Nicht zitierfähig
„Du sollst dir kein
Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf
der Erde unten oder im Wasser unter der Erde."
(Zweites Gebot, Ex
20,4)
Es
begab sich anno Domini 2010 (n. Chr.), dass in einem nicht genannt sein
wollenden Blog gar lästerlich über mein erstes Tangobuch hergezogen wurde. Nach
einer Phase des Ausschimpfens begehrte die versammelte Meute dann immer
heftiger meine dortige Teilnahme an der „Diskussion“ – und nannte mich umgehend
„feige“, da ich diese verweigerte.
Der
Grund: Unter der Domäne eines pseudonymen, impressumsfreien Bloggers und in
Gesellschaft weitgehend ebenfalls verschleierter Kommentatoren fühlte ich mich
dort ungefähr so sicher wie mit einer Maß Starkbier im Beduinenzelt. Ein fairer
Umgang mit meiner Person war nicht zu erwarten – und auch nicht mit meinen
Beiträgen: Würden sie überhaupt veröffentlicht, gekürzt, verfälscht – und wenn:
Welche rechtliche Handhabe hätte ich dann im dortigen Nebel der Anonymität?
Stattdessen
ergriff ich eine Möglichkeit, welche den Herrschaften kein bisschen schmeckte:
Ich ließ mir eine Facebookseite einrichten, wo ich den schönsten Stuss aus dem
Blog zitierte und gegen positive Äußerungen setzte, welche mich von namentlich
bekannten Lesern auf anderem Weg erreichten. Zum Schutz gegen weitere
Shitstorms sperrte ich anfangs die Kommentiermöglichkeit, was ich allerdings
schon lange aufgehoben habe: Inzwischen darf dort jeder (außer dem Blogger)
nach Herzenslust seine Meinung verkünden.
Dies
hatte eine unglaubliche Wirkung, welche allen im Internet Gemobbten nützlich
sein könnte: Während man unter
Seinesgleichen das Maul beliebig voll nimmt, reagiert man schreckhaft, wenn man
plötzlich mit seinen Sprüchen in einer anderen Umgebung aufschlägt. Daher
ebbten im Lauf der Jahre mehrere Stürme recht schnell wieder ab – natürlich begleitet
von Vorwürfen, ich würde Beiträge zensieren oder sei ein „Zitatenfälscher“.
Als
ich vor über drei Jahren dieses Blog eröffnete, gab mir das noch weit mehr
Möglichkeiten dieser Art: Ich konnte Kostproben des Geschimpfes von außerhalb
thematisch zusammenfassen und meinen eigenen Ansichten gegenüberstellen. Die
Zitierten konnten ja jederzeit per Kommentar ihre gegenteiligen Standpunkte
verdeutlichen, sofern sie dies unter Klarnamen taten und auf verbale Rüpeleien
verzichteten. Diese reine Luft vertrugen allerdings die wenigsten Kritikaster,
sodass von dieser Seite kaum Beiträge kamen – was mir erwartbar die Vorwürfe
einbrachte, ich würde Texte zensieren oder die Leser von Kommentaren abhalten
(momentan immerhin 1207 Stück).
Und
Zitate sind bei mir in guten Händen: Grundsätzlich gebe ich meine Quellen an, habe ein Impressum und bin daher bei
Rechtsverstößen aller Art jederzeit verklagbar.
Reicht das?
Bisher
schon. Nun haben aber meine letzten beiden Scharmützel mit Mitgliedern der
Facebook-Gruppe „Tango München“
insbesondere den Unmut einer persönlich auftretenden, jedoch nicht zitiert
werden wollenden Tanguera aus der Landeshauptstadt erregt: Ihre Äußerungen auf
dem über 900 Millionen Nutzer umfassenden sozialen Netzwerk seien ihr „geistiges
Eigentum“ und dürften nicht in irgendwelchen Blogs veröffentlicht werden. So
verlangte sie von mir, diese zu löschen und auch nicht inhaltlich zu
umschreiben.
Anzumerken
bleibt, dass ich ihre Wortmeldungen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes
(und auch weil mir die Dame nicht wichtig genug ist) nicht mit einer Namensnennung
verbunden habe: Wer kein Facebook-Mitglied ist, sieht den Urheber nicht, und die
anderen können eh alles lesen, was in öffentlichen Gruppen dort (wie „Tango
München“) geschrieben wird.
Doch
für die Protagonistin hat diese fast 3000 Mitglieder umfassende Formation wohl
eine Art sozialer Kuschelatmosphäre, in der sich dem „wahren Tango“ ergebene
Existenzen gegenseitig an dem delektieren, was sie für ihre gemeinsame Meinung halten.
Selber
hat sie allerdings keine Probleme damit, mich auf diesem Forum mittels Verlinkung
und Namensnennung zu kritisieren – nur zitieren darf ich dies nicht. So ist es
wohl auch verboten anzumerken, dass sie dort selbst aus persönlichen
Nachrichten zwischen uns beiden berichtet: Quod licet Junoni, non licet bovi.
Derzeit
wird in dieser Gruppe ganz im Stil überhängender Zweige im Nachbarrecht die
Rechtslage meines bösen Tuns erörtert. Ich habe mir die Links einmal angesehen
und darf (hoffentlich wenigstens da) zitieren:
Ein Text, der aus
wenigen Worten besteht, wird nur sehr selten urheberrechtlich geschützt sein,
da sich mit wenigen Worten selten individuelle Texte erstellen lassen (man spricht
von einer „Schöpfungshöhe“, die erreicht werden muss).
Die Folge dieser
Voraussetzung ist, dass Beiträge oder Kommentare bei Facebook nur ausnahmsweise
geschützt sind. (…)
Das Gros dieser
Beiträge ist jedoch eher banal, besteht aus ein paar kurzen Sätzen und wird
nicht geschützt sein. (…)
Anders als bei
Bildern bereitet das Teilen von Texten wenig rechtliche Probleme. Allenfalls
wenn Sie über Nutzerbeiträge verfügen möchten, begeben Sie sich in eine
rechtliche Grauzone. (…)
Das Risiko, dass ein
Nutzer gegen Sie rechtlich vorgeht, weil Sie einen Beitrag kopiert oder
entfernt haben, ist dagegen gering.
Allenfalls hätte die Autorin, so meine laienhafte
juristische Analyse, das Recht auf Quellenangabe, also Nennung ihres Namens.
Darauf wird sie aber wohl keinen Wert legen…
Auffallend ist, dass sich meine Kritiker fast ausschließlich mit formalen Fragen beschäftigen – vulgo: Darf der das überhaupt? Ich nehme das mal als Kompliment: Inhaltlich hat man wohl meinen Standpunkten nichts entgegenzusetzen...
Auffallend ist, dass sich meine Kritiker fast ausschließlich mit formalen Fragen beschäftigen – vulgo: Darf der das überhaupt? Ich nehme das mal als Kompliment: Inhaltlich hat man wohl meinen Standpunkten nichts entgegenzusetzen...
Daher werde ich auf meinem Blog weiterhin den Prinzipien
folgen: Es bleibt „garantiert unanonym“,
was meine Identität und die der meisten Kommentatoren betrifft. Andere Namen
nenne ich nur, wenn es mir wichtig genug erscheint und diese ihre Ansichten
veröffentlicht haben. Was und über wen ich hier schreibe, bestimme ich immer
noch allein, so wie ich die persönliche Verantwortung hierfür trage.
Ich werde jedoch nicht auf Foren publizieren, auf denen
man Geschimpfe stehen lässt und gleichzeitig kritische, jedoch faire und
maßvolle Beiträge kommentarlos löscht:
Inzwischen haben die Administratorinnen dort zwar ihre
Stimme mit Kreide erhöht und sind somit akustisch näher an der Ziege denn am
Wolf:
„Liebe Münchner Tangogemeinde,
aufgrund des Vorwurfs an uns, als Administratoren der Tango München Gruppe, der Zensur und Parteilichkeit, haben wir nochmals die Regeln der Gruppe zur Diskussion gestellt. (…)
aufgrund des Vorwurfs an uns, als Administratoren der Tango München Gruppe, der Zensur und Parteilichkeit, haben wir nochmals die Regeln der Gruppe zur Diskussion gestellt. (…)
Diskussionsbeiträge
sind immer erwünscht und willkommen. Wir freuen uns auf ein harmonisches
Miteinander.“
Solange
in der Münchener Tangoszene die Einstellung herrscht, der Rest hätte sich ihren
Spielregeln zu unterwerfen, bleiben Diskussionen über Cliquenwirtschaft und
elitäres Gehabe mit Sicherheit ohne jegliche Wirkung.
Incept(Zitation)?
AntwortenLöschenIch bin total verwirrt.
Ob die damals zur Zeit der Entstehung des Tangos auch solche Probleme beim Nicht-Nicht-Zitieren (Achtung DeMorgan) von Schritten hatten?
Für mich zu hohe Mathematik...
LöschenAber die Machos früherer Zeiten waren wohl eher stolz darauf, wenn man ihre Sprüche weiter verbreitete!