Liebes Tagebuch… 55
Wie schrieb gerade ein Diskutant auf meiner Lieblings-Facebookseite „Tango München?“
„Jede, wirklich jede
Diskussion im Tangokontext im Netz gipfelt am Ende in eine Cabeceo Debatte.“
Tja, mein Lieber, jetzt müssen wir nur noch
herauskriegen, warum, gell?
Sicherlich deshalb, weil diese Art der Aufforderung derartig unproblematisch ist und somit ihren Siegeszug durch den weltweiten Paartanz beinahe vollendet
hat. Ob Salsa, Swing, Lindyhop, Standard, Latein oder oft sogar Tango: Die
Augeneinladung funktioniert völlig unabhängig von Licht- und Sehverhältnissen,
Wetterlage oder Mondphase und sorgt zuverlässig dafür, dass auch unbekannte
weibliche Gäste sich vor Blicken kaum retten können…
Die minimalen
Probleme, welche hier und da noch angesprochen werden, könnte eine
Cabeceo-Variante lösen, die ich seit einiger Zeit auf einer lokalen Milonga
beobachte: der Büfettceo!
In einer Ecke des Tanzsaals steht ein Tisch mit einem Büfett – es gibt Getränke und kleine
Knabbereien. Dessen Umgebung ist recht bevölkert, während die Stühle auf der
gegenüberliegenden Seite fast leer bleiben.
Auffallend ist nun, dass sich die Damen nach fast jeder Tanzrunde zur Essensseite begeben, um sich eine kleine Portion in den Mund zu
schieben oder einen Schluck zu trinken. Die Herren folgen ihnen in gewissem Abstand, nehmen jedoch kaum Nahrung
oder Flüssigkeit auf. Die Tangueras sind zu Beginn der neuen Tanda fertig mit
Runterschlucken und drehen sich zum Parkett hin um, wodurch meist der nächste
Tänzer schon vor ihnen steht und sie auf die Fläche geleitet.
Den Nachteil, dass die Frauen allzu sehr ins Kalorienplus rutschen und dann (nach Eckart von Hirschhausen) so aussehen,
wie Gott sie schuf und das Fingerfood sie formte, sehe ich kaum. Auch bei
manchen Vogelarten ist deutlich die Ritualisierung
dieses Verhaltens erkennbar – sprich: Statt Futter wird lediglich ein unverdaulicher Gegenstand wie ein
Stöckchen oder Stein überreicht – oft auch nur noch ein wenig geschnäbelt. Und
gerade bei der üblichen Qualität des
Nahrungsangebots im Tango dürfte alsbald zu erwarten sein, dass die
Tänzerinnen nur noch so tun, als ob sie äßen. Vielleicht beteiligen sich die
Herren ja bald an dieser Pantomime,
indem sie die Bestie mit fiktiven Häppchen füttern.
Daher ein heißer Tipp für alleinige sowie unbekannte Tänzerinnen: Das funktioniert ebenso umgekehrt - auch Männer müssen mal was essen oder trinken!
Ich gebe gerne zu: Der eigentliche Blickkontakt gerät beim „Büfettceo“ ein wenig in den Hintergrund. Dafür arbeitet diese Aufforderungsweise mit archetypischen Grundbedürfnissen: Fressen, Saufen und Sex. Und den gebrochenen Blick des Panthers im Käfig hat ja Rainer Maria Rilke schon trefflich beschrieben:
Ich gebe gerne zu: Der eigentliche Blickkontakt gerät beim „Büfettceo“ ein wenig in den Hintergrund. Dafür arbeitet diese Aufforderungsweise mit archetypischen Grundbedürfnissen: Fressen, Saufen und Sex. Und den gebrochenen Blick des Panthers im Käfig hat ja Rainer Maria Rilke schon trefflich beschrieben:
Also, meine Damen, Sie haben doch schon bisher stark
bezweifelt, dass Männer Ihnen am liebsten in die Augen schauen? Da gibt es doch viel lohnendere maskuline Ziele!
Marlene Dietrich, in
diesen Fragen wahrhaft sachkundig, hat dies einmal so formuliert:
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