Liebes Tagebuch… 21
Der
Tango bietet immer wieder ein wunderbares Forum für herrliche Dialoge, Texte
und Geschichten. Manchmal warte ich mit der Veröffentlichung ein bisschen,
damit man deren Spuren nicht zu konkret zurückverfolgen kann.
·
Eine
Lesung von Manuela Bößels Buch „So kann man das nicht sehen“ fand vor
Tangopublikum statt. Da ich die Szene kenne, war mir von vornherein klar, wer
da ganz bestimmt nicht hingehen würde. Ich sollte Recht behalten.
Erstaunlicherweise wurde Manuela aber von einem dieser Herren bei einer Milonga wenig später
aufgefordert. Es entspann sich folgender Dialog:
Er: „Wie war denn
die Lesung?“
Manuela: „Schee…“
Er: „Ja, für dich,
oder? Hat’s jemand g’fallen?“
Manuela: „Ja, ich
denk‘ schon.“
Er: „Tanzen wir
noch a Runde?“
·
Texte
auf Tangowebseiten, Foren und Blogs bestechen häufig durch ihre sprachliche
Brillanz. Meistens verzichte ich auf irgendeine Kritik oder gar Ironie dazu, da
sie mir lediglich den Vorwurf des „Oberlehrertums“ einbringen würde. Auf dem
Forum www.tanzmitmir.net geht es
derzeit mal wieder um die innige Paarbeziehung und Musikorientiertheit im Tango
einerseits und das Abtanzen schwieriger Figuren als Gegenpol, welches manchem
einen „Kick“ verschaffe. Der Autor des ursprünglichen Textes ist der Ansicht,
die „innere Harmonie im Paar“ sei weit erstrebenswerter.
Darauf antwortet ein Kommentator, welcher meines Wissens durchaus
in seiner (Stief-)Muttersprache schreibt:
„Dazu noch, wieso impliziert man immer das ‚Kicks‘ genanntes ‚inneren
Harmonie im Paar‘ sowie am besseren ‚Hören/Einlassen auf die Musik‘ zu
arbeiten...‘ ausschliesst oder das Weglassen desselben automatisch ‚inneren
Harmonie im Paar‘ sowie am besseren ‚Hören/Einlassen auf die Musik‘
einschliesst ? M.M. ‚inneren Harmonie im Paar‘ sowie am besseren ‚Hören/Einlassen
auf die Musik‘ ensteht durch das ‚Wie‘ umgesetzt wird, unabhängig vom ‚Was‘
umgesetzt wird.“
Altmeister Loriot hätte das wohl mit rollender
Zunge in der Backentasche und seinem berühmten „Ah, ja…“ beantwortet!
· Auf meinem Blog
werden mir stets Suchbegriffe mitgeteilt, welche die Leser auf
meine Seite geführt haben. Manche davon bringen mich zu sehr selbstkritischem
Nachdenken darüber, was ich hier eigentlich schreibe und welches Publikum ich
damit anlocke.
Einige der schönsten
Beispiele:
„auseinandertanzen“
„ostern 2014“
„tango blog erotik“
"wenn ein mann mit einer frau tango..."
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„tango argentino tipps
frauen"
„tango frauen
kennenlernen“
„tanzen kein sex wünschenswert wäre“
·
Vor einiger Zeit
waren wir zu Gast auf einer Milonga, die anlässlich eines
Tango-Wochenendseminars stattfand. Unter den gestrengen Blicken des von Weither
angereisten Tangolehrers durften seine Schüler sowie normale Besucher tanzen –
auf Wunsch sogar miteinander.
Nach maximal zehn
Minuten Beobachtung war mir klar, dass hier sehr viel Wert auf bestimmte „Figuren“
gelegt wurde – natürlich ausschließlich in enger Haltung, was die Lernenden
noch weiter überforderte. Und mein Überblick, um welche Choreografien es sich
handelte, war komplett.
Ich tanzte dann mit
einigen Schülerinnen des Meisters, wobei ich gemeinerweise exakt das vorher
Geübte ignorierte und fallweise in die offene Haltung überging. Die Damen
tanzten somit weitgehend Sachen, welche sie nicht kannten, und das auch noch recht
gut – erstaunte Blicke von den Zuschauerplätzen gab es inklusive.
Leider war es für mich,
gerade bei Milongas, nicht einfach, sich dem schleppenden Tempo rundherum
anzupassen – und ich wollte nicht zu oft überholen, da ich düster ahnte, dass
man lehrerseits viel Wert auf „Códigos“ legte. In dieser Gesamtsituation stach
mich der Hafer beträchtlich.
Bei einer dieser „schnellen“
Runden war ich mit einer Schülerin zugange, die mir bereits mehrfach mitgeteilt
hatte, dass sie die von mir geführten „Schritte“ nicht kenne. Meine Appelle,
einfach den Kopf auszuschalten, bewirkten immerhin ein ganz flottes Tanzen. Als
ich wieder mal nicht weiterkam, unternahm ich am Platz einige schnelle
Trippelschritte, welche meine Tanguera in Erstaunen versetzten und sie zur
Frage veranlassten.
„Wie
heißt denn die Figur, die du gerade getanzt hast?“
„Die
Figur heißt: ‚Der Depp vor mir bewegt sich nicht vorwärts‘!“
P.S. Werbung:
Einen weiteren bösen
Text von mir haben gestern Alessandra und Peter Seitz auf ihren Tango-Blog gestellt:
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