Multiorlachmuss



Er hat mich einiger Fäden des frömmsten Geifers gewürdigt
und sein geweihtes Pfui über mein Werkchen ausgespuckt.
Georg Christoph Lichtenberg

Man sollte sich nie zu früh über Lob freuen: Am 5.12.16 schrieb der journalistische Tangokollege Thomas Kröter zur Ankündigung der neuen Auflage meines „Milonga-Führers“ unter anderem:
wenns den münchner im himmel, pardon, den pörnbacher auf der tangoerde nicht gäbe – man müsste ihn erfinden (auf seiner website hat er den dienstmann alois wunderbar tangifiziert). selbst dort, wo er (aus meiner sicht) daneben haut, trifft gerhard r. ins schwarze, weil er die oft so falsche harmonie unserer kleinen tangowelt aufmischt, dass es kracht & stinkt. weiter so!“   

Dieser Facebook-Eintrag erweckte dann leider jemand, welchem mein Werk nun so gar nicht in den Kram passte! Der Hannoveraner Reinhard Lootz kommentierte sofort wie folgt:
Ich habe mich damals über das Geschenk des Buches (zweite Auflage) sehr gefreut. Die Ernüchterung kam nach den ersten etwa 80 Seiten Abrechnung mit den Kritikern und ich dachte nur, wann geht es endlich los mit Inhalt. Die Selbstbeweihräucherung hörte aber nicht auf und so kämpfte ich mich durch ein Buch voller Polemik und eines Autors, der sich und seine Meinungen ganz toll findet, aber es nicht versteht, mich als Leser zu fesseln. Ein furchtbares Buch.“
(Anmerkung: Gemeint ist wohl die 1. Auflage von 2013.)

Immerhin beschäftigt sich der Herr ebenfalls mit Musik – auf seiner Facebook-Seite klingt das so:
„DJ MATU – Veranstaltungen aller Art
Geburtstage, Hochzeiten, Silberhochzeiten, Familienfeiern
Musik nach Vereinbarung“
Wie man weiter sehen kann, hat der Schreiber seine Aktivitäten inzwischen von Silberhochzeiten auf Milongas ausgedehnt (ist ja heute kein weiter Schritt) – selbstredend, ganz im Stil der Zeit, mit traditioneller Beschallung.

Seltsamerweise erschien kurz darauf eine Rezension meines Buches auf „Amazon“, diesmal unter dem Pseudonym „Englischfan“ (als dessen Wohnort ist ebenfalls Hannover angegeben):

„Sehr enttäuschend!
Wenn man dieses Buch sieht, freut man sich auf eine humorige Auseinandersetzung mit dem Thema Tango Argentino, aber man erwartet auch, dass einem viel über den Tango Argentino und das Drumherum vermittelt wird. Der Autor beschäftigt sich allerdings auf den ersten 44 Seiten seines Buches mit seinen Kritikern, die sein Buch nicht mögen. Das will ich als Leser, der sich informieren will über den Tango, gar nicht wissen! Der Autor mag keine traditionelle Tangomusik, war noch nie in Buenos Aires (bloß nicht hinfahren!) und Unterricht ist in der Regel überflüssig, Das Ganze wird in einer sehr subjektiven Polemik präsentiert, die es einem wirklich schwer macht, das Buch komplett zu lesen. Stundenlang wird die steile Karriere des ehemaligen Standard- und Lateintänzers beschrieben, der sich, obwohl er Tanzlehrer nicht sonderlich mag, dazu hinreißen lässt, stundenlang Tanzschritte und Figuren zu beschreiben! Das Langweiligste Kapitel, kurz nach der Präsentation der eigenen Plattensammlung. Es ist mit Abstand das schlechteste Buch, das ich je gelesen habe. Aber auf dem deutschen Markt gibt es ja nicht viel. Mit der Realität auf deutschen Tangotanzflächen hat das Buch jedoch nicht viel zu tun. Überwiegend wird traditionell in Deutschland getanzt und mit Blickkontakt aufgefordert. Wer sich wirklich objektiv informieren sollte und an Tangomusik interessiert ist, ist mit diesem Buch schlecht beraten. Null Sterne kann man leider nicht vergeben.“
Daher also ein Stern (die schlechteste Bewertung)!

Gleich für den Anwalt von Herrn Lootz: Natürlich habe ich keine Beweise dafür, dass die beiden Personen identisch sind, daher behaupte ich es auch nicht. Zumindest ist dies aber ein seltsamer Zufall – daher behaupte ich ebenso wenig, dass die beiden Schreiber nicht eine Person sind…

Musikalisch interessiert jedenfalls ist auch „Englischfan“: Bei „Amazon“ hat er die beiden CDs „Ballermann Hits 2009“ und „Ballermann Hits 2011“ besprochen – ebenfalls mit jeweils der schlechtesten Wertung. Grund ist nicht die Musikrichtung, sondern, dass sie zu wenig neue Hits enthielten.

Die Rezension meines Buches führte zu einem munteren Kommentar-Dialog auf „Amazon“, den ich auszugsweise wiedergebe:

Gerhard Riedl: Lesen ist halt ein Problem, Zählen auch: Humor‘ war nicht versprochen - laut Untertitel ist das Buch satirisch-amüsant‘ gemeint, und mit meinen Kritikern beschäftige ich mich anfangs bis Seite 19 (in der Neuauflage bis Seite 21) - zieht man Titelblätter, Impressum, Inhaltsverzeichnis und Vorwort ab, also auf genau 11 Seiten (ebenso in der Neuauflage).
Und ich mag keine traditionelle Tangomusik? Wie erklären Sie es sich dann, dass von den zirka 200 von mir vorgestellten Tangotiteln zirka 85 Prozent vor 1950 geschrieben wurden? Ich erlaube mir allerdings, für musikalische Vielfalt zu plädieren.
Ansonsten müssten Sie sich halt entscheiden: Wollen Sie, dass Ihnen ‚viel über den Tango Argentino und das Drumherum vermittelt wird‘? Wieso finden Sie dann die Kapitel über Tanztechnik oder CD-Empfehlungen langweilig?
Die Bedeutung Ihrer Feststellung, dies sei das mit Abstand schlechteste Buch, welches Sie je gelesen hätten, kann ich leider nicht ermessen, da mir die Relation zur Gesamtzahl nicht bekannt ist.“

Englischfan: „Offenbar kennen Sie Ihr eigenes Buch nicht und können nicht mit Kritik umgehen. (…) Das ist keine Satire mehr, das ist einfach nur peinlich und zeugt davon, dass Sie offenbar sehr egozentrisch sind. (…) ‚Lesen ist halt ein Problem‘: Es kommt wohl selten vor, dass ein Autor eines Buches seine Kunden hier öffentlich beleidigt, weil sie sein Buch nicht mögen. Das sagt viel über Sie aus.“

Gerhard Riedl: Beleidigt habe ich Sie überhaupt nicht - das verwechseln Sie vielleicht damit, dass Sie beleidigt sind, wenn ich eine andere Meinung vertrete. Das muss ich Ihnen allerdings zumuten. Vokabeln wie peinlich oder egozentrisch verwenden dagegen Sie.“

Englischfan: „Übrigens ist die Kommentarfunktion für Kundendiskussionen gedacht und nicht für die Diskussion Autor Kunde. Das steht hier in den ‚Richtlinien‘. So viel zum Thema ‚Lesen können‘.“

Gerhard Riedl: „Verwechseln Sie da nicht was? Natürlich darf ich als Autor mein eigenes Buch nicht rezensieren – meines Wissens aber auf Kommentare durchaus antworten. Aber Sie können diesen ‚Verstoß‘ ja Amazon melden, nur zu!“

Tat der Angesprochene jedoch nicht, sondern – löschte kurzerhand seine Rezension (und damit auch alle Kommentare) und stellte eine neue ein:

Englischfan: „Ich war froh, als ich das Buch endlich zu Ende gelesen hatte. Der Autor schreibt langatmig, und was er für ‚satirisch-amüsant‘ hält, ringt mir nicht mal ein müdes Lächeln ab. Die ersten 22 Seiten beschäftigt er sich mit seinen Kritikern der ersten Auflage, und man fragt sich, warum sich der Autor solange damit aufhält, da man als neuer Leser sich erst mal selbst ein Bild machen will. Ich habe schon einige Literatur über den Tango Argentino gelesen, aber dieses Buch fesselt mich gar nicht. Ich würde eher 0 Sterne vergeben, aber das geht nicht. Der Autor versucht dem Leser seine Meinung über die verschiedensten Themen aufzuzwingen, indem er in der Regel alles schlecht redet, worüber man geteilter Meinung sein kann, z. B. hält er von Tanzunterricht gar nichts, schreibt aber im Gegenzug ein endloses Kapitel darüber, wie man verschiedene Schritte etc. ausführen soll (da gibt es bei youtube anschaulicheren Unterricht und in Wirklichkeit effizienteren). Leute, die andere Meinungen vertreten, bekommen eigentlich überall im Buch richtig ihr Fett ab. In Buenos Aires war er noch nie und seiner Meinung nach braucht man da nicht hinfahren....Für viele Tangotänzer ist das aber eine recht positive Erfahrung, die sie nicht missen wollen...Der Autor schafft es durch diese Art der Nichtdifferenzierung und der Scheinobjektivität nicht, mich als Leser zu überzeugen, geschweige denn zu unterhalten. Seine gerade mal 2500 Titel umfassende Sammlung von Tangos halte ich angesichts der Tatsache, dass er auch auf eigenen Tanzveranstaltungen für Tango Argentino als DJ fungiert, für amüsant, (immerhin;-)), zumal da non und neo Tangos offenbar schon mit enthalten sind. Im Grunde lässt der Autor kein gutes Haar an fast allem. ‚Amüsant-satirisch‘ würde ich eher z.B. eher Ephraim Kishon zu schreiben. Aber der Schreibstil ist nicht annähernd vergleichbar. Für meinen Geschmack enthält das Buch zu wenig lesenswerte Passagen und die schönen Aspekte, warum es sich lohnt Tango zu tanzen, kommen zu kurz. Alles in allem nicht empfehlenswert.“

Um der Löscherei zu entgehen, kündigte ich dem Kritikus an, ich werde die ganze Geschichte auf meinem Blog veröffentlichen. Das brachte ihn nun völlig in Rage – ich zitiere auschnittsweise:

Das ist schon recht perfide einen gelöschten Beitrag noch mal in einem Blog ohne Einverständnis des Autors zu veröffentlichen, aber so sind Sie eben. Nichts anderes habe ich erwartet. Das stört mich auch an Ihrer Schreibweise, sie ist nicht amüsant-satirisch sondern leider nur perfide, so dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt....Gut dass Sie es noch mal so deutlich beschreiben, wie Sie mit Kritik umgehen. (…)
Das ist perfide und könnte auch vom Stasi sein. (…) Sie machen scheinbar vor Nichts halt. Wenn Sie ein Buch schreiben, müssen Sie sich auch mit einer negativen Rezension abfinden... Wir leben zum Glück nicht in einer Diktatur ...auch wenn Sie jeden niedermachen, der nicht Ihre Meinungen teilt.“

Da halfen auch meine Hinweise auf Copyright von Pseudonymen und Zitierrecht nichts: Es musste heute nochmal gelöscht werden – selbstredend mit Upload des identischen Textes (mit neuer Überschrift).

Ich habe neulich auf meinem Blog eine Rezension des „Milonga-Führers“ veröffentlicht, bei der sich eine frühere Tangobekannte eine Riesenarbeit machte: Über Wochen hinweg schickte sie mir jeweils Teile (insgesamt über 12000 Wörter), die ich dann zusammenfügte und um die zu persönlichen Sequenzen kürzte. Die Besprechung war durchaus kritisch, aber eben sehr detailliert und faktenbezogen.

Selber habe ich bislang auf „Amazon“ 13 Bücher beurteilt (und bekam dafür insgesamt 74 Mal das Etikett „hilfreich“). Kein einziges Mal griff ich zur schlechtesten Wertung: Ich meine, es gehört zum Respekt vor der immensen Arbeit eines Autors, auch das Positive zu suchen anstatt ihn lustvoll in die Pfanne zu hauen („Null Sterne kann man leider nicht vergeben“).

Na gut, jeder, wie er mag… Aber wenn man als Begründung nur ein paar kaum recherchierte Zeilen hinrotzt, bekommt man es mit mir zu tun – auch in Zukunft, versprochen!

Inzwischen hat „Englischfan“ nun schnell noch ein anderes Tangobuch rezensiert: Michael Lavocahs „Tango-Geschichten“ – selbstredend mit  der Höchstwertung. Abschließend schreibt dort selbiger Kritiker: We need more (Triole und Pugliese gibt es ja schon ;-) als Einzelbuch...). DANKE für dieses tolle Buch.“
Kleine sachliche Korrektur: Unter einer Triole versteht man musikalisch einen Notenwert, welcher in drei Drittel unterteilt wird. Der berühmte Tangomusiker und -komponist heißt Aníbal Troilo.

Na gut, wird wahrscheinlich demnächst wieder gelöscht… lachen musste ich trotzdem!

Nachtrag

Wusst ich's doch: Inzwischen hat Englischfan" offenbar alle seine Besprechungen bei "Amazon" gelöscht - war wohl doch zu viel Peinliches dabei...

Aber, hurra, seine Rezension des Milonga-Führers" gibt es nun in der dritten Version unter neuem Pseudonym (Thomas"), aber altem Datum (10.12.16):


Was dabei herauskommen kann, darf man auf fast 400 Seiten bestaunen. Die Minderheitenmeinungen von Herrn Riedl gespickt mit dubiosen Zitaten, ohne nennenswerten Unterhaltungswert, langweilig, langatmig und anstrengend beschrieben. 1. Der Lehrer hat immer Recht 2. Wenn er nicht recht hat, siehe Punkt 1. Wer diese Philosophie mag, ist mit dem Buch gut beraten. Und wer es wagt, den guten Mann zu kritisieren, wird an den Internetpranger gestellt, ob zu Recht oder zu Unrecht, spielt da keine Rolle."

Aha, man darf also meine Bücher im Internet kritisieren – wenn ich jedoch öffentlich dazu Stellung beziehe, ist dies ein „Internetpranger“ (hoffentlich muss „Thomas“ für dieses Wort keine Lizenzgebühren an den Erfinder Cassiel bezahlen…).

Und stimmt, hätte ich vorher wissen können: Das dümmliche Klischee mit der Lehrer-Schelte hatten wir bisher noch nicht (jedenfalls, was „Thomas“ betrifft) – das musste ja noch kommen… 

P.S. Wer sich über den seltsamen Titel wundert: Er stammt ebenfalls aus einer (ehemaligen) Rezension von „Englischfan“ (über den Til Schweiger-Film „Knocking on heaven’s door“). Man gelange dort von einem Höhepunkt des Humors zum Nächsten“ (man beachte den göttlichen Deutsch-Lapsus!). Tja – den Herrn mit meinem Buch ebenso zu befriedigen ist mir leider nicht gelungen!

P.P.S. Inzwischen ist auch diese Rezension wieder verschwunden... gut, wenn man so genau weiß, was man will!

 

Kommentare

  1. Liebe Leute

    Das ist mein Kommentar zu dem unerträglichen Musik- und Tanz-Schwachsinn der EdO-Stahlhelmfraktion:

    http://acnacaustria.org/videos/#all/1/grid

    Eine Reise nach Salzburg ist ihr Geld wert und lohnt sich.

    Herzliche Grüße und einen besinnlichen Advent wünscht allen, auch den EdO-Fans, aus dem Salzkammergut
    Peter Baumgartner

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  2. Lucian Stan & Raluca Aldea - Romania

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    1. Lieber Peter,

      vielen Dank - ist ja eine hochinteressante Adresse!

      Den Titel "Convencernos" mag ich sehr gerne. Eine eigenwillige und ausdrucksstarke Interpretation! Tja, so ging's auch...

      Dir und Deiner Familie eine schöne Weihnachtszeit!

      Gerhard

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