Die etwas anderen Lehrer

Die Berliner Tangolehrer Susanne Opitz und Rafael Busch waren schon zweimal Gegenstand meiner Betrachtungen. Einmal habe ich die Videoaufzeichnung von Teilen einer Unterrichtsstunde besprochen, die mir nicht so gefiel – was mir ziemlich viele kritische Kommentare einbrachte (wenngleich nicht immer zu diesem Thema):

https://milongafuehrer.blogspot.com/2022/05/walzer-aus-dem-stand.html

Im anderen Fall war es die Aufzeichnung einer Fernsehsendung, die eher ihre private Situation beleuchtete: Wie bei Tangolehrerpaaren nicht selten hielt die Beziehung dem Beruf nicht stand:

https://milongafuehrer.blogspot.com/2024/05/tango-essen-liebe-auf.html

Zu diesem Artikel gab es keine einzige Wortmeldung. Wahrscheinlich war die Realität zu desillusionierend.

Inzwischen sind die beiden zwar noch Geschäftspartner, nicht aber ein privates Paar.

Busch und Opitz unterrichten seit 1994 Tango. Zu ihrem Beruf kamen sie durch den damals in der Hauptstadt grassierenden Tango-Hype – eigentlich ohne dass sie es bewusst planten. Inzwischen leiten sie die bekannte Kreuzberger Tangoschule „Tangotanzen macht schön“, in der neben ihnen fast ein Dutzend Kolleginnen und Kollegen unterrichtet.

https://tangotanzenmachtschoen.de/

Anlässlich des Besuchs einer Unterrichtsveranstaltung in Berlin hat nun der Wiener Podcaster Heinz Duschanek ein Gespräch mit dem Tangolehrerpaar aufgezeichnet. Im Gegensatz zu früheren Produktionen kann ich den Beitrag wirklich sehr empfehlen. Opitz und Busch beeindrucken durch eine sehr nüchterne Selbstsicht ohne die branchenüblichen Allüren. Ich habe daher einige bemerkenswerte Zitate zusammengestellt.

Zu seiner beruflichen Rolle sagt Rafael Busch:

„Jeder kann ja nur geben, was er hat. Keiner kann alles bedienen. Diese Idee, dass man als Lehrer ‚eigene Schüler‘ hat – absurd! (…) Und wenn das nicht passt, haben wir die Leute auch immer ermutigt: Dann geht doch vielleicht dahin oder dorthin! Ich glaube, dass dieses Gefühl, dass die Schüler bei uns wissen, dass sie die Freiheit haben, sich selber zu entwickeln, auch vielleicht in eine Richtung, die ich gar nicht geben kann oder gar nicht gut finde, das gefällt denen – das ist ein freies Lernfeld. Und ich jetzt als Lehrer stelle mich auch nicht über die Schüler, sondern ich bin eher auf Augenhöhe, und ich versuche, hilfreich zu sein.“

Früher sei eher vermittelt worden: „Das ist alles Schrott – und nun macht’s mal wie ich. (…) Ob das jetzt Tango ist oder nicht – diese ganzen Diskussionen sparen wir uns. (…) Soll ich mich auf den Berg stellen und sagen: ‚Ich bin der Beste – und zu den anderen geht ihr nicht‘“?

Heinz Duschanek berichtet aus Wien, dort gebe es Tangoschulen, wo die Lernenden meinten, mit den Leuten aus anderen Instituten könne man nicht tanzen, weil die es ja nicht beherrschten!

Susanne Opitz sagt dazu: „Das halten wir für sehr gefährlich, sowas zu machen. Leute, die glauben, sie hätten verstanden, was der Tango ist, und andere wissen es nicht, die reden über sich und nicht über den Tango, glaube ich.“

Ihr Partner fügt hinzu: „Wir sind ja alle einzigartig, unverwechselbare Menschen, und deswegen ist unser Tango ja auch unterschiedlich. Und mit dieser Unterschiedlichkeit positiv umzugehen gehört für mich ehrlich gesagt zum Erwachsenwerden dazu. Und andere schlecht zu machen ist für mich eher ein kindisches Verhalten, wo jemand eigentlich unsicher ist und sich nicht anders zu helfen weiß. Und das gibt’s natürlich in der Tangowelt – aber wozu führt es? Es ist wie im Sandkasten, wo man dann Sand schmeißt, weil der andere im gleichen Spielfeld ist: ‚Geh aus meinem Sandkasten raus, weil du machst die falschen Sandburgen!‘ Das ist doch kindisch, und ich will eigentlich mit Erwachsenen zusammenarbeiten.“

Das ist fein beobachtet!

Ich gestehe ganz offen: Wäre ich noch jünger und könnte mir weite Reisen zumuten, würde ich mal einige Unterrichtsstunden bei den beiden buchen. Schon um zu sehen, wie nahe sich Idee und Wirklichkeit kommen.

Auf jeden Fall empfehle ich, sich die Stunde Podcast zu gönnen – man kann so einiges über den Tango lernen, das man anderswo kaum hört!

Quelle: https://cabeceo.at/episoden/episode-31-rafael-susanne-wie-schoen-macht-tango-tanzen/

Und natürlich soll das Paar nun noch vortanzen – zu moderner Musik:


https://www.youtube.com/watch?v=871M2So5GXc

Kommentare

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