An alle Tango-DJs
Betrifft: Tanzbarkeit der Werke von Astor Piazzolla
Nach einer wissenschaftlichen Untersuchung von Dr. h.c. (humoris causa) Jochen Lüders steht nun musikhistorisch fest:
Der Komponist wollte gar keine Tanzmusik schreiben, sondern Stücke für ein Konzertpublikum. Nach eindeutigen Zitaten von ihm und aus seiner Umgebung war es seine Absicht, die Leute sollten (oder dürften) nicht zu seiner Musik tanzen… oder sie sollten es nicht, oder er hat jedenfalls nicht mehr auf Milongas gespielt, hat sich aber gewundert, dass dennoch viele dazu tanzten… oder so. Ist ja auch Wurscht!
Sekundärliteratur:
https://jochenlueders.de/?p=16464
https://milongafuehrer.blogspot.com/2023/10/luders-und-die-zitaten-schlacht.html
Anfragen aus dem Publikum nach gelegentlichem Auflegen von Piazzolla-Titeln sind also folgendermaßen zu bescheiden:
„Piazzolla hat verboten, zu seinen Stücken zu tanzen – und daran halte ich mich! Basta!
Keinesfalls ist als Begründung auszuführen, man spiele solche Aufnahmen nicht, weil man sonst die ganzen Tradi-Kasper an der Backe hat, die vor dem Mischpult randalieren. Und man dann Schiss hat, auf einer Schwarzen Liste zu landen und alle Gigs zu verlieren. Natürlich, weil die erdrückende Mehrzahl der heutigen Tangogäste nach jahrelanger Konditionierung auf Förderschul-Tangos tänzerisch völlig überfordert wäre.
Dieser Aspekt hat aber weitreichende Folgen für das Auflegen der bislang erlaubten EdO-Aufnahmen:
Hinfort ist bei all diesen Schöpfungen durch musikhistorische Zitate zu belegen, ob
· der Komponist
· der Texter
· das ausführende Ensemble
· die Plattenfirma
die Absicht hatte, das Werk als Tanzmusik in Umlauf zu bringen.
Nötigenfalls wird Dr. Lüders hierzu gerne sein umfangreiches Archiv zur Verfügung stellen. Da er besonders auf Neotangos spezialisiert ist, wird er sicherlich auch in diesem Bereich eruieren können, ob die entsprechende Band ihr Stück auf Tanzveranstaltungen oder lediglich auf Konzerten oder als reine Studio-Produktion publiziert hat. Auch dies ist durch genaue Zitate oder andere Quellen zu belegen.
Dies könnte gerade im traditionellen Bereich zu einer Verengung des Musikangebots führen. Wir weisen aber darauf hin, dass man gerade in dieser Szene sehr gerne zu oft gehörten Aufnahmen tanzt, und es daher vielleicht sogar zu einer Zunahme der Besucherzahlen kommen könnte.
Das entsprechende Quellenmaterial ist beim Auflegen mitzuführen und auf Wunsch dem Publikum zur Einsicht vorzulegen.
gez. GEMA (Gesellschaft für musikalische Auflegerechte)
Illustration: www.tangofish.de |
In einem Kommentar zu seinem Artikel schreibt Jochen Lüders nun:
AntwortenLöschen„Als erstes müssen wir uns darüber einig sein, über welchen Piazzolla wir überhaupt sprechen.“
Aha, es gibt also verschiedene Piazzollas. Da wären wir schon einen Schritt weiter. Weiter heißt es:
„Wenn ich eine Piazzolla Tanda auflege, dann spiele ich immer ‚Tango Apasionado‘, ‚Libertango‘ und ‚Oblivion‘."
Abgesehen davon, dass ich ganz selten dieselben Tandas öfter auflege: Nach meinen Erfahrungen gibt es eine Fülle von Piazzolla-Titeln, zu denen man sehr schön tanzen kann. Und besonders schwierig finde ich das nicht. Zudem interpretieren viele Tanzende die alten Aufnahmen auch nicht besser.
Zur Info ein Artikel von mir, in dem ich eine ganze Reihe von Piazzolla-Stücken vorgestellt habe, die tänzerisch keine Überforderung sein sollten:
https://milongafuehrer.blogspot.com/2018/12/jede-menge-piazzolla.html
Lüders schreibt: „Auf einer Milonga habe ich , wenn getanzt werden sollte, auch noch nie ein anderes Stück gehört.“ Na ja, da hat er wohl die falschen Veranstaltungen besucht – nach Pörnbach hatten wir ihn ja vergeblich eingeladen!
Es gibt von mir sogar ein Video zu schön tanzbaren Piazzolla-Stücken.. In der Beschreibung auf YouTube sind die besprochenen neun Titel verlinkt.
https://www.youtube.com/watch?v=9SaG7yLklng&t=8s
Ich werde nun auf meinem Blog eine neue Reihe beginnen: „Piazzolla zum Tanzen“. Wöchentlich werde ich dazu ein Stück vorstellen. Seien Sie gespannt!