Geschlossene Gesellschaft
Geschlossene
Gesellschaft (frz. Huis clos) ist ein Drama des französischen Schriftstellers
und Philosophen Jean-Paul Sartre. Es wurde 1944 uraufgeführt.
Der Einakter
Geschlossene Gesellschaft wird als „Drama der menschlichen Existenz“ gedeutet (…).
Die einleitenden Worte („Da sind wir also“) beschreiben die „prinzipielle
Seinslage“ des Menschen: die von Martin Heidegger so genannte „Geworfenheit“.
Es
gibt eine Tanguera, mit der ich
früher gelegentlich und recht schön getanzt habe. Seit mindestens zwei Jahren
jedoch gelingt mir keine Aufforderung
mehr.
Dabei
gehört sie nicht zu den „Unaufforderbaren“,
welche nur mit streng ausgesuchten männlichen Alphatieren das Parkett betreten, um nicht in die Gefahr des „Downdancing“ zu geraten. Hochnäsigkeit
und Arroganz sind somit nicht das Problem!
Ich könnte es auch durchaus akzeptieren, dass sie mit
ihrem jeweils aktuellen Begleiter
längelang auf der Piste unterwegs ist. Okay, wer beim Tango meint, dass die Quantität entscheidet…
Weiterhin kann sie nichts dafür, eines der auch im Tango
geläufigen „It Girls“ zu sein: Es
gibt einfach Frauen, mit denen jeder glaubt, unbedingt tanzen zu müssen. Diese rätselhafte Erscheinung ist weder
vom Alter noch den Tanzkünsten, nicht mal unbedingt vom Aussehen abhängig. Manche weibliche
Wesen haben halt das „gewisse Etwas“,
da kannst nix machen. Auch darüber habe ich ja schon geschrieben:
Was hier aber erschwerend hinzukommt: Seit längerer Zeit
ist meine Wunschkandidatin offenbar festes Mitglied eines „Tango-Stammtisches“. Wenn sich dieser in der ersten Stunde einer
Milonga allmählich sammelt, beginnt ein fröhliches Zusammenrücken: Tische werden aneinandergestellt, weitere Stühle
kommen hinzu, ankommende Mitglieder werden gleich herangewinkt. Teils sitzt man mit
dem Rücken zur Tanzfläche.
Alsbald beginnt ein fröhliches Palaver, fallweise garniert mit den von mir so geliebten spitzen
weiblichen Aufschreien bei der Erwähnung von gefühlt Witzigem. Gerade bei Live-Musikern ist dieses Phänomen
gefürchtet: Da hast du monatelang an einer zarten Tangoballade gearbeitet, welche
dir dann in einem endlosen Gegacker verhackstückt wird…
Je länger ich beim Tango bin, desto mehr zweifle ich
daran, ob für viele Milongabesucher die Musik
irgendeine tiefere Bedeutung hat.
Ich fürchte, man unterscheidet lediglich grob, ob alt oder modern, simpel oder „lieber nicht“. Anders kann ich es mir nicht erklären, warum die
Mehrzahl auch bei grenzenlos uninspirierten und langweiligen Musikprogrammen
(egal, ob nun traditionell oder zeitgenössisch) nicht auf die Barrikaden
steigt. Gar zuhören, sich einstimmen? Ach geh…
Wenn dann mitten im Gedöns eine Aufforderung kommt, steht
man halt auf und hört auf dem Weg zum Parkett kurz hin: Di-dumm, di-dumm –
alles klar! In meinen dunkleren Stunden frage ich mich manchmal, wie sich bei manchen
Menschen das Liebesleben gestaltet: „Ja, klar, Schatz, lass mich nur noch
schnell den Einkaufszettel fertig schreiben.“ Nicht nur am Morgen kann es
grauen.
Auf jeden Fall aber entsteht in solch „geschlossenen
Gesellschaften“ eine Milonga-Parallelwelt:
In regelmäßigen Abständen kommt man zusammen, plaudert angeregt und fordert
sich untereinander zum Tanzen auf. Da von außen einzubrechen ist schwierig:
Fehlen dann noch Tandas und Cortinas (bei von mir besuchten Veranstaltungen
nicht selten) kann jederzeit eine interne
Aufforderung erfolgen, während man sich gerade auf den Weg zur angestrebten
Partnerin macht. Und unser aller Heilmittel Cabeceo? Forget it: Um auf sich
aufmerksam zu machen, läge das Werfen eines mittleren Kanonenschlags deutlich
näher!
Ich unterstelle solch abgekapselten Tango-Universen gar nicht, sich absichtlich isolieren zu wollen – nein, es erscheint halt manchen als gemütlich
und vertraut, sich stets mit derselben
Gruppe zu umgeben: Was der Bauer kennt, frisst er eben auch. Das tiefer liegende Problem ist wohl, es nicht einmal für eine kürzere Zeit mit sich selber aushalten zu können – man kennt sich einfach zu wenig...
Woran es vor allem mangelt, ist soziales Gespür, das Bewusstsein, dass es sich bei einer Milonga um
ein ziemlich empfindliches Bezugsgeflecht
handelt. Keineswegs muss man jedem um den Hals fallen, aber mal den Mund halten
und stattdessen gucken wäre nicht verkehrt. Wenn Traditionalisten von der
perfekten Verständigung der Tanzenden in der Ronda schwärmen, greifen sie zu
kurz: Mir wäre die außerhalb des Parketts viel wichtiger.
Ich lasse jedenfalls die Finger von Tänzerinnen, die mich
auf einer Milonga überhaupt nicht zur
Kenntnis nehmen. Kann ja sein, dass manche meine Mimik gelegentlich als zu
ernst oder gar abweisend empfinden. Allerdings schaue ich wenigstens…
Auf solchen Tanzabenden fühle ich durchaus – im Sinne der Existenzphilosophie Martin Heideggers –
mein geschickhaftes „In der Milonga Sein“,
hier in einer Welt, die ich nicht hervorgebracht habe und mit der ich dennoch klarkommen muss.
Werde ich mit der eingangs erwähnten Dame jemals wieder
tanzen? Ich neige zu Geduld und Zuversicht: Irgendwann wird sie einmal ohne ihren Stammtisch erscheinen –
vielleicht auch, weil ihr die Typen dereinst doch auf den Senkel gehen.
Jedenfalls kann ich mich der Aussage Edmund Stoibers nicht anschließen:
„Die Lufthoheit über
den Stammtischen ist ein Gütesiegel unserer Politik."
Im
Gegenteil: Ich umfliege Stammtische
in einem weiten Bogen!
Eine bestimmte Art von „Wir-Gefühl“ liegt mir halt nicht…P.S. Und bitte nun keine Spekulationen, um welche Tänzerin es sich handelt! Ich hätte da mehrere zur Auswahl.
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