Video: Piazzolla für Einsteiger
In ihren Musikprogrammen machen fast alle DJs bis heute einen weiten Bogen um die Stücke von Astor Piazzolla. Ich habe in vielen Artikeln immer wieder darauf hingewiesen, dass man damit einen Komponisten ignoriert, dessen Musik die Grundlage dafür gelegt hat, dass es heute überhaupt so etwas wie eine Tangoszene gibt: Ohne die mitreißenden Tangoshows der 1980-er und 90-er Jahre hätte es bei uns keine „Gründergeneration“ von Tanzenden, Tanzlehrkräften und Veranstaltern gegeben, welche heute über die Musik des Tango nuevo meist nur Abfälliges äußern.
Zu diesen „Urgesteinen“ gehört zweifellos auch der Essener Tangolehrer Klaus Wendel, der in vielen seiner Tiraden die „Publikumstauglichkeit“ des weltberühmten Komponisten für die Milongas bestreitet:
„Ein immer präsentes Thema und Trugschluss Nr.1 - das Beispiel Piazzolla. Nach jahrelangem Hin-und Her über Ihre Proklamation, dass Piazzollas Musik allgemein als publikumstaugliche Milonga-Tanzmusik tauglich sei, gelingt es Ihnen immer noch nicht, zwischen persönlichen Musikvorlieben und dem Konsens für gut tanzbare Musikstücke für eine Allgemeinheit zu unterscheiden. Sie reden ständig damit an allgemeinen Bedürfnissen des Großteils der Tangoszene vorbei.“
https://milongafuehrer.blogspot.com/2021/05/es-kreite-der-berg.html
Meine Erfahrungen sind andere: Ich habe es nur selten erlebt, dass eine Tanda Piazzolla zu einer merklichen Leerung der Tanzfläche führte. Eher stellte ich fest, dass die Leute besser tanzten als vorher. Klar: Diese Musik zwingt zum genauen Hinhören – man muss sich auf die Klänge einlassen, anstatt dumpfbackig zu monotonen, langweiligen Rhythmen einherzuschreiten.
Wenn man mir aber unterstellt, ich fordere nun, diese Musik ganz allgemein zum Tanz zu spielen, ist das purer Populismus. Es gibt Piazzolla-Kompositionen, welche ich auf einer Milonga nicht auflegen würde. Auf der anderen Seite aber existieren wunderschöne, auch rhythmisch überschaubare Titel, die zum Tanzen geradezu einladen. Und wer die inzwischen 79 Playlists auf meinem Blog ansieht, wird feststellen, dass ich meist nur eine Tanda Piazzolla auflege. Tango nuevo ist eine anregende „Farbe“ mehr im Programm – nichts weiter.
Das alles hat mich auf die Idee gebracht, in einem Video einmal ziemlich einfach zu tanzende Stücke des Komponisten vorzustellen – und dies über die sehr bekannten Titel wie „Oblivion“ hinaus: „Piazzolla für Einsteiger“ sozusagen.
Vielleicht hilft das ja dabei, Klischeevorstellungen ein wenig einzugrenzen. Ich wünsche jedenfalls viel Vergnügen beim Kennenlernen:
https://www.youtube.com/watch?v=9SaG7yLklng
P.S. Natürlich kann das mit Rücksicht auf die Länge des
Videos nur eine kleine Auswahl sein. Mehr Material finden Sie zum Beispiel
in diesem Artikel:
Hallo Gerhard,
AntwortenLöschenPiazolla ist ein genialer Komponist. Das steht hoffentlich ausser Frage.
Die Stücke, die du vorgestellt hast, sind aber trotzdem alle schön tanzbar.
Allerdings:
Einer meiner Lieblings-Tangos ist der Tango Del Diablo, komponiert von Astor Piazolla und interpretiert von Soledad: https://www.youtube.com/watch?v=EtWhA6tLi_0
Und trotzdem möchte ich ehrlich gesagt nicht dazu tanzen (was ihn in meiner Definition zu einem "untanzbaren" Tango macht). ;-)
Ciao, Robert
Lieber Robert,
Löschenklar gibt es Piazzolla-Stücke, die ich mir auch lieber im Sitzen anhöre.
Allerdings gilt das noch mehr für traditionelle Aufnahmen. Und da halte ich manche nicht mal im Sitzen aus.
Liebe Grüße
Gerhard