Was mich am Tango fasziniert
Heute Morgen stieß ich bei der Durchsicht alter Artikel (die offenbar weiterhin gelesen werden) auf zwei Tanzvideos, die mir wieder einmal zeigten, warum ich Tango tanze – und wieso es mir in der heutigen Szene immer schwerer fällt.
Das eine Beispiel zeigt ein Paar, das ich sogar einmal live bewundern durfte – und aus meiner Faszination wurde damals sogar ein eigener Text:
https://milongafuehrer.blogspot.com/2018/12/home-of-champions.html
Es geht um Anna Yarigo und Angel Fabian Coria. Im folgenden Video zeigen die beiden eindrucksvoll, was man auch aus den alten EdO-Titeln herausholen kann:
Sie beginnen mit der gut abgehangenen Di Sarli-Grütze „Soñemos“ („Lass uns träumen“). Die tänzerische Interpretation aber liegt jenseits majestätischen Rumgeschleiches. Es folgt D’Arienzos „El puntazo“ („Der Dolchstoß“). Die fetzige Rhythmik ist genau das, was die beiden brauchen! Auch bei Biagis „Duerme mi niña“ („Schlaf, mein Mädchen“) ist an Pennen nicht zu denken.
Und die abschließende „Milonga del recuerdo“ („Milonga der Erinnerung“) von D’Arienzo ist für beide die Gelegenheit, nun endgültig die Sau rauszulassen. So viel abgefeimten Spaß sehe ich nur bei wenigen Showtänzen!
Bei 8:45 kriegt Coria von seiner Partnerin sogar einen Tritt in den Hintern, von dem er wohl echt überrascht ist. Doch seine Revanche kommt postwendend bei 9:00. Herrlich!
Na gut, man muss solche Gags ebenso wenig mögen wie das Kleid der Tänzerin. Was mich aber damals und auch heute wieder umhaut: Mit welcher Freude, welcher Energie agieren die beiden!
Hier geht es zu dieser mitreißenden Show. Viel Vergnügen!
https://www.youtube.com/watch?v=U2RgLoNPO8o
Wer wissen will, warum ich Tango tanze, kann es an solchen Beispielen sehen.
Als Kontrast eine Tanzvorführung, die ich ebenfalls schon einmal besprochen habe:
https://milongafuehrer.blogspot.com/2022/08/viel-wind-und-wendel.html
https://www.youtube.com/watch?v=RcDaHZWiYQo
Nun ist es nicht zu kritisieren, dass deutsche Tanzlehrer technisch nicht das hinbekommen, was internationale Showtänzer schaffen. Es geht mir aber um den Ansatz, die Ausstrahlung einer Vorführung. Während Coria und Yarigo glaubhaft vermitteln, beim Tango gehe es ihnen um Spaß, ist es hier die urdeutsche Demonstration des Vorgeschriebenen. Das kann man respektieren, vielleicht sogar bestaunen. Die Seele berührt es nicht. Jedenfalls nicht meine.
Kurz gesagt: Die einen tanzen, weil sie es dürfen – die anderen, weil sie es müssen.
Als ich mit dem Tango anfing, agierten viele so, dass man ihnen die Freude an dieser Beschäftigung ansah. Man konnte Experimentelles und Abgedrehtes, ja Verrücktes erleben, individuelle Stile. Heute herrscht auf dem Parkett Konformität, die Angst, anders zu tanzen als die anderen. Was davon ist den Ursprüngen des Tango näher?
Stellt man dann – so wie ich – eigene Tanzvideos ins Netz, schlägt einem möglicherweise der nackte Hass entgegen. Und man wird beschimpft, weil man sich weigert, an „Zwangsfortbildungen“ teilzunehmen.
Ist das der Tango, den wir wollen?
Auf Milongas bin ich heute nur noch selten anzutreffen. Das hat nicht nur mit meinen gesundheitlichen Einschränkungen zu tun. Aber warum soll ich mir zwei Stunden Autofahrt antun, um dann die kümmerlichen Reste dessen zu erleben, was mich einst faszinierte?
Da liegt das Pörnbacher Wohnzimmer näher – und glücklicherweise kenne ich noch einige, die sich den Spaß an „verrückter“ Musik und Tanz erhalten haben.
Und die mit mir das erleben, was Tango einmal für uns war.
Klaus Wendel hat nun, wie nicht anders zu erwarten, eine Replik zu diesem Artikel verfasst. Das ist völlig in Ordnung. Auch, dass er sagt, er habe seine „Bühnenkarriere“ schon Ende der 1980er Jahre beendet. Er halte seinen Tango „für nicht besonders mitreißend“. Da sind wir uns einig.
AntwortenLöschenDass ihm mein Tanzen nicht gefällt, hat er vielfach kundgetan. Über unser „berühmtes“ Tanzvideo wollte er sogar eine fundierte Kritik schreiben. Die ist bis heute ausgeblieben – bis auf etliche herabsetzende Sprüche in diversen Artikeln und Kommentaren.
Über dieses Video ist in all den Jahren immer wieder, auch von anderen, in einer Weise hergezogen worden, dass ich heute keiner Frau mehr raten würde, mit mir ein solches Bilddokument aufzunehmen. Warum soll sie sich öffentlichem Gegeifer aussetzen, das in Wahrheit einem missliebigen Autor gilt?
Ich verkläre argentinische Paare nicht „zum Maß aller Dinge“. Habe ich noch nie getan. Viele von ihnen tanzen heute langweilig wie hundert Meter Feldweg. Meine Bewunderung gilt genau diesen beiden, deren Tanz mir ewig im Gedächtnis bleiben wird.
Mir ging es nicht um tanztechnische Details, weil die einem normalen Publikum egal sind, sondern um die Ausstrahlung. Mag ja sein, dass auch Wendel „Freude“ an seinem Tanz hatte – er konnte sie aber gut verbergen. Und er überschätzt die technischen Aspekte gegenüber der künstlerischen Ausstrahlung, die den Großteil des Erfolgs beim Publikum ausmacht.
Wenn der Kollege meinen Artikel für „bösartig“ hält, sollte er sich mal durchlesen, was er schon alles über mich geschrieben hat – und zwar stets von der Warte des „Experten“, dem zu widersprechen als ungehörig gilt.
Und diese Art des Umgangs ermutigt natürlich Pappnasen aller Couleur, auf meinem Blog eine Beschimpfung nach der anderen zu hinterlassen, so dass ich immer wieder gezwungen bin, die Kommentarfunktion einzuschränken. Verantwortungsgefühl kann ich da bei ihm nicht entdecken.
Thema meines Textes war auch der Schmerz, wie man den Tango, der mich einst faszinierte, heute zugrunde gerichtet hat. Daran sind auch Leute beteiligt, die vom hohen Ross der Expertise Andersdenkenden bescheinigen, sie hätten keine Ahnung vom Tango.
Wenn Wendel weiterhin auf dieser Klaviatur spielt, wird er noch viel Spaß haben. Zumindest damit.
Quelle: https://www.tangocompas.co/riedls-revanche-der-taenzerische-hintern-tritt/
In seinem jüngsten Kommentar nennt Wendel mich einen „musikalischen Analphabeten“. Na gut – wenigstens kann ich Eigennamen richtig abschreiben…
AntwortenLöschenDas sei ja das Fatale, wenn Tango-Halbwissen öffentlich werde, „und viele Idioten hinterherlaufen“.
Nett, wie er meine Leserinnen und Leser tituliert!
Dazu passt ein Zitat aus einem meiner früheren Artikel:
„Wie sind nun Leute gestrickt, welche mir dringend persönlich mitteilen müssen, welchen Müll ich schreibe?
Ich glaube, dass es sich bei den Urhebern oft um sehr einsame Menschen handelt, was nicht bedeuten muss, dass sie allein leben. Aber sie leiden vermutlich daran, dass ihre Genialität nicht erkannt wird, sie mit ihren Ansichten im realen Dasein öfters schlecht angekommen sind. (…)
Das muss die Welt nun büßen! Stellvertretend suchen sie sich Opfer, welche sich in ihren Augen viel zu wichtig machen – und (aus ihrer Sicht) damit auch noch Erfolg haben. Das muss unter allen Umständen verhindert werden!
Daher tun sie alles, um die Objekte ihres Zorns zu diskreditieren: Es kann doch nicht sein, dass die Menschheit auf einen solchen Blender hereinfällt! Daher fühlen sie sich als moralische Vollstrecker in geradezu göttlicher Mission.
Besonders tragisch geraten wütende Attacken bejahrter Tangovertreter, welche ersichtlich darunter leiden, dass ihre Verdienste um unseren Tanz zu wenig gewürdigt werden, sie vielleicht sogar in Vergessenheit geraten. Für ihren Frust diene ich dann als Ersatzobjekt.
Was ganz typisch ist: Zwischentöne oder gar Buntheit existieren nicht – die Welt ist schwarz und weiß, schon Grau wirkt verdächtig. Was diese Herrschaften verkünden, sind niemals subjektive Ansichten, sondern TATSACHEN. Und die können nur richtig oder falsch sein. Verhandlungen oder gar Kompromisse kommen ihnen stets suspekt vor.
Ich fürchte, solche Menschen sind völlig empathiefrei. Ein Gespür dafür, den Gesprächspartner mit einem Minimum an Respekt zu behandeln, fehlt völlig. Da wird vom ersten Satz an geholzt, dass die Spreißel fliegen. Einzig Selbstmitleid ist im Überschuss vorhanden. Daher empfinden sie jede Kritik an ihren Ansichten als ‚Beleidigung‘.“
https://diemagiedesgr.blogspot.com/2022/08/regen-bringt-nicht-immer-segen.html
Auf Wendels Seite schreibt nun der Blogger Yokoito alias Wolfgang Balzer:
AntwortenLöschen„Ich versuche mir lieber nicht vorzustellen, was Gerhard aus der ‚gut abgehangenen DiSarli-Grütze‘ machen würde – das könnte man wahrscheinlich zum optischen Waterboarding benutzen.“
Also zur optischen Folter. Sehr nett!
Das schreibt jemand, der Jahre brauchte, um sich überhaupt zu trauen, mal im Internet seinen wahren Namen zu nennen. Wie er selber tanzt, wissen wir bis heute nicht.
Wahrscheinlich ist das gut so…
Herr Riedl hat das genau richtig erkannt: Was Anna Yarigo und Angel Fabian Coria dort zeigen ist Showtanz und hat mit dem Tanzen im Tango Salon eigentlich überhaupt nichts zu tun. Nun erlebe ich immer wieder wie bei Milongas auf voller Tanzfläche Paare sich als Showtänzer versuchen und die einfachsten Regeln einer Milonga nicht befolgen. Nicht nur dass die egoistischen Tanzversuche oft einfach nur lächerlich wirken, sie behindern andere Tanzpaare erheblich und erhöhen die Verletzungsgefahr. So ein Tanzverhalten hat mit Tanz nichts zu tun und ist einfach nur rücksichtslos. Ihre Pseudoshowtanzeinlagen sollten solche Paare nicht bei öffentlichen Tango Salons ausleben.
AntwortenLöschenLieber Herr Pentzek,
Löschenschön, dass Ihnen mein Artikel die Gelegenheit verschafft hat, Ihre eigentliche Botschaft loszuwerden!
Im Gegensatz zu Mountainbiking, Drachenfliegen und Tauchen stellt Tangotanzen wirklich eine extrem gefährliche Tätigkeit dar.
Glücklicherweise habe ich eine private Unfall- und Haftpflichtversicherung. Ich kann niemandem raten, ohne diesen Versicherungsschutz eine Milonga zu besuchen.
Bei unseren Wohnzimmer-Milongas war der Rettungsdienst praktisch Dauergast.
Passen Sie gut auf sich auf!
Beste Grüße
Gerhard Riedl