München muss Abstriche machen

 

Auf der FB-Seite „Tango München“ hat sich vorgestern Joachim Beck zu Wort gemeldet – nicht überraschend, versorgt dieser doch seit fast anderthalb Jahren das Netz mit seinen Pandemie-Erkenntnissen. Dabei gibt er sich durchgehend als „Corona-Jacobiner“, verbellt also jeden, den er einer zu laxen Infektionsschutz-Bereitschaft verdächtigt. Das hat letztes Jahr in dieser Facebookgruppe zu großem Getöse geführt, worauf Beck einen eigenen Account einrichtete („Tango und Corona“), der inzwischen allerdings unauffindbar ist.

Zum Nachlesen:

https://milongafuehrer.blogspot.com/2020/09/der-beck-als-gartner.html

https://milongafuehrer.blogspot.com/2020/03/zwischen-pest-und-klopapier.html

Derzeit lässt er es moderater angehen und fragt:  

„In München gilt ab heute die 3G-Regel. Zu Milongas in Innenräumen haben demnach nur Geimpfte, Genesene oder vernünftig getestete Zutritt. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 5000 Euro. Wie haben denn die TangoVeranstalter in München vor, auf diese Verordnung zu reagieren? Konkret: In welcher Form wollt Ihr das kontrollieren?“

In weiteren Beiträgen legt Beck nach:

„Es gibt den Bußgeldkatalog. Veranstalter bis 5000 Euro, Teilnehmer bis 500 Euro.“

„Ich kenne inzwischen zwei TangoTänzer, die sich bei OpenAirTango in München infiziert haben - Ja, genau da, wo mit ‚The Coronation of Tango‘ geworben wird. Das Blöde ist: Das wird nicht öffentlich, gewarnt wird niemand, nachverfolgt wird nichts, Namen bleiben natürlich geheim.“

„Ich habe in mehreren Gesprächen erfahren, dass die Veranstalter einfach glauben, dass die Gäste wegleiben bei GGG.“

„Ich gehe zur Zeit in Österreich tanzen - und ich bin nicht der Einzige. Da ist GGG schon lange Pflicht und es ist überhaupt kein Problem, niemand stört sich daran. Da wird überhaupt nicht drüber diskutiert - aber es wird kontrolliert. (…) Jeder, der kommt, sagt dem DJ persönlich Guten Tag, zeigt seinen Nachweis und der DJ kontrolliert das.“

„Die meisten Leute sind verantwortungsbewusst und halten sich an die Maßnahmen, lassen sich impfen und nehmen Rücksicht. Es gibt Einige, die sagen: Was soll's ich bin ja nicht aufgefordert worden, also kann ich ungeimpft, ungetestet, ohne Abstand zur Milonga gehen.“

Um es gleich zu sagen: Obwohl die Münchner Tangoveranstalter diese FB-Gruppe sehr gern zur Werbung verwenden, gehen sie bei diesem Thema erwartungsgemäß auf Tauchstation. Eine konkrete Antwort hat Beck bislang nicht erhalten, dafür aber Zuspruch von vielen Tango-Kunden. In anderen Szenen, so der Eindruck, nimmt man die Auflagen oft ernster als in der Isar-Metropole.

Ein Kommentator berichtet von „sehr unterschiedlichen Kontrollen (von gar nicht, über schriftliche Adressangabe und Luca-App bis streng - d.h. ohne Nachweis kein Zutritt)“.

 „Bei einem Marathon in Lettland hab ich das auch so erlebt. Jeder musste Zertifikat und Pass vorlegen - die Getesteten sogar mehrfach weil der Test nicht für 3 Tage gültig war.“

Einer äußert die Vermutung:

„Angesichts der Quote der Geimpften bei den Veranstaltungen würde ich sogar davon ausgehen, dass mit wirklich strikten Kontrollen mehr Leute kommen. Das muss sich natürlich rumsprechen.“

Ich kann dem nur zustimmen: Das Gros der Milongabesucher ist nicht nur sehr vernünftig, sondern inzwischen auch geimpft – so man das wollte. Und auch ich kenne Veranstalter, welche ihre Verantwortung wirklich ernst nehmen und deren Events ich gerne besuche. Nach München zieht es mich nicht, obwohl es sicher auch dort Organisatoren gibt, welche nach den Bestimmungen kontrollieren.

Einer davon, Christian Seyb vom „El Duende“, hat das groß und breit auf seiner Website angegeben, was Joachim Beck übersah. Solche schlampigen Recherchen beeinträchtigen die Glaubwürdigkeit leider erheblich. Vor allem, wenn man sich nicht dafür entschuldigt.

Dennoch meine ich, die Mehrheit der Tangoveranstalter behindert mal wieder ihr Opportunismus. Wie bei der Musikauswahl und den „traditionellen“ Tangoregeln lässt man sich von einigen Querulanten beeindrucken, statt konsequent die eigene Linie zu verfolgen, weil man fürchtet, sonst Besucher zu verlieren. Ich würde mich eher darum kümmern, neue Kunden zu gewinnen!

Ich teile auch die Einschätzung, dass es kaum Tangoleute geben dürfte, die Corona-Bestätigungen fälschen. Nach § 267 StGB kann es für Urkundenfälschung bis zu 5 Jahre Haft geben, in schweren Fällen maximal 10 Jahre. Viel aussichtsreicher dürfte es sein, sich Veranstalter zu suchen, welche im Zweifel nicht nur ein Auge zudrücken.

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__267.html

Ziemlich gruselig fällt die (auf Englisch geführte) Debatte mit dem Münchner Tangolehrer Oscar Busso aus: Der fragt Beck zunächst, woher er denn konkret von Infektionen beim Tango wisse.

Beck antwortet, das sei unmöglich zu beweisen, aber: „Es ist eine Überraschung, Oscar, dass gerade du diese Frage stellst. Sei ehrlich, du kennst selbst Leute in München, die sich beim Tango mit Covid19 infiziert haben. Und du respektierst, dass sie es nicht öffentlich machen wollen.“

Busso bestreitet das und lässt eine mühsam kaschierte Drohung folgen:

Nicht ich, einige Leute aus der Justiz, der Schulmedizin und den Menschenrechten versichern uns: Es ist nicht einmal sicher, dass sich in naher Zukunft nicht vieles ändern wird in der Ordnung des Rechts und der Menschenrechte (…) Wer sich entschieden hat, nicht wirklich hundert Prozent der anderen zu respektieren, die frei über sich selbst entscheiden, könnte auch ernsthafte rechtliche Probleme bekommen, nicht heute, aber vielleicht in einigen Monaten oder ein paar Jahren.“

O je, das klingt schon ein wenig nach der großen Abrechnung, wenn dann Merkel, Spahn & Co. vors Kriegsgericht müssen… Aber so wolle er nicht verstanden werden, so der Tangolehrer auf Nachfrage: Deutschland sei schließlich keine Diktatur.

Beck hat wohl dennoch Recht, wenn er solche Äußerungen „demaskierend“ nennt.

https://www.facebook.com/groups/tangomuenchen

Insgesamt freut es mich, dass es diesmal bei diesem kontroversen Thema selbst auf Facebook keine wüste Klopperei gibt wie in früheren Zeiten. Ob dies nur an der Corona-Müdigkeit liegt oder doch einen langfristigen Zuwachs an Vernunft bedeutet, wird die Zukunft zeigen.

Es wäre zu wünschen, dass auch die Tangoveranstalter endlich aus der Ackerfurche kommen und in den sozialen Medien deutlich ihre Einstellung nicht nur zu diesem Problem verdeutlichen. Ich glaube, das würde ihnen auf die Dauer mehr Gäste bringen als dieses ängstliche Versteckspiel.

So lange dies unterbleibt, kann ich nur daran erinnern, dass auch beim Tango der Kunde König ist oder es jedenfalls sein sollte. Klare Nachfragen, wie man es denn mit dem Infektionsschutz halte, sind keine Majestätsbeleidigung.

Wer sich dem verweigert, muss halt Abstriche anderer Art hinnehmen…

Quelle: https://www.facebook.com/groups/tangomuenchen


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