufenem Mund zu hören, wie streng man denn auf die üblichen „Códigos“ achtet – also darauf, dass ausschließlich per Cabeceo aufgefordert wird oder auf ausladende Choreografie verzichtet wird. Ich fürchte, da dürften die Unterschiede auf den einzelnen Veranstaltungen minimal sein.

Und natürlich fällt – wie heute immer mehr üblich – kein einziges Wort zur Musik. Gibt es denn DJs, welche die ominöse „1960er-Schwelle“ überschreiten? Auch da wird man wohl nach Vielfalt heftig suchen müssen.

Interessant ist auch, dass Melina keinerlei Vergleiche zu den lokalen Milongas zieht. Das hat wohl einen simplen Grund: Dazu dürften ihr die Erfahrungen weitestgehend fehlen. Wahrscheinlich ist das schon deshalb kein Thema, weil man die dortigen tänzerischen Fähigkeiten als zu gering einschätzt.

Und zu den üblichen Preisen fällt natürlich kein Wort.

Ziel und Zweck ihres Textes wird es wohl sein, mehr Gäste auf die Encuentros zu locken – mit der Botschaft: Auch bei uns herrscht Vielfalt!

Doch die hält sich vermutlich in engen Grenzen.

Nun darf man natürlich die Veranstaltungen besuchen, welche einem zusagen – falls man eingeladen bzw. zugelassen wird. Und das eigene Geschlecht kein Hindernis darstellt.

Ich werde jedenfalls weiterhin an keinen Events teilnehmen, bei denen ich im Vorfeld Erklärungen über meine Linientreue oder die Beachtung irgendwelcher Códigos abgeben muss. Wo ich dann drei oder mehr Tage lang im Ringelpiez hinter dem jeweils vorderen Paar herdackeln soll – falls ich per Anstarren von Tänzerinnen aufs Parkett darf. Und das zu einer Musik, bei der ich schon nach einer Stunde mental die Koffer packe. Ferner Hunderte von Kilometern durch ganz Europa reisen müsste.

Das macht aber nichts, denn ich werde ja eh nicht eingeladen

Doch lassen wir die beiden noch ein bisschen vortanzen:

https://www.youtube.com/watch?v=b0awk4z42JY

Na, ich finde, das geht inzwischen etwas flotter! Und auch Galileo Galilei hat zwar seinen Theorien auf Druck der Inquisition abgeschworen, soll aber beim Hinausgehen gemurmelt haben:

„Und sie bewegt sich doch!“

Kommentare

  1. Sie haben vergessen, auf den eigentlichen Witz im Text einzugehen: "All of our events have the "original" encuentro format...". Frau Sedo hat also auch noch das europäische Encuentro erfunden. Jetzt wissen wir's.

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    1. Ich fürchte, das ist kein Witz. Nach meinen Informationen haben Sedó und Engel Ende der 1990er Jahre tatsächlich mit als erste ein solches Format begründet.
      Und in Zukunft den vollen Namen nennen, gell?

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