Ansichten eines Kritiker-Clowns
Wahr ist: Ich schreibe gerne Kritiken. Schon deshalb, weil sie – wenn es nicht um meine Person geht – im Tango selten sind. Außer natürlich die ständigen Lobpreisungen: Liest man die Berichte von Festivals oder anderen Feierlichkeiten, dann war eigentlich stets alles super-toll: die Musik, die Stimmung, das Ambiente, die Tänze und natürlich das kalte Buffet.
Aus welcher Perspektive wird das alles bewertet? Oft von den Veranstaltenden selber. Oder von Berichterstattern, welche Wert darauf legen, das nächste Mal wieder eingeladen zu werden. Oder dort auflegen zu dürfen. Andernfalls kann man schnell Opfer des „Blacklistings“ werden – also auf die „Schwarze Liste“ kommen.
Als Kritiker im Tango hat man es also nicht leicht, da man die verordnete Harmonie stört. Gerne wird man der Oberflächlichkeit geziehen:
„Wäre Riedl Buchkritiker, würde er das Buch ungelesen verreißen – der Titel genügte ihm als Beweismittel für ein literarisches Verbrechen.“
https://www.tangocompas.co/poernbach-und-die-ehre-de-kritikers/
Na ja, ich habe die Bücher, die ich besprach, wirklich von vorn bis hinten selber gelesen. Ich fürchte jedoch, diesem etwas anderen Verfahren war mein „Milonga-Führer“ öfters ausgesetzt. So schrieb die Tangolehrerin Melina Sedó über mein Buch:
„Dieses hier werde ich genauso wenig in die Hand nehmen, wie seine Vorgänger!“
Was sie natürlich nicht daran hinderte, in Richtung des Produkts ein wenig dumm daherzureden.
Und eine andere Rezensentin bekannte: „Jetzt verwende ich auch als süddeutsche Tanguera wenigstens nicht meine Zeit mit der Lektüre dieses Buches!“
Selbstredend gab dennoch eine negative Einschätzung.
Andere schrieben, sie hätten mein Buch „innerhalb einer Stunde quergelesen“ oder konnten „ein wenig reinlesen“. Natürlich samt Verriss!
https://tangoplauderei.blogspot.com/2010/09/gerhard-riedl-der-groe-milonga-fuhrer.html
Einer meiner Dauerkritiker, welcher vor lauter Expertise kaum noch laufen kann, wurde bezüglich meiner Person noch deutlicher:
„Ist er ein Top-Tänzer? Ist er Musikkenner? Ist er ein anerkannter Musikkritiker? Was zeichnet ihn denn als besonderen Kenner des Tangos aus? (…)
Wenn ich in einem Feuilleton einer Zeitung eine Musikkritik lese, erwarte ich vom Kritiker, dass er ein Fachmann seines Genres ist; dass er sich lange Zeit seines Lebens mit Konzertbesuchen, dem Hören und Vergleichen unterschiedlicher Interpreten, mit dem Lebenswerk einiger Komponisten und deren Lebensgeschichten auskennt. Seine Kritiken sollten über die bloße Unterscheidung ‚gefällt-mir-oder-gefällt-mir-nicht‘ hinausgehen. Also danach nochmal die Frage: Sind Sie Musikkritiker?“
https://milongafuehrer.blogspot.com/2019/01/hamse-jedient.html
Und erst neulich hieß es wieder mit Bezug auf mich: „Wie man sich aus Altpapier eine Kritikerkarriere bastelt“.
Nicht erst heute gebe ich beschämt zu: Nein, ich habe weder ein abgeschlossenes Literaturstudium noch eine Musikausbildung. Das kann man übrigens seit 15 Jahren in meinen Tangobüchern nachlesen. Seltsamerweise hat das der Verbreitung meines Blogs (derzeit an die 1,7 Millionen Zugriffe) keinen Abbruch getan.
Hätte ich die geforderte Vorbildung, könnte ich natürlich lichtvolle Artikel über die „Rolle des 4. Bandoneóns bei Francisco Canaro“ schreiben – oder den Niederschlag des Themas „Geschlechtskrankheiten und Tango“ in der argentinischen Literatur des 19. Jahrhunderts beleuchten.
Ich glaube aber, es ist für Anfängerinnen, Anfänger und andere No Names interessanter, wenn ich mich deren Problemen widme: Vielleicht, wieso eine ältere Frau auf einem gepriesenen Festival stundenlang unaufgefordert herumsitzt, die arroganten Gäste lieber unter sich bleiben oder der viel gepriesene Maestro einen Kurs gibt, der solchen Leuten genau nichts bringt.
Selten genug werden solche Erlebnisse öffentlich gemacht – und schon gar nicht unter realem Namen. Man will ja nicht der kollektiven Verachtung anheimfallen. In den nicht gerade häufigen Fällen, in denen man sich offen beklagte, habe ich Besprechungen geschrieben. Oder eine besonders zuckrige Tangowerbung veralbert respektive ein ultimativ sinnloses Lehrvideo durch den Kakao gezogen. Manchmal musste auch ein Milonga dran glauben, die alle ihre Verheißungen verriet. Gelegentlich sogar ultimativ langweilige Tanzstile.
Meine Perspektive war stets die des „einfachen Tangokunden“, dem man oft das Geld aus der Tasche zieht, ohne einen angemessenen Mehrwert zu bieten. Dafür aber unheimlich gescheit daherredet.
Und das Spannungsverhältnis zwischen glänzenden Verheißungen und armseliger Realität ist ein klassisches Satire-Thema. Dass dies der erlauchten Tango-Elite missfällt, ist eingepreist. Die Folge sind manchmal Hetzartikel, mit denen ich in jüngster Zeit wieder mal reichlich verwöhnt wurde.
Meinen Kritik-Ansatz hätte man schon vor Jahren in meinem Tangobuch nachlesen können:
„Der Tango ist multikulturell - daher darf, ja soll man ihn auch vor dem Hintergrund der einheimischen Musik- und Tanzszene betrachten (…). Über einen Mangel an Eindrücken und Ideen zu diesem Thema konnte ich mich wirklich nicht beklagen – aus der Sicht eines „Aficionado“ (…) vom flachen Land. Hunderte von Malen hatte ich erlebt, wie dieses exotisch parfümierte, mit Pferdeschwänzen und geschlitzten Röcken aufgebrezelte ‚Glückpaket Tango“ an der Basis, also den Lernenden ankam, sie in die Flugbahn von höchster Verzückung bis zur vernichtenden Bruchlandung katapultierte.“
(„Der noch größere Milonga-Führer", 2. Auflage, S.14-15)
Kurz gefragt: Wie kommt der heute übliche Tango bei den „einfachen Leuten“ (die ihn ja einst erfunden haben) an? Darüber werde ich auch weiterhin schreiben.
Die Weihestimmung, die im heutigen Tango herrscht, erinnert mich an meinen Musikunterricht in der Oberstufe des Gymnasiums: Bei unserem Lehrer, sogar promoviert, endete die Musikgeschichte bei Béla Bartók. Unvergesslich ist mir das Ritual, wenn er mal eine Platte auflegte und uns an der Kultur teilhaben ließ. Dazu verteilte er sogar Partituren (für uns chinesische Morsezeichen), die wir mitzulesen hatten. Verstanden hat die nur einer unserer Mitschüler, der sehr gut Geige spielte. Wir blätterten also immer um, wenn er es tat. Anschließend diktierte uns der Lehrer einen Text ins Heft (wohl aus „Knaurs Konzertführer“) – so in der Machart: „Im Rondo des zweiten Satzes greift der Komponist Motive aus der Durchführung des Allegro auf…“
An einem Faschingsdienstag (da war einst noch Unterricht) bat unser Klassensprecher den Musiklehrer, ob er uns nicht am Ende der Stunde etwas „Lustiges“ vorspielen könne. Zu unserer Überraschung tat er das – und intonierte am Klavier einen Tango!
Mit den Regeln der „Tango-Amtskirche“ habe ich es nicht so – ganz wie der ungläubige Spaßmacher Hans Schnier in Heinrich Bölls Roman „Ansichten eines Clowns“.
Dieses Werk (sowie Rolf Hochhuts „Stellvertreter“ und Carl Amerys „Die Kapitulation“) hat es sogar geschafft, die deutschen Bischöfe zu einem Hirtenbrief zu reizen, in dem den drei Autoren „zersetzende Kritik“ und eine „eigentümliche Neigung zu Pessimismus“ vorgeworfen wurde. Bei mir regnet es nur Episteln in einem Nachbarblog. Na gut – bei meinen Themen muss man mit weniger zufrieden sein…
https://www.boell.de/de/ueber-den-roman-ansichten-eines-clowns
Die Aussage des Romans gefällt mir: Das wahre Christentum ist nur außerhalb der Amtskirche zu finden. Ich würde sagen: Und der wahre Tango nur außerhalb der orthodoxen Milonga-Gottesdienste.
Und wer sollte das sagen dürfen – wenn nicht ein Clown?
Sorry, daher heute kein Tanzvideo, sondern der Trailer zur Verfilmung der „Ansichten eines Clowns“ mit Hanna Schygulla und Helmut Griem:
https://www.youtube.com/watch?v=pZ6fZihhd6Y
Aktuell kommt Herr Wendel nun auf die (nicht ganz neue) Idee, die Zugriffszahlen meines Blogs anzuzweifeln. Zu diesem Zweck hat er sich offenbar einiges Wissen angeeignet. Das freut mich für jemanden, der vor geraumer Zeit noch Probleme hatte, überhaupt Kommentare auf meinem Blog unterzubringen.
AntwortenLöschenEindrucksvoll errechnet er, dass sein Blog in 11 Jahren mehr Zugriffe aufwiese als meines. Na, dann warten wir mal bis 2036…
Auf die verlangten Auskünfte zu den Zählweisen auf meinem Blog wird er allerdings verzichten müssen. Nach der Veröffentlichung von über 2000 Beiträgen bin ich doch etwas ermattet…
Zudem würde es an meinen Artikeln genau nichts ändern, ob ich nun täglich 7 oder 700 Zugriffe hätte.
Na ja, ein paar Leserinnen und Leser habe ich wohl schon. Sonst würden meine Gegner nicht einen nach dem anderen Text heraushauen, um mich unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Und mir auf diese Weise neues Material liefern.
Da wünsche ich frohes Schaffen!
Ach ja - zum Nachlesen: https://www.tangocompas.co/ueber-poernbacher-mogeleien-und-das-fliegen-im-musikgeschmack-volare/#comments
LöschenNur für dich zur Info wegen der Traffic Analyse:
AntwortenLöschenGoogle Anfrage: zugriffszahlen blogspot ermitteln
Auszug aus Gemini KI Antwot:
"
Übersicht mit KI
Weitere Informationen
Um Zugriffszahlen eines Blogspot Blogs zu ermitteln, benötigst du die Google Analytics Integration, die du in deinem Blogspot-Blog einbinden musst. Google Analytics ist ein kostenloser Webseiten-Analyse-Dienst, der dir detaillierte Informationen über den Traffic deines Blogs liefert.
Schritt-für-Schritt-Anleitung:
1. Google Analytics-Konto erstellen:
Wenn du noch kein Google Analytics-Konto hast, musst du eines erstellen.
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In Google Analytics erstellst du ein neues Property für deinen Blogspot-Blog und erhältst einen Tracking-Code.
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Den Tracking-Code fügst du im Blogspot-Dashboard unter "Layout" > "HTML/JavaScript" ein.
4. Daten beobachten:
Nach der Einbindung werden die Zugriffszahlen in Google Analytics kontinuierlich erfasst und dir in verschiedenen Dashboards und Berichten zur Verfügung gestellt.
Wichtige Informationen:
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Beachte die Datenschutzbestimmungen von Google Analytics und informiere deine Besucher über die Datenerfassung.
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Es gibt auch andere Webseiten-Analyse-Tools wie Matomo, die du verwenden kannst, um Zugriffszahlen zu ermitteln, schreibt IONOS.
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Blog-Analyse: Die wichtigsten Kennzahlen - IONOS
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checkdomain.de
Generative KI ist experimentell.
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Plausible Erläuterungen aus dem google Suchergebnis, auch für fremede Seiten für den sogenannten "organischen Traffic"
https://neilpatel.com/de/blog/webseitentraffic/
Und dann das ganze mit angepinnter Grafik auf dem Blog "transparent" Veröffentlichen, außer dir machen die ständigen Dikussionen darüber Spass, dann lass sie weiter rumrätseln :-)
Und ach ja, zum Artikel: Schon als ich das Buch das erste mal "sah" hattest du für mich seitdem die Rote Nase nie wieder abgenommen, lediglich die Tränen unter deinem einen Auge, wurden immer mehr ¯\_(ツ)_/¯
Liebe Grüße
Herzlichen Dank!
AntwortenLöschenIch habe aber beschlossen, meine restliche Lebenszeit darauf zu verwenden, gute Texte zu schreiben.