Worüber ich nicht schreiben darf

Nicht zum ersten Mal erreichte mich gestern die Nachricht, ich möge doch bitte – oder eigentlich: gefälligst – über eine  bestimmte Person in der Tangoszene nichts mehr schreiben, sie sozusagen in Ruhe lassen.

Ich kann solche Bitten durchaus verstehen – niemand liest gerne kritische Anmerkungen zu seinen Aktivitäten. Manche wollen nicht mal von mir gelobt werden. Wenn ein solches Ansinnen dann jedoch mit der Androhung juristischer Konsequenzen garniert wird, werde ich schlagartig holzig: Das hat nämlich mit einem freundlichen Wunsch nichts mehr zu tun!

Was man da rechtlich durchsetzen möchte, ist mir nicht klar. Noch gilt bei uns der Artikel 5(1) des Grundgesetzes: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_5.html 

Oder – in der Version von Harald Schmidt„Wer im Fernsehen die Rübe raushält, ist fällig.“ (…) Es ist der Zweck von Satire, Leuten auf die Füße zu treten.“

https://milongafuehrer.blogspot.com/2025/01/harald-schmidt-und-das-beledigtsein.html

Das Schlüsselwort lautet öffentlich". Wer keinen Widerspruch aushält, kann den Zugang auf Freunde oder die Familie beschränken. (Na gut, auch bei der Verwandtschaft könnten sich bereits Probleme ergeben...)

Wie liberal bei uns die Gerichte über dieses Grundrecht urteilen, habe ich erst neulich in einem Beitrag über den Komiker Sebastian Hotz berichtet:

https://milongafuehrer.blogspot.com/2025/07/freispruch-fur-el-hotzo.html

Und auch Harald Schmidt hat sich schon heftige Dinger geleistet. 1996 frage er in seiner Show, was die queer lebende (sagt man so?) Moderatorin Bettina Böttinger, eine Flasche Eierlikör und die Zeitschrift „Emma“ gemeinsam hätten. Antwort: „Kein Mann würde sie anfassen“.

https://www.t-online.de/unterhaltung/stars/id_100268882/-koelner-treff-bettina-boettinger-rechnet-mit-raab-und-harald-schmidt-ab.html

Auch das Verfahren gegen den Satiriker Jan Böhmermann wegen seines heftigen Erdogan-Gedichts stellte die Staatsanwaltschaft ein.

https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%B6hmermann-Aff%C3%A4re

Verglichen damit bin ich wirklich ein beleidigungstechnischer Waisenknabe! Solche Ausfälle hätte ich nie gewagt – nicht nur wegen der juristischen Risiken. Ich finde, es reicht doch, jemandem sprachlich geschickt und genussvoll auf die Zehen zu treten. Das Bein darf aber dranbleiben!

Dass meine Kritiker teilweise mit der Sense unterwegs sind, ist deren Sache.

Als 2010 der damals hoch geschätzte Blogger Cassiel einen Verriss meines Tangobuches veröffentlichte, erntete er als Lohn eine Fülle von Abwertungen und Beschimpfungen gegen mich und mein Buch, die heute noch auf seinem Blog nachzulesen sind. Ich kann es meiner Tangofreundin Manuela Bößel nicht genug danken, dass sie mir damals – als „Digital Native“ – eine Facebookseite und später ein Blog einrichtete, in dem ich die ganzen Sprüche über mich zitierte und durch den Kakao zog.

Das passte den Herrschaften ganz und gar nicht – man wollte ja spotten, aber nicht selber veralbert werden! So entstand die Idee der Tango-Satire. Inzwischen bin ich  wenn man Kritikern vertraut – zum gefährlichsten Menschen in der Tangoszene geworden. Die Befürchtung ist, man könnte mir glauben. Wäre natürlich eine grobe „Geschäftsschädigung“...

In den ersten Jahren ging es auf meiner Internet-Präsenz sehr viel um den Blogger Cassiel. Klar, er hatte mir ja genügend Material geliefert. Aber die Themen änderten sich immer wieder: Mal war es die Veranstalterin und DJane Theresa Faus, die Putziges bot, mal die Münchner Tangoszene und ihre Streitereien, aber auch Melina Sedó, die Corona-Krise oder meine Liebe zur Musik Piazzollas sorgten immer wieder für Schwerpunkte (siehe Blog-Sidebar links).

Das „Geheimnis“ meines Schreibens ist sehr einfach: Ich habe keine Ahnung, was als Nächstes kommt! Und ich hätte nie gedacht, dass es so viel wird. Ich warte einfach auf die nächste Muse, die mich küsst (oder an den Haaren zieht). Es muss auch nicht immer Tango sein – was manche ebenfalls skandalös finden, andere dagegen für die besseren Texte halten.

Ich habe schon viele Ratschläge bekommen, wie ich „eigentlich“ zu bloggen hätte. Mein Erfolg beruht vielleicht darauf, keinen davon befolgt zu haben.

Wie wird sich meine Seite weiterentwickeln? Als „Sesselfurzer am Bloggerbildschirm“ (aktuelle Charakterisierung) habe ich keine Ahnung. Ich weiß nur: Sie wird sich nie endlos mit einer speziellen Person, einem einzelnen Thema befassen. So wichtig können beide nicht sein. Aber wer dann, statt mal über sich selber zu schmunzeln, cholerisch lospoltert, bewirbt sich für die nächste Satire!

Nur – und nun muss ich doch noch kurz ernst werden: Meint man wirklich, ein Verbot aussprechen zu können, mit wem oder was ich mich befasse? Dann könnte man in der Tangoszene gleich Formulare verteilen:

„Sehr geehrter Herr Ried(e)l,

hiermit untersage ich Ihnen, sich in Ihren Artikeln mit meiner Person und meinem Wirken zu befassen. Ich habe das Recht, meinen Stuss zu veröffentlichen, ohne dass mir jemand widerspricht oder gar Scherze darüber macht.

Hochachtungsvoll…“

(Keine Erfindung - ein ähnliches Ansinnen wurde mir schon vor längerer Zeit präsentiert!) 

Klar, man darf weder beleidigenverleumden noch übel nachreden – und der Schutz der Privatsphäre ist zu beachten. Wer darüber eine juristische Auseinandersetzung wünscht, kann sie haben.

Weitergehende Ansprüche bitte ich beispielsweise in der Türkei oder Russland zu verfolgen. Hierzulande gibt es aber noch die liberalste Verfassung, die Deutschland je hatte. Führend in der Welt. Und die gilt – Neuigkeit – auch im Tango!

Wer auf den Abschlusswitz warten sollte: Was haben ein Tangolehrer, die BILD-Zeitung und eine Flasche Eierlikör… Doch lassen wir das!   

Als Gag dafür ein Musikbeispiel, mit dem ein Tangolehrer nach eigenen Angaben zu Beginn der ersten Kursstunde die Lernenden konfrontiert. Muss man sich dann noch über irgendwas wundern?

https://www.youtube.com/watch?v=N6Q0sDFMjro

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