Die Quertänzer drohen mit Ausstand

 

Ich habe bereits über den Münchner Autor und Tangolehrer Ralf Sartori berichtet, der sich auf seiner Facebook-Seite wegen seiner Impf-Skepsis ziemlich heftig mit Gegnern gekloppt hat. Inzwischen werden seine Thesen immer steiler, sodass man ihn wohl zu den Vertretern des „Quertangos“ rechnen muss.

http://milongafuehrer.blogspot.com/2021/07/sartori-und-das-schlumpfen.html

Am 7.8.21 beantwortet er dort nun Fragen, wieso er momentan noch keine Milongas veranstalte, wobei er andersartige Entscheidungen von Veranstaltern für „3G“-Events durchaus respektiere:

„Ganz einfach, weil ich nicht bereit bin, Teil dieses immer mehr um sich greifenden Apartheits-Systems zu werden, in dem Grundrechte willkürlich, mit open end, und fortschreitend von der Politik relativiert, ausgehebelt, und zur Verhandlungsmasse erklärt, Menschen damit erpresst werden, sich diese fragwürdigen Impfungen verabreichen zu lassen, nur um nicht noch weiter, und immer mehr noch von der gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen zu werden, an die ebenfalls zahllose autonome wirtschaftliche Existenzen gebunden sind.

Schon gar nicht sei er bereit, auf seinen Milongas dann noch die Einhaltung von Regeln zu kontrollieren, hinter denen er nicht stehe. Gerne beantworte er Kommentare – aber nur, wenn sie inhaltlich begründet, in sich konsistent, sowie von Respekt gegenüber einer anderen Meinung getragen sind“. Um es vorwegzunehmen: Das ist ihm nicht ganz gelungen.

Selbst wenn ich den Text nicht erst heute entdeckt hätte, wäre es mir nicht in den Sinn gekommen, darauf zu antworten. So what? Gut, Herr Sartori veranstaltet derzeit noch keine Tangotanzabende. Nach meinen Erfahrungen ist der Ausfall von Milongas gerade im Großraum München oft eher zu begrüßen als das Gegenteil. Das sehen aber nicht alle so – sage und schreibe 166 Kommentare hat die Veröffentlichung bislang erhalten.

Dabei kann ich sachliche Korrekturen wie die von Theresa Faus noch verstehen: In Bayern seien öffentliche „3G-Milongas“ laut behördlicher Vorgaben eh kein Thema – die „Infektionsschutzverordnung für Kontaktsport“ sehe lediglich Lüftungs- und Abstandsregeln vor, welche im Tango schlecht einzuhalten seien.

Zunächst wird ausführlich der Begriff „Apartheit“ durchdiskutiert. Schon dabei fallen Ausdrücke wie „demagogische Rhetorik“, „unreflektierte Unverschämtheit“, „Dummheit“, „willentliche Boesartigkkeit“, „präfaschistisches Propagandainstrument“ und „Demagogie“.

Der gemeine Blogger weiß an dieser Stelle bereits: Der nächste Artikel ist gesichert. Noch dazu, weil man „Apartheid“, wie die Franken sagen würden, ned mit am hadden D schreibt, sondern mit am weichn.

Als nächstes wird das Dilemma durchgekaut, ob man nun auf „Nummer sicher“ gehen solle und somit Ungeimpfte von gesellschaftlichen Aktivitäten fernhalten würde. Die Gesprächsführung liegt hier in den bewährten Händen des oberpfälzer Tangoveranstalters Christian Beyreuther. Der kommt vorhersehbar zur Erkenntnis: „Manchmal habe ich das Gefühl, man wird hier nach Strich und Faden verarscht. Wenn eine Inzidenz um ein zehntel Punkt in der Skala steigt, dann wird uns das in den Medien als Horror Meldung verkauft. Das Angst schüren geht mir gewaltig auf den Zeiger.“

Klar – wieso veranstaltet der Staat auch so eine dämliche Pandemie? War doch nicht nötig!

Dass die Tests in Zukunft kostenpflichtig werden, hält Beyreuther aus seiner Erfahrungswelt allerdings für richtig: „Deine Kondome bezahlst du für deinen Spaß doch auch selbst oder gibt’s die in der Apotheke gratis?“ Sartori hält dies für einen „schwachsinnigen Vergleich“. War doch aber lustig…

Auch Milko Tansek, der auf Facebook eigentlich zu fast jedem Thema eine Meinung veröffentlicht, verdient endlich einmal eine lobende Erwähnung auf meinem Blog.

Josef Minde hingegen gibt sich bescheiden: „Ich kann leider nur über die Argumente sprechen, die ich verstanden habe, denn bei den anderen weiß ich ja nicht, dass ich sie nicht verstanden habe.“ Na lieber Josef, das ist aber in sozialen Medien kein Hindernis!

Ich fürchte, Ralf Sartori hat sich in den letzten Wochen ziemlich radikalisiert. So outet er sich nicht nur als Anhänger naturheilkundlicher Verfahren, sondern schreibt weiter: Die Pharma-Lobbyisten bieten ihre ganze Macht dagegen auf, weil solche Verfahren wirklich, im besten Sinne des Wortes, Selbstheilungskräfte freilegen und wirksam werden lassen können, dadurch angetan sind, eine Störung im Organismus von Grund auf wieder auszubalancieren, und in dieser Weise zu heilen. Genau das versaut dieser Industrie das Geschäft! So etwas könnte ja schließlich Schule machen.“

Oha, da ist vom Quertänzer zum Querdenker nur noch ein kleiner Schritt! Es ist ein Glückfall für das Thema und auch mein Blog, dass sich Klaus Wendel, das erprobte Schlachtross vieler Tangokriege, zu Wort meldete und unter anderem schrieb:

„Diese Entscheidung, ob man bestimmte Menschen von einem Tanzevent ausgrenzt oder nicht, wird in der Tangoszene, ohne dass es ihnen bewusst ist oder sogar geleugnet wird, doch laufend bei Encuentros oder Marathons getroffen, und zwar willkürlicher als bei für alle offenen Milongas, wo ALLE die Wahl haben, sich wenigstens testen zu lassen. (…) Das Probleme ist aber, dass sich viele nicht einmal einem tagesaktuellen PCR-Nachweis unterordnen würden und dann von Willkür faseln. Das ist das Problem!
Seit über einem Jahr haben wir die Corona-Krise, haben Milongas und Tanzschulen geschlossen, und jetzt haben wir Impfstoffe, und dann kommst Du mit diesem Posting mit ein paar Impfunwilligen in der Tangoszene und willst uns 3G-Veranstaltern eine Unterstützung eines ‚Apartheits-Systems‘ suggerieren?“

Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, das nun folgende Filibuster wiederzugeben. Es bietet halt das Übliche: Debatten über Ansteckungsraten, Wirkung von Impfungen, Verlässlichkeit von Tests, und dazu etwas Sucharit Bhakdi und „Emanuel Kant“ – getreu dem Goetheschen Motto: „Getretner Quark wird breit, nicht stark.“ Und das alles, weil Ralf Sartori derzeit keine Milongas veranstalten will, sondern höchstens Practicas bis zu sechs Personen, die sich gesund fühlen…

Im Endeffekt wurde Klaus Wendel ersucht, sich nicht weiter zu äußern – und Arthur Dent ereilte ein Schicksal, das ihm inzwischen auf Facebook vertraut ist: Er wurde mal wieder gesperrt.

Bei solchen Auseinandersetzungen muss ich an meine Schulzeit denken: In der Oberstufe des Gymnasiums gab uns im Fach Katholische Religionslehre ein angejahrter Geistlicher Rat in katholentypischem Greisen-Diskant vergeblich, aber durchaus lästig Moralinsaures.  

Wir schworen uns damals, im Sinne der Aufklärung in unserem Leben nicht Moral, sondern Vernunft walten zu lassen. Die Kirche moralisiert heute deutlich weniger - dafür die Facebook-Katecheten umso mehr.

Dennoch sage ich: Wer sich nicht gegen Corona impfen lassen will, soll es halt lassen. Er muss dann auch ohne staatliche Repression mit Nachteilen rechnen: Nach dem Kleinen Einmaleins der Epidemiologie wird er sich sehr wahrscheinlich früher oder später mit Corona anstecken und eventuell schwere gesundheitliche Folgen hinnehmen müssen.

Nicht nur die Politik muss entscheiden, ob Ungeimpfte alle Freiheitsrechte ausüben dürfen. Im Konfliktfall entscheiden darüber Verfassungsrichter. Es steht aber auch im Ermessen jedes Gastwirts, jedes Händlers oder Milongaveranstalters, unter welchen Bedingungen er solche Personen in seinen Laden lässt. Die gesamte Gesellschaft wird sich hier entscheiden müssen. Ich halte das für überaus demokratisch.

Kürzlich habe ich die Einladung zu unserer nächsten Wohnzimmer-Milonga verschickt. Wir erwarten dabei sogar „2G“, also geimpft oder genesen. Bis auf medizinische Sonderfälle konnte sich doch inzwischen jeder impfen lassen, der es wollte! Die Moralkeule zu schwingen bringt dabei gar nichts. Ich möchte nur Leute, die einen wirksamen Schutz vor Corona ablehnen, nicht an der Backe haben. Nicht mal in meinem Haus.

Ralf Sartori tanzt inzwischen unter einer Buche. Auch das halte ich für sehr vernünftig:

https://www.youtube.com/watch?v=Kfls6WvE7dg

Quelle: https://www.facebook.com/ralf.sartori

Kommentare

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