Fake News im Tango
Als
musikalisches „Special“ unserer nächsten „Wohnzimmer-Milonga“ am kommenden
Samstag stelle ich den Bandoneónspieler, Komponisten und Orchesterleiter Enrique Rodríguez (1901-1971) vor.
Er
arbeitete mit diversen Tangomusikern wie Edgardo
Donato zusammen, bis er 1936 sein eigenes „Orquesta de todos los ritmos“ gründete, das nicht nur Tangos
spielte, sondern auch Polkas, Walzer, Foxtrotts, Pasodobles uvm. Sein Ensemble
wurde sehr gerne auf Bällen engagiert, da man sich so ein zweites Orchester für
andere Tänze sparte (so „traditionell“ waren die Milongas auch damals nicht!).
Rodriguez
komponierte auch viele Titel, u.a. „Tengo
mil novias“ und „Llorar por una
mujer“.
Gerade
seine Foxtrotts wie „Amor in Budapest“
oder „La Colegiala“ ziehen die Tänzer
auch heute noch magisch auf das Parkett.
„Tengo
mil novias“
ist der witzigste und fröhlichste Tangovals, den ich kenne. Einer meiner
Lieblings-Texter, Enrique Cadícamo (1900-1999),
räumt hierbei mit gewissen „Fake News“ von Männern mit viel Wind in der
gestreiften Hose auf (welche es ja auch heute noch geben soll…).
Ziemlich
einmalig dürfte es auch sein, dass hier der Chor die ironischen Einwürfe zur Testosteron-Prahlerei
liefert.
Eine
deutsche Übersetzung gibt es bislang anscheinend nicht, daher habe ich diese
unternommen (auch mit Hilfe einer englischen Version: http://lyricstranslate.com/es/tengo-mil-novias-i-have-thousand-girlfriends.html).
Ich hab tausend Freundinnen
Ich weiß nicht, warum mein Herz grad so schlägt:
Tickitick... tickitack... Tickitick... tickitack...
Dieses Geräusch,
dieser Schlag
lässt mich nicht
essen noch schlafen.
Ich möchte sofort
heiraten,
weil es gerade jetzt
mit meinen
Freundinnen, mein Herr,
ein größeres
Durcheinander gibt:
Doch was soll ich
tun,
wenn’s davon
annähernd tausend gibt,
und ich keine tausend
Mädels heiraten kann?
Mir gefallen alle…
(Chor: Ihm gefallen
alle…)
Was mach ich nur,
wenn ich von Blüte zu Blüte schwirre?
Blonde, Brünette…
(Chor: Er hat
hunderte…)
Ich hab ein Sortiment
aller Farben.
Ich hab tausend
Freundinnen…
(Chor: Er hat tausend
Freundinnen…)
Ich bin der Champion
der Romanzen.
Viele schöne
Freundinnen hab ich…
(Chor: Er hat sie in
seiner Einbildung…)
Eine Blonde wollte
sich umbringen…
(Chor: ha, ha, ha…)
für meine Liebe…
(Chor: hi, hi, hi…)
Das ist die Wahrheit…
(Chor: hö, hö, hö)
um später
herauszufinden, dass ihr Vater brüllte
und mich von der
Landkarte tilgen wollte.
Und deshalb schlägt
mein Herz so:
Tickitick... tickitack... Tickitick... tickitack...
Doch was soll ich
tun,
wenn’s davon
annähernd tausend gibt,
und ich keine tausend
Mädels heiraten kann?
Hier
der spanische Original-Text:
Die
vier „Gran Orquestas“ der EdO haben den Titel nicht eingespielt (was ich schade
finde) – immerhin aber Canaro und Lomuto. Die berühmteste Version, die ich
natürlich bei unserer Milonga auflegen werde, stammt vom Orchester Enrique Rodríguez und seinem Sänger Roberto Flores (aus dem Jahr 1939 – also
voll die EdO).
Eine schöne Geschichte zum fröhlichen Klang. Danke!
AntwortenLöschenUnd als PS :
Den Schluss der Übersetzung verstehe ich etwas anders, woher kommt das um vor dem später?
Ich höre und lese :
als der Vater das rausfand, wütete/ schrie er und wollte mich umbringen. ..
Danke und mit freundlichem Gruß
tom opitz
Vielen Dank!
LöschenIch kann allerdings nur etwas Schlager-Spanisch.
Wie aus den Links hervorgeht, wird der spanische Ausdruck
« y del mapa me quiso borrar »
wie folgt ins Englische übersetzt:
“and wanted to wipe me off the map”
Dem Sinn nach wollte er ihm sicher ans Leder…
Herzliche Grüße
Gerhard