Von Saunas, Tango und anderem Klebrigem

 

Kürzlich entdeckte ich auf Facebook einen Text, in dem es um sowohl um die Tango-Umarmung als auch die Sauna ging – temperaturmäßig ja oft durchaus ähnlich. Unter dem Titel DAS SPA UND DER TANGO: EINE MORALISCHE HERAUSFORDERUNG“ berichtet uns die Autorin über ihre Erlebnisse beim Besuch eines Thermalbads. Für sie jedenfalls, so ihr Bekenntnis, sei es „völlig normal, im Saunabereich nackt zu sein“. Da lesen wir doch gerne weiter!

Daher sei sie überrascht gewesen, dass die Leute nach dem Saunagang in ihrer Badebekleidung in das kalte Tauchbecken stiegen. Ich übersetze:

„Dann saß ich nackt in der finnischen Sauna und erntete erstaunte Blicke von den anderen Saunagängern, die alle in Badekleidung waren. Andere Leute, die in die Sauna wollten, sahen mich und schlossen die Tür wieder, von außen, wohlgemerkt. An der Saunatür standen jedoch die Saunaregeln, die besagten, dass man die Sauna nicht mit Badekleidung betreten darf (vielleicht kann man normale Kleidung anziehen). Einige der Bikinis, welche die Frauen im Saunabereich trugen, waren extrem knapp und sexy. Für mich gibt es keinen großen Unterschied zwischen dem und Nacktheit. Ich denke eher, dass ein Mikro-Bikini mehr Aufmerksamkeit erregt als natürliche Nacktheit. Ich frage mich also, warum. Warum tragen Frauen und Männer in der Sauna Badekleidung, obwohl es gegen die Vorschriften verstößt und unhygienisch ist? Aus moralischen Gründen?“

Hier dränge sich der Vergleich mit dem Tango auf, „wo eine enge Umarmung, bei der sich die Paare vom Becken bis zur Brust berühren, von einigen Tänzern, Führenden wie Folgenden, als unanständig und vielleicht unmoralisch angesehen wird. Sogar eine beachtliche Anzahl sehr junger Tangotänzer scheint so zu denken. Ich persönlich mag sowohl die enge als auch die offene Umarmung und vor allem den fließenden Übergang zwischen beiden.“

Daher:

„Beide Tanzhaltungen haben ihren Reiz sowie vor allem ihren Zweck und ihre Funktionalität, um Bewegungen ohne Einschränkungen tanzen zu können. Warum also gibt es diese künstlich auferlegten Einschränkungen wie ‚keine Nacktheit in der Sauna‘ und ‚keine enge Umarmung‘?“

Natürlich wolle sie keine Gefühle anderer verletzen – dennoch stelle sich für sie die Frage:

„Macht es mich zu einem moralischen Menschen, wenn ich mit drei winzigen Stofffetzen in die Sauna gehe? Macht es mich zu einem moralischen Menschen, wenn ich nur in offener Umarmung tanze?“

Quelle:

https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=pfbid0212N9piG9dSt18aH19x9Kb8b4fRYzwZMx3ZhMyhpUuCDk584Lqmxda2eWZ334MHBml&id=100082602423015

Ich wüsste nun nicht, dass man bei unserem Tanz die enge Umarmung als „unmoralisch“ bezeichnet hätte. Im Gegenteil: Gerade im konservativen Tango gilt sie geradezu als Pflicht sowie Glücksverheißung.

https://milongafuehrer.blogspot.com/2023/12/der-abrazo-und-die-kuschel-lyrik.html

Auffallen könnte höchstens, wer in weiterem Abstand tanzt oder diese Haltung fallweise auflöst. Dann ist es nicht mehr weit bis zur Diagnose „Neotango“ – igitt!

Wer also aneinander gepappt tanzen will, hat meinen vollen Segen – so lange man es mir nicht aufzwingt. Ebenso, wer im tangotypischen Alter nackend durchs Thermalbad hüpfen möchte. Für mich ist das keine Frage der Moral, sondern höchstens der Ästhetik. Und auf dem Parkett: der Bewegungsfreiheit.

Ich habe es längst aufgegeben, über die Motive zu sinnieren, warum Frauen mittleren Alters sich in geschlitzten Tango-Flatterkleidchen oder gar knappen Bikinis präsentieren und nehme die Begründung zur Kenntnis, dass sie sich damit nur selber zu gefallen wünschen. Ich hoffe, mit Erfolg.

Persönlich empfinde ich keinen Reiz dabei, wenn schweißnasse Stirnen aneinanderkleben oder ich mit der Nase in weiblichen Frisuren an meine Studienzeiten im Institut für Organische Chemie erinnert werde. Auch nicht bei Showtänzerinnen, die zu tranigen Klängen ihren XXL-Hintern im Lurex-Fummel präsentieren. Wenn ich mich dagegen durch Harmonien Astor Piazzollas bewege, kann ich richtig wuschig werden. So verschieden sind halt die Geschmäcker!

Daher meide ich sowohl Saunas als auch vollgestopfte Tanzflächen bei Festivals aller Art. Ihren Zweck erfüllen beide: Bereits beim Gedanken daran bricht mir der Schweiß aus.

Und was die Moral betrifft, bleibt mir der nüchterne Blick: Dem Reinen ist bekanntlich alles rein, und dem Schweinen alles Schwein.

Ich denke, darauf könnten wir uns verständigen!

Illustration:www.tangofish.de

 

Kommentare

Hinweis zum Kommentieren:

Bitte geben Sie im Kommentar Ihren vollen (und wahren) Namen an und beziehen Sie sich ausschließlich auf den Inhalt des jeweiligen Artikels. Unterlassen Sie herabsetzende persönliche Angriffe, gegen wen auch immer. Beiträge, welche diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden – ohne Löschungsvermerk – nicht hochgeladen.
Sie können mir Ihre Anmerkungen gerne auch per Mail schicken: mamuta-kg(at)web.de – ich stelle sie dann für Sie ein.