Smile
Neulich
erwähnte meine Gattin so nebenbei, ich ginge ja (außer zum Tango) nur noch sehr
wenig aus dem Haus. Da sie die Tapferkeit auszeichnet, schon über 30 Jahre mit
mir zusammenzuleben, war ihr meine Antwort sicher nicht neu: „Stimmt
– ich hätte da immer Angst, auf Menschen zu treffen.“
Warum
ein solcher Typ wie ich dann Milongas
organisiert und Zaubervorstellungen
gibt? Wahrscheinlich, weil er sowohl den Tango als auch die Magie faszinierend
findet. Hierfür ist es dann aber nötig, andere wissen zu lassen, wann und wo
die nächste Tango- oder Zauberveranstaltung (wenn denn mal öffentlich)
stattfindet. Jedoch folge ich hierbei der strikten Devise: einmal und dann Schluss! Das Zuspammen
des Publikums (in beiden Disziplinen leider üblich) finde ich furchtbar.
Und ich spreche kaum einmal jemanden persönlich an. Wer nicht kommen möchte,
gerät so nicht in die Verlegenheit, mir komische Ausreden andrehen zu müssen.
Leider
hält dies manche nicht davon ab, es unaufgefordert und schriftlich zu tun.
Neulich erreichten mich kurz hintereinander (und zu verschiedenen Events) drei
verschiedene, jedoch nicht unterschiedliche Botschaften. Die Absenderinnen schilderten jeweils die
Gründe, welche ihr Erscheinen wahrscheinlich verhindern würden.
Zusammengefasst: ihre Kümmernis um die
Familie. Insbesondere Töchter werden dazu gerne verwendet, da sie
ausschließlich in drei Zustandsformen auftreten: noch nicht schwanger,
schwanger oder Kinder habend. Jede dieser Daseinsebenen verlangt unbedingte Betreuung, welche zwangsläufig
der Mutter respektive Oma anheimfällt.
Von
den zumindest biologisch hierfür erforderlichen Männern ist nicht die Rede…
Besonders
ergreifend fand ich eine Mitteilung dahingehend, man würde vielleicht doch
kommen, falls die an dem Tag anwesende Familie dies wolle. Manchmal habe ich
das Gefühl, an mittelalterliche
Leibeigene zu schreiben…
Bevor
nun der versammelte Unmut aller „Familienmenschen“
über mich hereinbricht: Natürlich kann man nicht jeden Termin frei haben (geht
selbst mir, obwohl kinderlos, gelegentlich so). Aber wenn man zehn oder mehr
Einladungen für verschiedene Anlässe erfolglos
abschickt?
Zudem
weiß ich, wie die gleichen (manchmal sogar dieselben) Personen reagieren, wenn
ihnen mal ein Problem auf den Nägeln
brennt, bei dem sie auf Abhilfe durch mich hoffen: Dann klingelt auch noch
abends um zehn das Telefon – und wehe, man hätte nicht sofort Zeit, sich um das
anstehende Gravamen zu kümmern, welches selbstredend eiligst und unaufschiebbar
ist!
Und
ich Depp lasse dann alles liegen und stehen… Selbstredend verlange ich hierfür
keine „Dankbarkeit“ – mein Fehler ist nur anzunehmen, andere seien ähnlich
gestrickt und hätten irgendwo ein Empfinden für das, was ich vorsichtig als „Gefühl für Balance“ bezeichnen möchte.
Auf
dieses Konto (und unter dem Stichwort „Kabarett“) verbuche ich auch herzzerreißende Beteuerungen, man würde
ja soo gerne einmal zum Zaubern oder zum Tango kommen. Nur der Termin passt
halt nie…
Nein:
Wer dreimal absagt, der will nicht
(oder stellt das Thema jedenfalls auf den letzten Platz seiner „Interessen-Charts“).
Also eventuell, wenn ansonsten aber auch gar nichts los ist, und selbst dann…
Ist
ja nicht schlimm: Niemand muss das, was ich faszinierend finde, teilen.
Bei manchen fände ich dies sehr befremdlich, ja fast alarmierend… Und
natürlich hofft man – ganz heimlich – bei einigen Menschen, sie könnten einmal kommen.
Man sollte es jedoch tunlichst für sich
behalten! Daher werde ich für diesen Text auch null Werbung machen. Wer wirklich an meiner Arbeit interessiert
ist, findet ihn.
Ich
bitte nur um Verständnis, dass ich mit zunehmendem Alter gegenüber den Gutmenschen-Sätzlein, mit denen man heute
die sozialen Medien zumüllt, immer empfindlicher werde. Und speziell beim Tango
reagiere ich auf die Mär vom „sozialen
Tanz“ besonders allergisch: In der Praxis sieht jene dann so aus, dass
Leute, denen wir seit Jahren das Geld auf ihre Milongas tragen (oder trugen),
sich kein einziges Mal auf unseren Veranstaltungen sehen lassen. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Das war schon ab 2007 so, als wir unsere erste Milonga veranstalteten – und damals hatte ich noch keine „lästerlichen Reden" zum Tango verfasst!
Was
mich dennoch an diesem Tanz so fasziniert? Einfach dieser direkte Moment: Zwei Menschen,
welche sich zur selben Zeit miteinander zur Musik bewegen wollen – ohne Ausreden
oder vage Zukunftsaussagen: Vielleicht das nächste Mal, falls die Familie…
Nein: Tanzen. Jetzt. Ohne Wenn und Aber.
Nein: Tanzen. Jetzt. Ohne Wenn und Aber.
Für
alle künstlerischen Beschäftigungen gilt: Man
spielt für das Publikum, welches da ist. Ein anderes hat man nicht. Und
sollte dabei lächeln…
Und der geniale Schauspieler konnte diese Melancholie stets mit einem Lächeln verkaufen – so wie in seinem Film „Moderne Zeiten“, zu dem er das folgende Lied komponierte. John Turner und Geoffrey Parsons schrieben den Text dazu – und den kann keiner so schön singen wie Nat King Cole:
Smile
Smile tho' your heart is aching
Smile even tho' it's breaking
When there are clouds in the sky
You'll get by
If you smile
Thro' your fear and sorrow
Smile and maybe tomorrow
You'll see the sun come shining thro' for you
Light up your face with gladness
Hide ev'ry trace of sadness
Altho' a tear may be ever so near
That's the time
You must keep on trying
Smile, what's the use of crying
You'll find that life is still worth-while
If you just smile
Lächle
Lächle, obwohl dein Herz schmerzt
Lächle, selbst wenn es zerbricht
Selbst, wenn dort Wolken am Himmel sind
Wirst du dran vorbeikommen
Wenn du lächelst
Über deine Angst und deinen Kummer hinweg
Lächle, und vielleicht schon morgen
Wirst du sehen, wie die Sonne für dich durchbricht
Erhelle dein Gesicht mit Freude
Verstecke jede Spur von Trauer
Auch wenn die Tränen vielleicht so nah sein werden
Das ist die Zeit
In der du es weiter versuchen musst
Lächle, was bringt es zu weinen
Du wirst herausfinden, dass das Leben lebenswert ist
Wenn du einfach nur lächelst
https://lyricstranslate.com/de/smile-laechel.html
(Quelle – auch deutsche Übersetzung:
http://lyricstranslate.com/de/smile-laechel.html)
Egoistisch zu sein ist immer das erste, was ich Frauen rate, die ich berate. Was bedeutet: Denk auch mal an dich, schieb nicht immer die anderen als Entschuldigung dafür vor, dass du nicht tust, was du gerne tätest. Noch ein (nicht mehr ganz neues) Buch dazu: Josef Kirschner: Die Kunst ein Egoist zu sein. Das Abenteuer, glücklich zu leben, auch wenn es anderen nicht gefällt. War offenbar mal ein Bestseller.
AntwortenLöschenLieber Peter,
Löschendanke für den Tipp - ich glaube, das Buch werd ich mir kaufen.
In Sachen "Beratung von Frauen" habe ich auch meine Erfahrungen: Meist probieren sie dann solche wertvollen Ratschläge ausschließlich an mir aus...