Staatstheater in Bullerbü

 

„Wir Kinder aus Bullerbü ist eine Kinderbuchreihe der schwedischen Autorin Astrid Lindgren, die das idyllische Leben auf dem Land aus der Sicht eines siebenjährigen Mädchens schildert. Der Ortsname, im Original Bullerbyn, bedeutet wörtlich ‚Lärmdorf.‘“

https://de.wikipedia.org/wiki/Wir_Kinder_aus_Bullerb%C3%BC

„In Berlin bei den Grünen heißt es, Berlin solle jetzt ein Bullerbü werden. Ich habe Astrid Lindgren auch geliebt, aber ich kann mich nicht erinnern, wovon die gelebt haben in Bullerbü.“ So Christian Lindner im Wahlkampf.

https://www.welt.de/wirtschaft/article233819222/Bundestagswahl-Bei-der-Wohlstandsfrage-duepiert-Lindner-Baerbock-mit-Bullerbue-Spitze.html

Na, so genau dürfte der FDP-Chef die Erzählungen der schwedischen Autorin nicht gelesen haben – sonst müsste er wissen, dass die Einwohner der drei Höfe in Bullerbü Bauern waren und es dort vor zirka hundert Jahren zwar keine Autos, aber dafür eine Dorfschule gab. Für ihn also ein eher unattraktives Gelände.

Was aber Lindgren und Lindner verbindet: Im Lärmdorf Berlin ist derzeit Drama angesagt: Der beschworene „Linksruck“ ist zwar abgewendet, aber dafür ruckelt es auf der rechten Seite ganz ordentlich. Glücklicherweise hatte sich ja Armin Laschet trotz dramatisch schlechterer Beliebtheits- und Kompetenzwerte die Kanzlerkandidatur gegen Markus Söder ertrotzt und erwartungsgemäß den Zweiten gemacht.

Nun ist Lindner also zwar nicht auf Lindgren, aber auf lindgrün angewiesen und hat nur noch die Wahl, mit dem favorisierten Loser Laschet oder dem viel zu linken Sieger Scholz zu regieren. Ich bin allerdings zuversichtlich: Die Aussicht auf ein repräsentatives Ministeramt wird das Ego des liberalen Ein Mann-Darstellers genügend streicheln, so oder anders.

Ich muss bekennen, dass der Typus Laschet meine niedrigsten Instinkte weckt. Solche Leute gibt es in fast jeder Verwandtschaft in Person eines entfernten, meist strenggläubigen Onkels, der ständig der irrigen Meinung ist, die anderen Gäste einer Familienfeier hätten seine Moralpredigten nötig. Und die sind in einem Ton gehalten, als ob die ganze Welt dringend auf sein naives Geschwätz warten würde. Solchen Leuten gelingt es, binnen kurzer Zeit größere Menschenansammlungen auseinanderzutreiben.

Ich weiß auch nicht, ob einem Rheinländer klar ist, was er in Bayern angerichtet hat, als er CSU-Star Söder abschmieren ließ. Darauf steht hierzulande Haberfeldtreiben bis in die dritte Generation. Wenn sich eine Möglichkeit ergibt, wird Laschet unter der ersten geeigneten Falltür verschwinden. Völlig geräuschlos – es wird wie ein Unfall aussehen…   

Zum Glück hatten sich auch die Grünen entschlossen, die Beste und nicht den Besten aufzustellen. Und deren überschießende Qualifikation bestand ja vorwiegend darin, ein zweites X-Chromosom zu besitzen. Robert Habeck hatte bekanntlich verkündet, er würde seinen Anspruch zurückziehen, falls Frau Baerbock die „Frauen-Karte“ ziehen würde. Da sie sonst nicht viel im Ärmel hatte, griff sie wohl danach.

Man muss sich den Wahnsinn klarmachen: Da geht es im Zweifel nicht mehr um Erfahrung, Qualifikation oder Beliebtheit beim Wähler, sondern um die Geschlechtszugehörigkeit. Mit der Methode hatten die Grünen ja schon ihre Landesliste im Saarland versenkt. Darüber deckte man aber den Mantel des Schweigens.

Nachdem man ein mögliches Ergebnis von über 20 Prozent gründlich verbaerbockt hatte, heißt es jetzt, ein voraussichtlicher Vizekanzler würde Habeck heißen. Ich nehme an, er hat nun die „Männer-Karte“ gezogen…

Stoff zum Nachdenken hat auch die Linke: Nur drei Direktmandate haben sie davor bewahrt, aus der Bundespolitik zu verschwinden. Der Grund dürfte ihre hartnäckige Realitätsverweigerung sein. Vielleicht könnte man sich dazu durchringen, zwei Tatsachen anzuerkennen: die Westbindung der Bundesrepublik und das diktatorische Staatssystem der ehemaligen DDR. Ansonsten wird man in der politischen Bedeutungslosigkeit enden.

Die Inhaltsarmut des Bundestagswahlkampfs wurde vielfach kritisiert. Ich glaube, es ging dabei nicht nur um Randthemen wie falsche Mimik, geschönte Lebensläufe oder Plagiate, sondern vor allem um ideologische Scheingefechte.  Auf der einen Seite beschwor man den Klima-Weltuntergang, an dem Deutschland mit höchstens zwei Prozent beteiligt ist – und auf der Gegenseite hatte man nichts anderes zu tun als die steinzeitliche Kommunismus-Furcht aus der Mottenkiste zu holen. Bei den Rechtsradikalen war es die drohende Diktatur. Dazu noch ein paar Versuche, dem  SPD-Kandidaten Skandale anzuhängen. Bei alledem hielt sich der Erfolg in Grenzen.

Da war man dann schon froh, wenn die Sozialdemokraten immerhin 12 Euro Mindestlohn, eine sichere Rente und ein Mieten-Moratorium forderten. Das wirkte in dem Zusammenhang geradezu peinlich konkret.

Olaf Scholz muss daher seine bislang demonstrierte Ruhe nicht aufgeben: Entweder man bequemt sich zu einer Ampelkoalition unter seiner Führung, oder sein Gegenspieler bastelt sich ein Regierungsbündnis zusammen, das von vornherein unter einem sehr schlechtem Stern steht. Ob man sich damit vier Jahre durchwursteln kann? Auf jeden Fall wird es die politischen Kabarettisten gut ernähren. Und das ist ja nach Corona auch was wert.

Was mir auch noch unbekannt war: Man spricht – auch in Schweden – seit etwa 20 Jahren vom „Bullerbü-Syndrom“. Dieses stereotype Schwedenbild besteht aus verklärenden positiven Assoziationen einer heilen Welt mit Zutaten wie falunroten Holzhäusern, klaren Seen, grünen Wäldern, Elchen, blonden Haaren, glücklichen Menschen und Mittsommersonne.

Die grüne Ex-Kanzlerkandidatin beschreibt ihre Kindheit in einem niedersächsischen Dorf in ihrem aktuellen Buch als „ein bisschen Bullerbü auf Norddeutsch“. Und Robert Habeck meinte schon 2013 in einem Interview mit der FAZ:

„Nichts ist schlecht an Bullerbü. Und Astrid Lindgren war eine Sozialrevolutionärin. Jeder Grüne kann sich auf sie berufen. Und damit auch auf eine Idylle: das Bild vom Haus mit Garten, Butterblumen, Schaukel im Apfelbaum und Räubertochter-Nächte. Die Hecken müssen nicht in den rechten Winkel geschnitten werden, das Haus darf ein bisschen windschief sein, und es dürfen auch ein paar Würmer in den Äpfeln leben. Aber wenn ich Apfelbaum, Kind und Haus sage, bin ich schon ziemlich dicht bei Martin Luther. Bürgerlichkeit schlechthin.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Bullerb%C3%BC_(Schlagwort)

Und dann noch sieben Kinder auf drei Höfen in Bullerbü – wie sinnig… Mit solchen Leuten muss der arme Christian Lindner nun verhandeln und wohl sogar regieren! Eine zweite Absage kann er sich nicht leisten. Astrid Lindgren hätte seine Rolle wohl in Form eines großstädtischen Strebers beschrieben, der bei Kontakt mit den respektlosen Landkindern als erstes in einem Kuhfladen gelandet wäre.

Dieser Gedanke macht mich froh.

P.S. Und wer die „Kinder von Bullerbü“ noch nicht kennen sollte:


https://www.youtube.com/watch?v=dQZbSss0sO8

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