Endlich sagt’s mal einer!
Wer heute eine durchschnittliche Milonga besucht, dem wird schnell klargemacht: Auf der Piste muss Ordnung herrschen. Sonst fallen schnell Vokabeln wie „rücksichtslos“ oder „respektlos“.
In dieses Horn stößt aktuell auch wieder ein Kommentator auf Klaus Wendels Blog zu einem Artikel des Hausherrn, der sich mit den „wilden“ Tangozeiten im Berlin der 1980er Jahre befasst. Ein – bis heute – besonders extravagantes Paar stellt sicherlich „Stravaganza“ (Stephan Wiesner und Ulrike Schladebach) dar – beide sind noch heute aktiv:
https://www.stravaganza.de/tango-berlin/
In der Zuschrift heißt es:
„Allerdings scheint es so, dass es in der erwähnten ‚Gründerzeit‘ der 80er im Salon deutlich anders zugegangen zu sein als heute. Stephan erzählte einmal, dass in den Anfangszeiten im ‚Metropol‘ kein Abend verging, ohne dass mindestens zwei Paare intensiveren Kontakt mit dem Boden erlebten, was aber nicht als nachhaltiger Reputationsverlust empfunden wurde, sondern eher als ‚nature of the business‘ verstanden wurde, da es ja jeden einmal treffen würde, im Sinne von ‚cuando te toca, te toca‘.
Aha: Wenn’s dir passiert, dann passiert’s dir eben…
Sehr interessant ist Wendels Reaktion darauf, in der er betont, die Entwicklung in Berlin damals hautnah mitbekommen zu haben:
„Zu Beginn herrschte dort tatsächlich ein ziemliches Durcheinander – improvisiert wurde eher zufällig als geplant. Doch mit der Zeit entwickelte sich so etwas wie Floorcraft: eine vorsichtige Choreografie der gegenseitigen Rücksichtnahme. Der Groove wurde spürbar, die Kollisionen seltener, und es entstand ein erstaunliches Miteinander. Dafür sorgte vor allem der von Juan D. Lange geprägte Tanzstil, den viele übernahmen – elegant, musikalisch und platzsparend. Aber es war bei weitem noch nicht so organisiert, wie in heutigen Encuentros.“
„Stravaganza“ sei aber schon ein ganz spezielles Tanzpaar gewesen:
„Er und seine Partnerin Ulrike pflegten eine Vorliebe für ausladende Posen – gerne mit dem Kopf der Dame knapp über dem Boden. Das sah spektakulär aus, sorgte aber bei den Umstehenden regelmäßig für spontane Adrenalinschübe. Mal abgesehen davon, dass es seltsam aussah, dass ein Tanzpaar zur munteren Musik von Juan D’Arienzo Posen im Stillstand pflegte – musikalisch wirkte das nicht gerade. Auf einer vollen Tanzfläche war das schlicht akrobatisches Hochrisiko. Man tolerierte es, aber Beliebtheit sieht anders aus.“
Zu den „Unfällen“ liefert Wendel Informationen, die ich aus meinen Anfangszeiten voll bestätigen kann:
„Was die ‚durchschnittlich zwei Bodenkontakte pro Abend‘ betrifft: Das ist eine maßlose Übertreibung. Während meiner ganzen Zeit dort habe ich genau zwei Stürze gesehen – einen wegen eines unglücklichen Kleidverhakens bei einer Rück-Sacada und einen weiteren bei einem Vals Peruano, als jemand über einen Fuß stolperte und eine eher ungewollte Bodenfigur zeigte.“
Und auch sonst bestätigt Wendel Erfahrungen, die ich Anfang der 2000er Jahre ganz ähnlich machte:
„Natürlich
war die Atmosphäre manchmal lebhaft bis chaotisch – das Publikum war bunt
gemischt, von Anfängern bis zu Fortgeschrittenen. Aber die Mehrheit der
Tänzer:innen blieb von dramatischen Bodenkontakten verschont. Und mal ehrlich:
Eine allzu strenge Tanzpolizei hätte die improvisationsfreudige Fraktion wohl
ohnehin nur verschreckt.
Unterm Strich herrschte ein bemerkenswert hohes Maß an Toleranz – man nahm sich
gegenseitig, wie man war. Und genau das war ja vielleicht das Schönste an
dieser Zeit.“
https://www.tangocompas.co/gedanken-ueber-tango-unterricht-27-teil-a/#comments
Lieber Kollege, genauso war’s – endlich sagt’s mal einer!
Die Mär von den zahlreichen Unfällen ist eine. Ja, es ging auf vielen Pisten wilder zu – aber auch kreativer und interessanter. Niemand schloss vor dem Betreten der Tanzfläche eine Unfallversicherung ab. Stürze oder gar Verletzungen habe ich kaum einmal erlebt. Dafür aber das, was ich heute schmerzlich vermisse: abwechslungsreiche Musik und Spaß.
Ich bin Klaus Wendel dankbar für die Feststellung, dass damals ein „hohes Maß an Toleranz“ herrschte. Das kann man dem heutigen Tango wahrlich nicht nachsagen!
Warum war damals – bei dem wirklich oft wilden Getanze – der Rettungsdienst nicht Dauergast auf den Milongas?
Zu den frühen Zeiten konnte viele halt besser navigieren. Man durfte sich ja nicht darauf verlassen, dass die anderen auf vorgezeichneten Spuren im Kreis latschten: Tango-Förderschule.
Darum ging es auch auf engstem Raum unfallfrei ab – wie in der legendären Münchner Tangokneipe „Brückerl“, wo wir einige Jahre unsere Mittwochabende verbrachten – und wo wir nicht nur anderen Tanzpaaren, sondern auch der hauseigenen Schäferhündin „Pata“ ausweichen mussten, wenn sie auf dem winzigen Parkett die Hauskatzen jagte.
Navigieren lernte ich also nicht in einem Kurs, sondern bei einem Hund!
Wehmütig erinnern wir uns noch an einen Tänzer, den wir „die Fledermaus“ nannten, weil er, wie die ultraschall-orientierten Flattertiere, mit untrüglicher Sicherheit die anderen Paare umkurvte.
Ich glaube nicht, dass dieser Mann heute noch zum Tango geht…
Videos davon gibt es leider keine. Ersatzweise lassen wir noch „Stravaganza“ vortanzen:
https://www.youtube.com/watch?v=M8-p_W0shjA

Typisch: Statt sich mit dem Thema meines Textes zu befassen, redet man dumm über „Stravaganza“ daher. Ich werde auf den Mist nicht weiter eingehen.
AntwortenLöschenDas Thema Deines Textes ist schlicht zu uninteressant. Aber wenn Du magst, kann ich Dir ein paar KI-generierte Kommentare schicken, die auf den Inhalt eingehen. Wie viele dürfen es sein?
AntwortenLöschenViele Grüße
Yokoito
Ich würde es vorziehen, wenn du deine eigene Intelligenz bemühst.
LöschenAnsonsten schlage ich vor, mit meinen Texten ebenso umzugehen wie ich mit deinen: Wenn sie uninteressant sind: einfach nichts dazu schreiben!
Herr Riedl,
AntwortenLöschenmich verwundert, daß sie schreiben:
'Lieber Kollege, genauso war’s – endlich sagt’s mal einer!'
Genauso war's? Herr Wendel schrieb vom Berlin der 80er. Da waren sie definitiv nicht dabei. Oder kennen sie ihn gar von dort? Dann mal ein Foto wie ihr am Nollendorfplatz zum Tanzen wart...
Hingegen glaube ich sofort:
'Navigieren lernte ich also nicht in einem Kurs, sondern bei einem Hund!'
Hundeschule statt Tangoschule also!
Also grosses Lob für dieses Geständnis!
(Auch wenn es schon länger freimütig vermutet wurde)
Weiter so!
MfG
Hermann v. Zitzewitz
Lieber Herr von Zitzewitz,
Löschennein, ich war in den 1980er Jahren noch nicht beim Tango – erst seit 1999. Und in Berlin schon gar nicht – sonst hätte ich dieses Hobby schon längst aufgegeben oder – schlimmer noch – wäre Tangolehrer geworden.
Und Sie? Aber ich weiß, Sie haben gar keinen Tango gelernt – nicht mal von einem Hund.
Übrigens nicht „Hundeschule“ – falscher Bezug: Dort lernen Hunde, nicht Menschen.
Beste Grüße
Gerhard Riedl
P.S. Könnten Sie mal ihr grausliches Layout ändern?
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