„EdO kommt mir nicht ins Haus“
Unter diesem Titel
hat unser Tangofreund Thomas Wanner
in der Zeitschrift „Tangodanza“ (Nr. 3/2018, S. 78) über unsere „Wohnzimmer-Milonga“ berichtet –
übrigens nicht auf unser Betreiben hin und mit einem Text, der hundertprozentig
von ihm stammt. Ich hatte damals darüber geschrieben:
Wie ich auf eine
Anfrage einmal von der Tangodanza erfuhr, darf man die Beiträge ab einem Jahr
nach Veröffentlichung verbreiten. Daher erlaube ich mir, nun den Originaltext zu
verwenden – mir gefällt die Schreibe des Autors sehr, da sie die von mir
geschätzte Balance zwischen Information und Ironie aufweist.
(Solle jemand wieder
einmal meinen, ich handelte illegal, bitte ich um sofortige Nachricht – im Zweifel
würde ich dann den Text löschen.)
Daher hier mit
nochmaligem herzlichen Dank an den
Autor:
„EdO kommt mir nicht
ins Haus“
Die
sogenannte „Wohnzimmer-Milonga“ bei Gerhard Riedl
von
Thomas Wanner
„Bleiben
wir doch zu Hause – aber nicht auf dem Sofa, sondern dem heimischen Parkett!
Legen wir dort die Musik auf, die uns gefällt, schaffen wir expertenfreie
Zonen, wo wir noch tanzen dürfen, wie es uns passt!“
So
hatte es begonnen vor drei Jahren. Einmal im Monat laden Gerhard Riedl und
seine Frau Karin Law Robinson-Riedl seither ein zur heimischen Privat-Milonga
in Pörnbach bei Ingolstadt. Verfügbare Tanzfläche: nicht mal 20 m2.
„Du
darfst nicht schreiben, dass es hier schön ist“, diktieren mir die Gäste in den
Block, „sonst überrennen uns die Leute, und man hat keine Chance mehr bei der
Anmeldung.“
Nun
denn: Diese Milonga ist eine echte Zumutung. Zuerst muss man um einen Platz
bangen. Hat man dann, mitten im Nirgendwo, endlich die Location gefunden, sieht
man sich mit unvorhersehbarem Frauen- oder Männerüberschuss konfrontiert und
bekommt eine Abfolge von gemeinhin als „untanzbar“ geltenden Musikstücken (von
CD!) präsentiert. Es wird erwartet, sich zu diesen akustischen Ereignissen in
unkonventioneller Weise auf dem kaum vorhandenen Parkett zu bewegen.
Also, Leute: Kommt nicht, die Gastgeber machen dieses Ding nur, weil sie einen neuen
Fernseher brauchen und hoffen, der alte wird mit einem Boleo vom Regal gefegt. Was
leider bisher nicht funktioniert hat, weswegen diese Veranstaltung weiter
angeboten wird. Und, Leute, glaubt das bloß nicht, was da landauf, landab so an
Gerüchten durch die Gegend geistert – alles Fake News!
So
gibt es doch tatsächlich Menschen, die erzählen, man werde herzlich von Karin
empfangen: „Hier im Wintergarten kannst du deine Sachen ablegen, und da im
Wohnzimmer tanzen wir. In der Küche gibt es Getränke und Knabbereien.“ Getanzt
wird tatsächlich auf engstem Raum in großer Achtsamkeit. Zusammenstöße gibt es (trotzdem)
nicht – vielleicht oder grade, weil es eben so eng ist. Die Gäste sagen, sie
schätzten die Offenheit und Freiheit, in der sich die Menschen hier begegnen. „Regeln?
– Nein, gibt’s hier keine“, ist die einhellige Meinung. „Wir tanzen nicht nach Regeln, sondern nach Gefühl – und du wirst niemals schief angeschaut für das,
was du tanzt.“
„Ja,
bei uns darf jeder rumspinnen, wie er will“, sagt Gastgeber und DJ Gerhard, „wir
tun das ja auch, und wem’s gefällt, der kommt wieder.“ Karin meint, das mit dem
Ausräumen des Wohnzimmers sei gar nicht so schlimm: Tisch raus, Teppich raus,
fertig! „Nur bei Livemusik müssen dann auch noch die Anrichte und der kleine
Tisch in der Ecke weg, weil wir dann Platz brauchen.“ Platz, das sind dann zwei
Quadratmeter mehr, als Bühne für die Musikerinnen, nicht als Tanzfläche.
Und
die Musik, nun ja, die ist immer sehr außergewöhnlich und besonders. In jeder
Milonga präsentiert Gerhard einen musikalischen Schwerpunkt, stellt ein
Tangoensemble vor oder einen Solisten. „Ja, ich finde, man sollte sich für die
Musik interessieren, auf die man tanzt“, meint Gerhard und ergänzt: „Je
anspruchsvoller die Musik, desto besser werden die Tänze." Jedes Mal neu
komponiert er einen Reigen aus modernen Stücken und zeitgemäßen Interpretationen
klassischer Titel. Zwischendurch, spätestens gegen Ende, darf (muss?) es auch
mal was ganz „Schräges“ sein, das man nicht spontan dem Tango zuordnen würde.
Kompromisslos
legt sich also diese Milonga quer zu vielen Gewohnheiten, findet damit ihren
ganz eigenen Liebhaberkreis von Menschen, die genau das suchen. Sie wissen zu
schätzen, dass Gerhard das Veranstalten einer Milonga als Gesamtkunstwerk
erachtet: Einladungen, Sozialkontakte, Tänze und Playlist. „Die Pörnbacher
Milonga wird es wohl noch lange geben“, meint Gerhard, „vielleicht irgendwann
mit dem DJ im Rollstuhl neben der Musikanlage. Da kann ich unglaublich stur
sein!“
Ich finde, der Text
fängt sehr schön ein, worum es uns geht.
Zur Aktualisierung:
Inzwischen sind es in Pörnbach über 60 Milongas geworden – allerdings limitieren
wir die Teilnehmerzahl nicht mehr. Uns bekannte Gäste werden per Mail
informiert und dürfen unangemeldet erscheinen. Lediglich andere Interessenten
bitten wir um vorherige Kontaktaufnahme unter mamuta-kg(at)web.de oder Tel.
08446-732.
Lustigerweise sind es
dadurch nicht mehr, sondern etwas weniger Gäste geworden. Offenbar hat da der „Encuentro-Effekt“
zugeschlagen: Je „exklusiver“, desto mehr wollen mitmachen.
Nun gut, damit verringert
sich auch das angesprochene Problem der wirklich sehr kleinen Tanzfläche (die
im Sommer durch die Terrasse erweitert wird): Es gibt nun meist mehr Platz zum Tanzen!
Und unser alter Röhren-Fernseher ist inzwischen eines natürlichen Todes gestorben und wurde durch ein modernes Flachbild-Gerät ersetzt. Die Milonga veranstalten wir aber dennoch weiter...
Und unser alter Röhren-Fernseher ist inzwischen eines natürlichen Todes gestorben und wurde durch ein modernes Flachbild-Gerät ersetzt. Die Milonga veranstalten wir aber dennoch weiter...
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