Als der Heilige Geist nach Barbing kam


„Im Neuen Testament wird in der Apostelgeschichte erzählt, dass der Heilige Geist auf die Apostel und Jünger herabkam, als sie zum jüdischen Fest Schawuot (τὴν ἡμέραν τῆς πεντηκοστῆς ‚zum 50. Tag‘) in Jerusalem versammelt waren (Apg 2,1–41 EU). Dieses Datum wird in der christlichen Tradition auch als Gründung der Kirche verstanden. Als christliches Fest wird Pfingsten erstmals im Jahr 130 erwähnt.“

Jüngst habe ich von einem bemerkenswerten Tangoereignis an Pfingsten berichtet:

Da mir zunächst allein die Facebook-Ankündigung bekannt war, konnte ich nur vermuten, dass es sich um die öffentliche Abschluss-Milonga eines kasernierten Tangowochenendes handelte. Weitere Recherchen haben dies inzwischen bestätigt.

Um die „aus aller Welt“ angereisten Encuentro-Besucher nicht zu molestieren, musste man den Text der Einladung etwas harscher formulieren, was möglicherweise den einen oder anderen Interessenten aus der lokalen Szene abgeschreckt haben könnte. Und leider kam meine Übertragung ins „Schnodderdeutsch“ zu spät…

Heute früh nun fand ich ein öffentliches Video des Ereignisses, und ich muss schon jetzt dem Filmer und seinen Komparsen herzlich danken: You made my day – ich hab Tränen gelacht! Allen Lesern sei geraten, sich das Dingens möglich bald anzusehen – erfahrungsgemäß verschwinden solche Zeugnisse edlen Tangoschaffens schnell wieder aus dem Netz, wenn ich ihnen eine pubertäre Besprechung widme!

Im Einzelnen:

Was die Schönheiten Regensburgs (bis 2:17) mit dem Spartanz-Festival zu tun haben, erschließt sich mir nur bedingt. Das Ganze fand in Barbing, einer Gemeinde am östlichen Stadtrand Regensburgs mit ca. 5400 Einwohnern statt – und bei der Endlos-EdO-Druckbetankung über Pfingsten dürfte es kaum jemand in die Innenstadt der Oberpfälzer Metropole geschafft haben.

Aber immerhin trugen die Gäste Bändchen (z.B. 5:35) – sollte also jemand von ihnen in verwirrtem Zustand in der bierreichen Innenstadt aufgegriffen worden sein, waren Zuordnung und geordnete Rückführung jederzeit möglich!

Die teilweise nachsynchroniserte Musik bewies meinen schon lang gehegten Verdacht: Es wird weitgehend nur ein Stück gespielt. Die mit dem Titel „Hit the road Jack“ angedeutete Modernität dürfte sich daher auf die Cortinas beschränkt haben.

Dennoch hatte man 8 DJs fürs Event verpflichtet – und klar ziehen in der deutschen Szene aus- oder noch besser südländische Namen am meisten: Fresedo (?) Gabbo, Ricardo Peixoto, Alan Spotti, Gianni Panichi, Angelo Briccone und Irina Zoueva. Gaby Guthmann schließlich kommt wenigstens noch aus dem deutsch-französischen Grenzgebiet – da schaut Wolfgang Weuste als einziger lupenreiner Teutone schon etwas sparsam aus dem geblümten Hemd (8:23). Einer der Herren hat sogar einen (nicht allzu großen) Koffer mit „Tango Secrets“ dabei wahrscheinlich mit seinen Datensticks (8:12).

Eindrucksvoll wie immer die verklärten Mienen, welche – wie bei jeder Sekte – eine innere Erleuchtung widerspiegeln, manchmal gepaart mit der Tragik, welche der Tango halt mit sich bringt (ab 2:30).

Die Szene auf der „Wachtelbank“ belegt es eindeutig: Damen ohne die Trias Kleidchen, Röckchen, Schühchen (3:33) haben wohl keinen Zutritt. Trotz des meist fortgeschrittenen Alters gibt es kein Essen auf Rädern, aber immerhin auf Knien (ab 3:35) – und schon der gastronomische Laufschritt sagt dem Kenner: Wir befinden uns nicht in Regensburg! Auch der Organisator hat es nicht nur wichtig, sondern auch eilig – wobei er allerdings statt einer Tango-Schönen lediglich seine Aktenmappe umarmt (3:58), aber Opfer müssen halt sein…

Zu den strengen Códigos muss man wissen, dass Hardcore-Traditionalistinnen ziemlich spitze Ellbogen haben, welche sie – selbst auf dem Parkett – gefährlich ausfahren (z.B. 2:59). Da ist absolute Disziplin vonnöten!

Da ist es völlig verständlich, dass angeblich aus Veranstalterkreisen verlautete, von den Regensburger Tänzern könne kaum einer auf diesem Niveau mithalten. Das kann ich selber nur bestätigen: Allenfalls mit über zwei Promille und auf dem Rücken gefesselten Händen wäre ich selber in der Lage, solch Schniegel-Schrittelein zu vollführen!

Das Wichtigste aber: Kommerziell war es wohl ein großer Erfolg, und daher freuen wir uns in der Pörnbacher Beobachtungsstation für geschützte (und beringte) Tangovögel auf die nächste „Noche de Pasión“ (vielleicht dann mit Akzent auf dem „o“ – klingt spanischer).

Schließlich sammelte in Barbing bereits Kaiser Friedrich Barbarossa sintemalen sein Heer für einen Kreuzzug. Das macht Mut! Und schon diesmal war es uns vergönnt, die Flämmchen über den Häuptern der Erleuchteten zu bewundern. Gerade beim hohen Katholikenanteil in der Oberpfalz dürfte daher der Heilige Geist, wenn nicht schon vorhanden, spätestens an diesen Pfingsttagen dort niedergegangen sein. Und ein Niedergang des Geistes ist ja für solche Treffen Bedingung…

Und weil ich grade nichts gegen meine postpubertäre Stimmung ausrichten kann – ein schönes Werbebild fürs nächste Encuentro böte sich im Video bei 8:39 an:

„Edle Blümelein wachsen auch auf kargen Wiesen."

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