Offener Brief an Elijah Nur Filbustan


Werte Dame,

unter diesem Namen betreiben Sie eine Facebook-Gruppe, welche sich erstaunlicherweise „KoKo Tango – Konstruktiv Kollegiale Tangogespräche!“ nennt.

Sie haben sich nun gestern in Ihrer Gruppenbeschreibung – mit klarem Bezug auf mein Blog zu der Formulierung verstiegen: Es ist nicht erlaubt, aus dieser Gruppe Zitate wörtlich zu übernehmen und andernorts zu veröffentlichen.“

Ich frage mich wirklich, wie Sie zu der Selbstüberschätzung kommen, mir etwas verbieten zu können. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis: Sie sind nicht der „Eigentümer“ dieser Seite, sondern – wie ich – zu Gast bei Facebook. Diese Firma bestimmt die Spielregeln. Aber auch sie muss sich der deutschen Rechtsordnung unterwerfen. Wer mir also wirklich etwas untersagen kann, ist ein ordentliches Gericht.

Ich habe hier wiederholt die juristischen Regelungen zum Zitierrecht dargestellt. Danach gilt: Ja, ich darf aus solchen Gruppen wörtlich übernehmen:

Weder Sie noch das Dutzend Großsprecher, die sich nun wieder über mein Blog echauffiert, sind darauf je mit einem Wort eingegangen. Stattdessen wird mantramäßig nachgebetet, was ich angeblich nicht dürfe. Die Strategie ist klar: Ich soll als jemand dargestellt werden, der Verbotenes tut.

Dieses Verfahren der Kriminalisierung ist ja nicht neu. In vielen Staaten dieser Welt werden Internet-Aktivisten so behandelt – man wirft ihnen vor, den Staat umstürzen oder Terroristen unterstützen zu wollen. Die Regierungen blockieren kritische Seiten oder gleich das ganze Internet. Reihenweise wandern Journalisten und Blogger ins Gefängnis oder fallen dubiosen Mordanschlägen zum Opfer.

Was mir wirklich auch bei uns Sorgen bereitet: Immer häufiger wird es üblich, sich mit abweichenden Meinungen nicht mehr inhaltlich auseinanderzusetzen, sondern die Vertreter einer anderen Ansicht persönlich abzuqualifizieren. Man sucht nicht mehr nach Argumenten, sondern überlegt nur noch, wie man den Gegner mundtot machen kann.

Offenbar finden Sie es „konstruktiv“ und „kollegial“, auf Ihrer Seite dumme Sprüche über mich unbeanstandet stehen zu lassen. Aha: In der Gruppe darf man zwar weiterhin über mich herziehen, mir soll es aber verboten werden, darauf zu reagieren. Eine tolle Logik!

Nein: Noch gilt hierzulande eine der liberalsten Verfassungen dieser Welt, in der man – nach den schrecklichen Erfahrungen der Nazi-Diktatur – der Meinungs- und Kunstfreiheit einen überragenden Stellenwert eingeräumt hat. Auch im Tango frage ich mich manchmal, was mit mir geschähe, wenn man diesen Schutz wieder aufweichen würde.

Auf jeden Fall, werte Administratorin, erlaubt mir Artikel 5 unseres Grundgesetzes, mich aus „allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“. Und natürlich trifft das auf Ihre Gruppe, so wie Sie agieren, voll zu: Erklärtermaßen überprüfen Sie bei den Anmeldungen keine Identitäten, sondern wertschätzen auch Pseudonyme (ein Zitat zum Beleg darf ich ja nicht anführen). Dennoch schreiben Sie von im Vertrauensraum der Gruppe gesprochenen Meinungen“, über die  man weder „referieren“ noch „urteilen“ dürfe. Ich fürchte, das glauben Sie wirklich.

Was ist das eigentlich für ein „Vertrauensraum“, zu dem praktisch jeder Zutritt hat? Wie wollen Sie bei über 750 Mitgliedern, die Sie teilweise nur via Pseudonym kennen, verhindern, dass dort getätigte Äußerungen weitergegeben werden? Ihr Forum ist so „privat“ wie eine Bahnhofs-Wartehalle!

Was noch schlimmer ist: Sie verbergen offenbar auch Ihre eigene Identität. Auf Ihrem FB-Profil gibt es zu Ihrer Person keinerlei konkrete Informationen, geschweige denn ein Impressum. Und so wollen ausgerechnet Sie eine vertrauliche, verlässliche Atmosphäre schaffen? Ich jedenfalls habe einen wahren Namen und ein Impressum.

Das einzig „Private“ an dieser Facebook-Gruppe sind die „Persönlichen Nachrichten“, mit welchen sich nach meinem Eindruck die handelnden Personen untereinander abstimmen. Auf diese Weise werden Sie offenbar von Intriganten regelmäßig über meine Veröffentlichungen unterrichtet. Kann gut sein, dass Ihnen meine Texte selber eigentlich gar nicht so wichtig sind, Sie sich aber gefühlten Zwängen von dritter Seite nicht widersetzen wollen. Wenn dies so sein sollte, fände ich das erbärmlich.

Die angebliche „Privatheit“ dieser Gruppe soll lediglich dazu instrumentalisiert werden, mein Blog zum Schweigen zu bringen. Die Sprechblasen-Befüller, welche bei Ihnen ihre Dreizeiler zum Tango veröffentlichen, tun dies in der Mehrzahl auf vielen Facebook-Seiten und in Blogs – ob öffentlich oder vertraulich, ist denen Wurst. Deren Ziel ist lediglich, meinen Widerspruch so gut es geht zu unterdrücken.

Dass Sie, liebe Dame, sich dazu hergeben, ist Ihre persönliche Tragik. Wenn Sie allerdings glauben, mich nun los zu sein, irren Sie sich gewaltig! Ich fürchte, das wird sich noch Jahre hinziehen:

Ich werde Ihre FB-Gruppe weiterhin aufmerksam verfolgen und mich immer wieder zu Wort melden, wenn ich dies für erforderlich halte. Vielleicht veröffentliche ich demnächst mal meine Liste mit den konkreten Personen, welche derzeit Ihre Attacke auf die Meinungsfreiheit unterstützen.

Das wird der Beginn einer wunderbaren Feindschaft…

Mit besten Grüßen
Gerhard Riedl

P.S. Obwohl ich sonst von Leuten, die sich bei Ihnen an den Angriffen auf mein Blog beteiligen, keine Kommentare mehr annehme, billige ich Ihnen hier gerne die Möglichkeit einer Antwort zu. Ich fürchte zwar, die werden Sie nicht nutzen, da Sie sich sonst mit Tatsachen auseinandersetzen müssten. Aber immerhin werden Sie wohl meinen Text lesen – einer Ihrer „informellen Mitarbeiter“ wird Sie sicherlich darauf aufmerksam machen…
    Foto: www.tangofish.de

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