Gerhards Tandas 11
Ich weiß nicht mehr, wie oft ich Titel mit dieser Sängerin schon aufgelegt habe – häufig, weil ich darum gebeten wurde. Dabei spielt die in Argentinien höchst populäre Künstlerin auf hiesigen Milongas keinerlei Rolle:
Tita Merello (Laura Ana Merello, 1904-2002) war eine Schauspielerin, Tänzerin und Sängerin, die von 1930 bis 1985 das kulturelle Leben ihrer Heimat prägte. Sie trat in über 30 Filmen und zwanzig Theaterstücken auf und war bekannt durch Radio- und Fernsehsendungen. Zu Beginn ihrer Karriere schuf sie das Bild der Tangosängerin – zusammen mit Kolleginnen wie Azucena Maizani, Libertad Lamarque, Ada Falcón und Rosita Quiroga.
Tita Merello wuchs in bitterarmen Verhältnissen auf – ihr Vater, ein Kutscher, starb, als sie ein Jahr alt war. Bereits mit 12 Jahren sang sie in zwielichtigen Clubs, später arbeitete sie als Tänzerin. Schule besuchte sie keine, Lesen und Schreiben lernte sie erst viel später. Ihr Erfolg begann, als sie mit gesungenen Tangos auftrat – unter anderem im ersten argentinischen Tonfilm.
https://en.wikipedia.org/wiki/Tita_Merello
Das Leben der Sängerin war immer wieder von Kämpfen geprägt – und ich finde, das hört man bei ihren vielen Tangoaufnahmen. Ihre Stimme ist laut und rebellisch – sie gab gerne das freche und unangepasste Gewächs aus der Vorstadt.
So klingt auch ihr bekanntester Titel: „Se dice de mí“ („Was man von mir spricht“ von Francisco Canaro und Ivo Pelay), den sie 1943 aufnahm:
https://www.youtube.com/watch?v=hMVg2G5bt0k
„Podrán decir, podrán hablar,
y murmurar, y rebuznar,
mas la fealdad que dios me dio,
mucha mujer me la envidio
y no dirán que me engrupi
porque modesta siempre fui.
Yo soy así.“
„Sie mögen sagen, sie sie mögen reden,
mit Klatsch und Geschrei!
Aber die Hässlichkeit, die Gott mir gegeben hat:
Viele Frauen beneideten mich darum!
Und sie werden nicht sagen, dass ich mich selbst getäuscht habe,
weil ich immer bescheiden war.
So bin ich halt.“
https://letrasdetango.wordpress.com/2013/08/24/se-dice-de-mi/
Diese Milonga ist für mich ein Musterbeispiel dafür, welchen Spaß man bei der Interpretation „schwieriger“ Stücke haben kann, wenn man Schritt für Schritt lernt, die musikalischen Phrasen zu tanzen.
Ein ganz ähnliches Stück habe ich schon einmal ausführlich besprochen: In „Niño bien“ veralbert Merello einen „guten Jungen“ im Sinne von „Angeber“ oder „Lackaffe“. Den Text, die Übersetzung sowie die Musik findet man hier:
https://milongafuehrer.blogspot.com/2017/01/nino-bien.html
Im gleichnamigen Film aus dem Jahr 1950 singt sie „Arrabalera“ (Musik: Sebastián Piana, Text: Cátulo Castillo, Orchester Francisco Canaro) – stellt also das „Mädel aus der Vorstadt“ dar:
https://www.youtube.com/watch?v=VIjhEzPqzQs
Hier in einer klanglich besseren Version:
https://www.youtube.com/watch?v=ahrCi38AWSQ
Eine weiteres, sehr erfolgreiches Stück von ihr ist „La Milonga y yo“ (Musik: Tito Ribero, Text: Leopoldo Díaz Vélez): Die Milonga und sie, so heißt es in dem Lied, hätten dieselben Wurzeln. Hier ein Ausschnitt aus dem Film „Esta es Alegría“ aus dem Jahr 1968:
https://www.youtube.com/watch?v=tDOMU54EyXc
Hier noch eine bessere Tonaufnahme :
https://www.youtube.com/watch?v=4jz0-0owuQ4
Zum Abschluss meiner Tanda: „Los Amores con la Crisis“ ist ein Walzer im Ranchera-Stil – sehr interessant zu tanzen! Der Titel stammt wieder von Francisco Canaro (Musik) und Ivo Pelay (Text) und stammt aus dem Jahr 1934:
https://www.youtube.com/watch?v=S7GA92lsVzM
„Tita de Buenos Aires“ ist für mich eine ganz unverwechselbare, herausragende Künstlerin, die auch dem getanzten Tango ganz neue Impulse hätte geben können. Aber den Tangueros war und ist das zu schwierig – die Stücke und wohl auch die Frau. „Yo soi así“ ist bis heute kein sehr beliebter weiblicher Wahlspruch…
Trotzdem viel Spaß beim Tanz zu dieser Tanda!
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