Das Wort zum Samstag
Ich bin sehr froh, nur Tangoblogger und nicht Politiker zu sein. Immerhin erhalte ich dann Offene Briefe eher von einem Oberpfälzer Tangoveranstalter als von derzeit mehr als 37000 „Frauen und deren Unterstützer:innen auf Instagram und im gesamten Netz“ – wie unser Kanzler Friedrich Merz.
„Diese Ideale sind unser Aufruf zu Widerstand, Dialog und Veränderung“ heißt es in einer Zwischenüberschrift des Briefes.
Welche denn? Ergriffen lese ich etwas von „Gleichberechtigung, gerechter Zukunft, Respekt für alle Menschen, Chancengleichheit, Solidarität und Klimapolitik.“
Ja, prima! Und?
Mir ist nicht bekannt, dass Merz sich gegen all dies ausgesprochen hätte. Aber es fehle ihm an „Empathie, Verantwortung und Zukunftsfähigkeit“.
Okay, kann sein. Ich habe ihn auch nicht gewählt.
Nur – was hat das alles mit seinen – zugegeben ungeschickten – Feststellungen zum „Stadtbild“ zu tun? Mit dem Unwohlsein junger Frauen, wenn sie nachts Parks durchqueren oder öffentliche Verkehrsmittel benutzen müssen?
https://frauengegenmerz.de/offener-brief/
Diesen Whataboutism in Kritiken kenne ich reichlich von gewissen Kommentatoren auf meinem Blog– sie schreiben über alles Mögliche, nur nicht zum Inhalt meiner Artikel. Und klar – ich war mal „Oberlehrer“. Aber Klugscheißer gibt es in allen Berufen – und Geschlechtern.
Was finden Männer an meinen Texten korrigierens- und belehrenswert?
Beispielsweise, dass Goethe kein Hesse, sondern lediglich Frankfurter war. Und die ehemals freie Reichsstadt, so durfte ich lesen, sei ja erst 1946 von den Amis dem neuen Bundesland Hessen zugeschlagen worden. Dass es im Artikel um eine bestimmte Art von Milongas ging, stört solche Schreiber kein bisschen.
Übrigens stimmt diese Behauptung streng genommen nicht. Einen „Volksstaat Hessen" gab es bereits nach dem 1. Weltkrieg, und den Staat „Groß-Hessen" seit September 1945. 1946 erfolgte die Umbenennung zu „Hessen".
https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9F-Hessen
Mit der zentralen Aussage meines Artikels hat das alles natürlich nichts zu tun.
Von einem „Rettungshundeführer mit internat. Eisatzzertifikat für Fläche, Trümmer, Lawine und Wasser“ werde ich belehrt, dass in Hundeschulen Menschen und nicht Hunde lernten. Na ja – vielleicht weder die einen noch die anderen…
In einem anderen Kommentar kriegt meine „fehlerfrei Französisch sprechende Gattin“ einen ab.
Im Artikel ging es um die Verhältnisse in frühen Tangozeiten. Macht offenbar nichts…
https://milongafuehrer.blogspot.com/2025/10/endlich-sagts-mal-einer.html
Ein Blogger-Kollege bot mir gar „KI-generierte Kommentare“ an. Nein, danke!
Ein anderer Schreiber kommentierte ein Tanzvideo so: „Ach du Scheiße! Und das soll Tango sein? Furchtbar, schlimmer geht’s nimmer.“
Nein, echt nicht.
„glauben sie im ernst, jemand ändert den tanzstil oder den musikgeschmack nur weil sie in einem blog etwas anderes meinen und die leute heruntermachen?“ – so die Frage eines Kommentators. Nein – ich glaube nicht mal, dass die meisten dieser Meinungsinhaber tanzen können!
„hier geht es um respekt und anstand. beides haben sie nicht.“
Wahrscheinlich verbindet mich das mit unserem Kanzler…
Nein, ich muss mich korrigieren: Im Vergleich damit waren die über 37000 Unterstützerinnen des Offenen Briefs noch ziemlich nahe am Thema!
Aber ich will nicht klagen: Heute erhielt ich zwei sehr nette und konstruktive Zuschriften von Frauen – obgleich wir wohl in unseren Ansichten nicht ganz übereinstimmen.
Rühmliche Ausnahmen – zirka 95 Prozent der Zuschriften auf meinem Blog stammen von Männern. Denn selbst wenn mal kein Name genannt wird, ist der dominante Stil unverkennbar.
Fast immer geht es dann volle Kanne gegen die Person.
Von Altersweisheit ergriffen sage ich daher: Das Wahlrecht für Männer war eine Scheiß-Idee. In den meisten Staaten dieser Welt regieren männliche Politiker, die nicht selten ihre Gegnerinnen und Gegner unterdrücken, einsperren oder gar umbringen lassen. Oder zumindest mit Hetztiraden belegen. Dazu werden hehre Ziele und Glaubensvorstellungen propagiert – und es wird gelogen, dass sich die Balken biegen.
Verglichen damit ertrage ich die Unterzeichnerinnen spinniger Offener Briefe locker.
Daher heute abschließend kein Tango-Video, sondern die Vorstellung von Maria Corina Machado, einer Kämpferin für Demokratie und Menschenrechte in Venezuela. Sie erhält heuer hoch verdient den Friedensnobelpreis. Ob die im Untergrund lebende Politikerin die Auszeichnung persönlich entgegennehmen kann, ist fraglich. Sie muss sich in ihrem Heimatland im Untergrund verstecken.
https://www.youtube.com/watch?v=WLmpCK9amLI

Lieber Gerhard,
AntwortenLöschenIch versuche eine erste Antwort auf Deine Frage zu geben:
》Was finden Männer an meinen Texten korrigierens- und belehrenswert?《
Was sollen denn ein 》Eisatzzertifikat《
sein? Ein Hinweis dass Du ein Zertifikat für Sätze von dir forderst, die sich um ein Ei drehen?
Ich fürchte, dass hier wieder eine deiner orthografischen Schwächen vorliegt.
Und das ist doch wirklich korrigierenswert!
Eine weitere Rüge muss ich leider für die Aussage über ihre 》fehlerfrei Französisch sprechende Gattin《 aussprechen, denn das trifft leider nicht zu. Und von mir wurde diese Behauptung auch nicht in der entsprechenden Kommentarspalte eingestellt.
Oder sollte das eine ihrer Satiren sein?
Mit fröhlichen Grüssen aus Luxembourg
P.Paal
Das "Eisatzzertifikat" steht so wörtlich in einem Kommentar.
LöschenLieber Gerhard,
AntwortenLöschenTut mir leid, aber ich muss doch noch einmal eingreifen. Du schreibst:
"Einen „Volksstaat Hessen" gab es bereits nach dem 1. Weltkrieg."
Das ist zwar richtig, trägt aber nur zur Verwirrung bei. Dieser Volksstaat Hessen hat mit dem heutigen Hessen nichts zu tun sondern war der Nachfolger des Großherzogtums Hessen-Darmstadt - und enthielt Frankfurt dementsprechend nicht, wie auf der Karte auch gut erkennen kann:
https://de.wikipedia.org/wiki/Volksstaat_Hessen#/media/Datei:Hessen1930.png
Insofern weiterhin nein: Goethe ist nicht in Hessen aufgewachsen und sprach höchstwahrscheinlich auch kein Hessisch, sondern den Frankfurter Dialekt. Er müsste sich so ähnlich angehört haben wie die Moderatoren vom Blauen Bock.
Liebe Grüße,
Helge
Lieber Helge,
Löschenich bin wirklich schwer beeindruckt, wie viele Korrektoren täglich meine Artikel Wort für Wort durchfieseln und beim kleinsten Schnitzer sofort melden, ich läge „gründlich daneben“.
Herzlichen Dank – auf diese Weise erreichen meine Texte einen nie dagewesenen Wahrheitsgehalt!
Da schreibe ich leichtfertig von Goethe als „gebürtigen Hessen“ und erfahre nun: Nein, er war nur Frankfurter!
Aber es gibt wohl neben der räumlichen auch eine sprachliche Geografie. Für einen Bayern mutet das „Äppelwoi-Gebabbel“ halt hessisch an – so wie für Ausländer jeder Bayer ein Münchner ist und Lederhosen trägt.
Aber klar, da muss man schon genau sein – so wie im Tango überhaupt. Und das Schöne dabei: Der „Oberlehrer“ bin ausschließlich ich…
Beste Grüße
Gerhard
Lieber Gerhard,
LöschenIn diesem Fall bin ich nunmal persönlich betroffen. Mein Schwiegervater ist in Frankfurt aufgewachsen und hat häufiger davon erzählt, dass es in seiner Kindheit an der Straßenbahnlinie von Frankfurt nach Offenbach eine Haltestelle "Landesgrenze" gab.
Und wenn Du mal zuhörst, wenn sich ein Spargelbauer hier im Umfeld von Darmstadt mit einem Kunden unterhält, der hier in der Gegend aufgewachsen ist, dann merkst Du sehr schnell, dass Hessisch nichts mit dem Äppelwoi Gebabbel zu tun hat.
In diesem Sinne:
Liebe Grüße,
Helge
Lieber Helge,
Löschenich hoffe halt immer darauf, dass Leserinnen und Leser sich auf das Thema meiner Artikel beziehen.
Beste Grüße
Gerhard
Lieber Herr Riedl,
AntwortenLöschenDer wievielte Beitrag über Ihre bösen Kommentatoren ist das eigentlich schon? Nach all den Jahren scheint Sie die Kritik an Ihren Texten noch immer ebenso zu beschäftigen wie zu Beginn – nur verstanden haben Sie sie offenbar bis heute nicht. Die langen, ernstgemeinten Kommentare – zuletzt von Herrn Frieg und Herrn Büttner – haben Ihre Themenwahl und Ihren Stil treffend beschrieben.
Denn was viele Leser kritisieren, ist nicht, dass man mit Ihnen nicht einer Meinung sein dürfte, sondern dass sich Ihre Beiträge fast ausschließlich um Sie selbst drehen: um Ihre Kritiker, Ihre Position, Ihre Rolle als unermüdlicher Satiriker im Tango-Kosmos. Weltgeschehen, Politik, Tanz – alles wird bei Ihnen zur Analogie Ihres persönlichen Kleinkriegs mit der Blogwelt.
Sie schreiben oft über „die böse Tango-Welt“ und die „Unverständigen“, die Sie missverstehen. Aber wer sich selbst ständig ins Zentrum seiner Texte rückt, darf sich nicht wundern, wenn er als Person kritisiert wird.
Und wenn Sie wirklich eine inhaltliche Auseinandersetzung wünschen, dann schauen Sie ruhig einmal ein paar Jahre zurück – so etwa tausend Beiträge. Seitdem scheint sich Ihr Blog in einer Endlosschleife zu drehen.
Übrigens: Harald Schmidt, auf den Sie sich gelegentlich beziehen – der braucht für dieselbe Pointe einen Satz. Sie versuchen es seit über 2000 Beiträgen.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Siepmann
Lieber Herr Siepmann,
Löschenvielen Dank für die Mitteilung, ich hätte etwas „nicht verstanden“. Für männliche Kommentatoren ist das ein Pflicht-Baustein!
Und auch das haben Sie treffend erkannt: Die meisten meiner Beiträge sind persönlich. Blogs waren ja ursprünglich ein „Web-Log“, also ein individuelles Tagebuch.
Ja, die Kritik an meinen Artikeln beschäftigt mich. Soll sie nicht? Warum schreibt man mir dann?
Oder dienen solche Kommentare lediglich dazu, der Welt zu vermelden, wie sehr ich daneben liege? Ein tapferes Unterfangen!
Gut, man beschäftigt sich mit meiner Person, nicht mit meinen Argumenten. Kann es sein, dass Letzteres ein zu schwieriges Unterfangen wäre?
Dass Sie sich mit einem Blog beschäftigen, in dem als „Endlosschleife“ immer wieder dasselbe steht, ist ein hartes Schicksal, für das ich aber nichts kann. Ebenso wenig dafür, dass Sie sich am x-ten ähnlichen Verriss versuchen.
Und nein – ich bin kein Harald Schmidt. Und Sie kein Reich-Ranicki. Echt nicht.
Beste Grüße
Gerhard Riedl