Aufforderungs-Tipps aus der Jetztzeit
Nach über neun Jahren Bloggen glaubt man manchmal, schon jeden Kram gelesen zu haben, der hinsichtlich der „Tango-Rituale“ veröffentlicht wurde. Aber man wird immer wieder eines Besseren belehrt.
So schrieb jüngst auf der Facebook-Seite von Olli Eyding der Tango-Sachkundige André Dino Deutsch:
„Es gibt ´nen Tangokodex, und jemanden einfach anlabern ist einfach voll daneben. Denn dann muss ich ihr direkt NEIN sagen. Und das möchte ich gerne vermeiden. Wenn sich eine Dame oder ein Herr über diesen Kodex besseren Wissens hinwegsetzt, SELBER SCHULD! Es gibt aber viele Wege, jemand Unbekanntes auf sich aufmerksam zu machen. Zum Beispiel, wenn ich jemanden an der Bar anspreche oder mich neben die Person setze und ein Gespräch anfange. Dann erhöhen sich die Chancen, dass man sich nett findet und mal tanzt.“
Vielleicht findet man sogar einander nett...
Tatsächlich habe ich dieses Verhalten schon häufig beobachtet. Weil es mit dem Cabeceo doch nicht so klappt wie in der Theorie, pflanzt man sich schließlich unaufgefordert (!) neben das Opfer seiner Wahl und textet es so lange zu, bis der oder dem Armen nichts anderes übrigbleibt, als mit dieser Person eine Runde zu drehen.
Ich empfinde dieses „Anlabern“ als wesentlich übergriffiger als einfach hinzugehen und freundlich um einen Tanz zu bitten.
Dem auf praktisch allen Sachgebieten kundigen Joachim Beck stieß das ebenfalls sauer auf:
„Merkwürdig, was ist daran voll daneben? Bei allen anderen Tanz-Veranstaltungen – außer Tango und Salsa – klappt das doch wunderbar.“
Während sich die Herren dann noch ein wenig weiterkloppten, kam ich ins Grübeln: Gibt es bei der Salsa auch irgendwelche strengen Aufforderungs-Riten? Das hatte ich anders in Erinnerung:
https://milongafuehrer.blogspot.com/2016/08/salsa-tango-ohne-krampf.html
Meine nochmaligen Recherchen ergaben: Nein, in der Salsa-Szene geht es ultimativ locker zu. Wie fordert man als Mann richtig auf?
„Wenn Du bereits mit der Einstellung auf eine Frau zugehst: ‚Sicher sagt sie sowieso nein‘, wirkst Du nicht überzeugend und selbstbewusst. Damit Dir das nicht passiert, hier ein paar statistische Daten zu Deiner Motivation: Statistisch gesehen lehnen weniger als 30% Frauen eine Aufforderung zum Tanzen ab.
Der Grund? Meist gibt es weniger männliche Tänzer als Damen. Frauen gehen zum Salsa, um dort zu tanzen und den Alltag ein wenig hinter sich zu lassen. Darum freuen sich Frauen meist über jede Aufforderung, die ihnen dazu Gelegenheit gibt.
Zum Auffordern einer Frau ist es völlig ausreichend, ihr die Hand hinzuhalten und freundlich zu lächeln. Wenn Du unbedingt etwas sagen möchtest, wähle kurze Sätze wie ‚Tanzen?‘, ‚Magst du tanzen?‘, ‚Lust auf einen Tanz?‘ oder ähnliches. (…)
Auch wichtig zu wissen: Jeder Mann und jede Frau hat beim Salsa bereits einmal eine Ablehnung erhalten. Wir alle gehören also auch mal zu den 30 %! Manchmal passt es einfach gerade in dem Moment nicht. Kein Grund also, den Kopf hängen zu lassen!
Frage niemals nach, warum sie nicht möchte. Ein Nein in der Salsa-Szene hat einfach keine Bedeutung. Sag‘ einfach höflich ‚Schönen Abend noch!‘ oder ‚Ok!‘ und gehe weiter. Warum? Weil es Dir nichts ausmachen darf. Sogar die besten und attraktivsten Tänzer bekommen ab und zu ein ‚Nein‘ zu hören.“
https://www.salsaland.de/in-drei-schritten-forderst-du-als-mann-richtig-auf/
Und wie kann man als Frau erreichen, aufgefordert zu werden?
„Der Mann muss erkennen, dass Du aufgefordert werden willst.
Und das geht am einfachsten, wenn Du Dich an den Rand der Tanzfläche stellst und Dich zur Musik auf der Stelle oder im Grundschritt bewegst. So signalisierst Du: ‚Hey, ich bin in Tanzlaune, ich mag die Musik, aber mir fehlt noch ein Tanzpartner!‘ Jetzt musst Du nur noch freundlich schauen und kurz abwarten, bis der erste Mann Dich entdeckt.
Nicht mit der Freundin oder Clique quatschen. (…)
Wenn du dich den ganzen Abend unterhältst, weil Du darauf wartest, dass man dich auffordert, wirst du leider länger warten müssen, als Dir lieb ist. Männer denken nämlich anders. Sie denken: ‚Ich störe lieber nicht mitten im Gespräch.‘ – und suchen sich prompt eine andere Tanzpartnerin.
Räume jedem Mann eine Chance ein!
Egal, ob er Dir am Anfang sympathisch ist oder nicht: Wenn Dich ein Mann zum Tanzen auffordert, sag‘ einfach mal ‚ja‘. Erstens kann Dich der Tanz eventuell positiv überraschen – denn nicht jeder tolle Mann wird Dich auf den ersten Blick überzeugen. Und zweitens sehen Dich die anderen Männer tanzen – so verlieren viele sehr wahrscheinlich ihre Angst, Dich ebenfalls aufzufordern.“
https://www.salsaland.de/so-wirst-du-als-frau-beim-salsa-immer-aufgefordert/
Ganze 19 Tipps für Frauen, aufgefordert zu werden, findet man in der folgenden Quelle. Ganz allgemein gelte:
„Bei Tanzevents fühlen sich Männer zu den Frauen hingezogen, die einfach zu erreichen scheinen. Eine Frau muss nicht die beste Tänzerin sein, die Jüngste oder die Schönste. Jede Frau kann mehr Aufforderungen zum Tanz erhalten, indem sie sich einfach erreichbarer darstellt.“
Ein sehr interessanter Rat ist der folgende:
„Fragt den Mann nie, ob er tanzen möchte! Ganz genau, sagt niemals zu einem Mann ‚Möchtest du tanzen?‘ (…) Wenn Ihr ihn fragt, muss er sofort
antworten. Es ist vielleicht überrascht, dass ihn eine Frau fragt,
vielleicht fängt er an zu stottern, und das ist ihm peinlich. (…)
Sagt dem Mann, dass Ihr mit ihm tanzen wollt! Sagt einfach ‚Ich möchte
mit dir tanzen”. Nur das, mit genau diesen Worten. (…) Außerdem, unter den
richtigen Umständen, genießen es viele Männer sogar, für eine verlangende Frau bereitzustehen. Um Euch also attraktiver zu machen, sagt
den Männern einfach, was Ihr möchtet. Dann ist es am Mann, tätig zu
werden.“
https://salsanena.at/wp-content/uploads/2019/05/Tipps-f%C3%BCr-Se%C3%B1oritas.pdf
Ich finde es schon einmal sehr entspannend, dass bei der Salsa niemand von einem „Kodex“ spricht und den auch noch pseudo-moralisch garniert. Und die veröffentlichten Tipps klingen für mich grundvernünftig, locker und zeitgemäß.
Gelegentlich hat sogar Joachim Beck recht, wenn er schreibt:
„Ich hab das schon beim Tanzkurs im Gymnasium gelernt. Hingehen, freundlich lächeln und zum Tanz bitten. Bloß weil argentinische ‚Machos‘ vor 100 Jahren nicht mit einem öffentlich sichtbaren ‚Korb‘ klargekommen sind, müssen wir uns im Jahr 2023 da immer noch dran halten? Nö, warum?“
Auf meine Einwände reagierte André Dino Deutsch damit, persönlich zu werden:
„Du kannst offensichtlich nicht lesen.“
Ja, so ist das im Tango: Achtsamkeits-Mimikry auf er Verhaltens-Basis von Vorstadtflegeln…
Meiner Beobachtung nach sind alle weltweit verbreiteten Paartänze in der Jetztzeit angekommen – musikalisch und was die Gepflogenheiten betrifft. Bis auf den Tango – ein trauriger Rekord.
Das Studium von Salsa-Foren zeigte mir, dass man auch dort Probleme hat – vor allem, was die Cliquenbildung betrifft. Es dominieren aber die konstruktiven und positiven Beiträge.
Ein Tänzer schrieb:
„Ich gebe niemals einen Korb.
Und wenn sie doppelt so alt wie ich, fett und hässlich ist und noch dazu nicht
tanzen kann, selbst dann gebe ich keinen Korb. Mindestens ein Tanz ist immer
drin.
Warum? Weil ich keinen Social Dance mitmache, nur um Weiber aufzureißen.
Häufig sind mir die langjährigen super erfahrenen Tänzerinnen sehr viel mehr
zuwider. Na klar, mit denen funktioniert jede tolle Figur. Aber zu häufig haben
gerade die Frauen ein krasses ‚bitchy resting face‘ (übersetzt:
‚zickiges Ruhegesicht“‘), und das zerstört mir allen Spaß am SOCIAL dancing
Von daher, wenn eine Frau mit mir tanzen möchte, dann reicht schon ein Lächeln.
Den Rest übernehme ich.“
https://www.salsaland.de/in-drei-schritten-forderst-du-als-mann-richtig-auf/
Der Kommentar könnte von mir sein…
Und hier nochmal eine kurze Zusammenfassung:
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