Vorgetäuschte Höhepunkte in München
„So
langsam krieg ich richtig Mitleid. Das ist schon ganz schön einsam, da am Arsch
der Heide vor dem Laptop zu sitzen und zu warten, bis hier was spannendes
passiert...“
(Oliver
Fleidl, FB-Gruppe „Tango München“)
„Lieber bin ich in Pörnbach der Erste als in München das Letzte.“
(Gerhard Riedl, FB-Gruppe „Was Sie schon immer über Tango wissen wollten…“)
„Ich will genau das, was sie hatte."
(Nora Ephron: "Harry und Sally")
In
der Facebook-Gruppe „Tango München“
herrscht ja bekanntlich herzliches Einvernehmen sowie eine respektvolle
Gesprächskultur, weshalb man nach eigenem Bekunden auch lieber unter sich
diskutiert.
Ein
schönes Beispiel hierfür liefert eine Debatte, welche gestern dort über die Bühne
ging:
Ein
hauseigener Multi-Poster hatte ein schönes Zitat der bekannten Tangobloggerin Veronica Toumanova aufgetan. Nach eigenem Bekunden hat sie das in einem Kurs geäußert:
In a class: "Don't do a voleo if you don't feel the lead. No fake
orgasms."
Nach einem spontanen Schmunzeln über den herrlichen Spruch hätte
ich das Ganze vielleicht so kommentiert:
Vorgetäuschte Höhepunkte sind wenig erstrebenswert – aber zum
Erreichen eines echten solchen ist ein Mann nicht unbedingt nötig – nicht mal
eine Frau…
Wenn ihr danach ist, soll sie doch einen Boleo tanzen, auch ohne männliches Zutun – finde ich spannend. (Natürlich nur, wenn sie sich vorher davon überzeugt hat, dass ihr Füßchen keine erogenen Zonen von anderen Parkettnutzern trifft!)
Wenn ihr danach ist, soll sie doch einen Boleo tanzen, auch ohne männliches Zutun – finde ich spannend. (Natürlich nur, wenn sie sich vorher davon überzeugt hat, dass ihr Füßchen keine erogenen Zonen von anderen Parkettnutzern trifft!)
Aber nein – die Tango-Elite muss den amüsanten Schmarren selbstredend
intellektuell durchdringen!
Zwischen zwei weiteren Tänzern entspann sich daher ein Diskurs,
in dem man leicht die geistige Orientierung verlieren kann – dank insgesamt fast
30 Für- und Widerworten. Vereinfacht sach ich mal so:
Kommentator
Nummer 1 meinte, man solle nicht so zieselig sein, wenn die Frau mal
nicht das tanze, was geführt worden sei. Sonst mache es keinen Spaß, und man
könne es gleich lassen.
Kommentator
Nummer 2 fand es jedoch eher stressig, wenn das passiere. Seine
Ansprüche zurückfahren und ein bissel „rumschunkeln“ sei seine Sache nicht –
oder so…
Die intellektuelle Brillanz des Diskurses sei durch zwei Zitate
(im Original-Deutsch) belegt:
„mit
bestrafung meinte ich nicht machen. um den zusammenhang deutlich zu machen: du
führst einen ocho und du führst ihn nicht 100%ig, kann die folgende stehen
bleiben oder sie merkt, dass du einen ocho führen wolltest und macht ihn. im
ersten fall wird der tanz kein vergnügen im zweizen fall geht's munter weiter.
aber es geht bei toumanova ja nur um die folgenden. wenn du es aber andersrum
siehst. was machst du denn als führender, wenn deine folgende deine führung
nicht versteht? du schraubst runter, du verzeihst ihre fehler, du lächelst und
tanzt weiter. die andere alternative wäre - aufhören.“
„In
meinen Augen ist das Faken für wirklich gemeinsames Tanzen viel hinderlicher
als ‚nur‘ das zu tanzen, was man wirklich spürt. (…) Du hast das beste Beispiel
schon gebracht: auf jedes Zucken des Oberkörpers nach links mit einem großen
40cm Schritt in diese Richtung zu antworten, ist eben ein Fake, eine
routinierte, stereotype Antwort auf einen Impuls. Ebenso beim Boleo. Vielleicht
fühlt es sich ja nur deswegen nicht wie ein Boleo an, weil gar keiner geführt
werden sollte. Das kann dann gerade beim Boleo gar nicht ungefährlich sein,
wenn für einen solchen eigentlich gar kein Platz ist.“
Richtig spaßig allerdings wurde es, als Kommentator Nummer 1
einen Witz zum Besten gab, bei dem ich allerdings (aus eigener Erfahrung) die
Grundannahme bezweifle:
„das
ist teil der weiblichen diät-strategie. ein vorgetäuschter orgasmus verbraucht
mehr kalorien als ein echter.“
Dies rief nun einen dritten Diskutanten auf den Plan, welcher
zunächst einmal eine Troll-Info verlinkte. In der Folge lieferten sich die
beiden Kampel zirka 20 Wortwechsel, dass die Federn nur so flogen. Ausschnitte
hieraus:
„warum biegst du
diese ganz nette unterhaltung hier in eine persönliche agression um?“
„Ich finde deine
Argumentation nicht so nett..“
„dann argumentiere
doch gegen die argumente und nicht gegen die person“
„Und ich frage mich
was das Ziel deiner Allgemeinen Provokattion ist.“
„welche provokation
meinst du?“
„Zuletzt das mit der
weiblichen diätstrategie... z.B ich halte es für sexismus“
„mein gott, bist du
zimperlich, das war ein witz, den musst du nicht witzig finden. (...)
sexismus?
wenn du das sexistisch findest, dann hast du keine ahnung von seximsus.“
„Doch
das habe ich!!! Ich werde dieses Unterhaltung beenden und löschen!!!
Das führt zu nichts
Mindermeinung vs Klugschiss muss hier niemand verfolgen!“
„Ich bin nicht der einzige der das so sieht!... es Flattern gerade PNs bei mir rein die ähnliche Erfahrungen von Diskussionen mit DIR haben.... Und sich hier nicht mehr zu Wort melden wollen.
Ich glaube das nervt auch andere.“
Das führt zu nichts
Mindermeinung vs Klugschiss muss hier niemand verfolgen!“
„du
wirfst mir vor, ich nerve dich, du bezeichnest mich als cybertroll, dann denkst
du, du hast mich vielleicht missdeutet und dann rennst du davon ??“
„Ich bin nicht der einzige der das so sieht!... es Flattern gerade PNs bei mir rein die ähnliche Erfahrungen von Diskussionen mit DIR haben.... Und sich hier nicht mehr zu Wort melden wollen.
Ich glaube das nervt auch andere.“
Schließlich hielt der anfängliche Poster, welcher das
Orgasmus-Thema überhaupt erst aufgebracht hatte, ein moralisches Machtwort für
angebracht:
„Und
besonders der Alltags-Sexismus, der ‚millionenfach‘ verteilt wird und über den ‚jeder
lacht‘, ist der Grund, warum ich mich inzwischen als Feminist bezeichne.
Ähnlich wie im Alltags-Rassismus gilt es die Grenzen dessen, was ‚jeder witzig‘
findet, wieder etwas klarer zu ziehen."
Für Außenstehende: Sie hörten soeben eine Direktübertragung aus
der Fraktion derer vom „sozialen Tango", wo wir ja dank der vielen Regeln stets
ein gedeihliches Miteinander pflegen und einander per Sumo-Abrazo heftigst lieb
haben…
Aber für Ordnung ist dennoch gesorgt! An diesem Punkt schaltete
sich nämlich per „lalülalaaaa – hülfeeeeee" eine Administratorin
ein, da ihr Dunkles schwante:
„Ich
geh lieber wieder. Sonst steht morgen auch noch alles wieder in diesem Blog vom
G.“
Tja, Mädel, da kannst dich drauf verlassen: Um den G-Punkt ging es
doch, oder?
Und wer hierzu noch etwas fachkundige Hilfe braucht:
Und wer hierzu noch etwas fachkundige Hilfe braucht:
P.S. Hinweis: Sollte eine(r) der Beteiligten namentlich zitiert
werden wollen und der Meinung sein, seine Beiträge erfüllten die vom
Urheberrecht geforderte „Schöpfungshöhe“ – bitte einfach bei mir melden!
P.P.S. Das Lokal, in dem die Szene gedreht wurde, gibt es immer noch (Katz's Delicatessen Restaurant
in Manhattan)
– und dort befindet sich der „Harry und Sally-Tisch". Gäste können ihn reservieren und dann -– per Video-Dreh – die Szene nachspielen.
Quelle:
https://www.facebook.com/groups/tangomuenchen/permalink/10154366935221186/
Lieber Gerhard. Gibt es Frauen, die freiwillig mit solchen Hirschen tanzen? Und können diese Typen auch tanzen? Jetzt bin ich bei solchen Meinungen endgültig froh, dass ich Tango mit beiderseitiger gleichzeitiger Improvisation zu hause und zu aller Musik auf Bällen tanze. Dann kann ich dem Geweih dieser Hirsche auf den Milongas ausweichen. Herzlich Grüße aus dem Salzkammergut, Peter
AntwortenLöschenLieber Peter,
Löschenach, doch, die können schon tanzen, soweit mir bekannt - ich will nicht ungerecht sein.
Aber manche Männer setzen sich halt die Hörner selber auf. Dann wird aus dem "G-Punkt" das "G-Weih"...
Herzliche Grüße
Gerhard
Tja, inzwischen postet man auf dieser Seite nur noch lustige Männlein - wohl in der Hoffnung, dass ich dies nicht zitieren kann...
AntwortenLöschenUnd da isser wieder, die Tendenz zur Selbstzensur, wenn auffällt, dass es unbequem werden könnte.
AntwortenLöschenIn der verbalen Kommunikation und auch beim Tango gilt ja auch, gesagt ist gesagt, denk vorher drüber nach.
Wie war nochmal dieses alte Zitat(Sinngemmäß): "(..)der Führende muß die Fraktion einer Sekunde vorher wissen, welchen Schritt er als nächstes ausführen möchte/anbieten möchte(..)"
Die Konzepte des Tango lassen sich auf so viele Alltagssituationen übertragen, schade dass nur so wenige, scheinbar dazu bereit sind.
Oder andere dies auch übertreiben und eine Workshopreihe für die Führungsebene in Unternehmen anbieten, ob da dann davon ausgegangen wird, dass "jeder" mit "Führungsanspruch" auch musikalisch sei?
(Ist mir gerade eingefallen als Nebenschauplatz)
Ich habe eigentlich auch die Tendenz das Wort führen durch anleiten zu ersetzen, aber nachdem ich von einem älteren Argentinier darauf hingewiesen wurde, wieviel Bedeutung und Kraft in diesem Wort eigentlich steckt und wir Deutschen uns einiges aus unserer Braunen Vergangenheit zurück erobern sollten, versuche ich diesen Begriff stets mit Begriffsergänzungen und dem Hinweis in welchem Kontext dies gemeint ist, trotzdem zu verwenden.
Meiner Meinung nach sollte niemand nach dem "Perfekten Tango" Ausschau halten.
Die für mich bisher schönsten Momente bei anderen, die ich bei YT finden konnte, waren gerade die, bei denen mal jemand einen Schuh beinahe oder komplett verliert, irgendwo hängen bleibt, seinen Partner auffangen musste, den BH Verschluss festhalten bis zum Ende der Performance uva.
Hier zeigte sich erst wirklich, wie lebendig und Improvisiert dieser Tanz tatsächlich gelebt werden kann...
Völlig richtig: Wenn der Tango perfekt ist, ist er tot... (gilt vielleicht auch für anderes im Leben).
AntwortenLöschenMeines Wissens sprechen die Argentinier von "las marcas" - also den "Markierungen", wenn sie die "Führung" meinen. Finde ich einen guten Begriff!
Aber auch hier gilt das alte Kartenspieler-Motto: "Quod lumen, lumen" - "was liecht, liecht"... (Kalauer Ende).
Und um noch auf den obigen Artikel zu kommen: Meine schönsten Satiren verdanke ich "copy and paste" - und dann werde ich geschimpft, wo ich doch lediglich zitiere...