Interview: Milonga de los Perros

Liebe Carmen,

seit längerer Zeit laufen wir uns ja in der Tangoszene immer wieder über den Weg – und du und dein Partner Robert waren auch öfters im Pörnbacher Wohnzimmer zu Gast.

Zu eurer Milonga in München muss man tief in den Untergrund. Beschreibst du uns mal die Räumlichkeiten?

Das KIM („Kino im Einstein“) ist ein kleines Programmkino direkt gegenüber dem Jazzclub „Unterfahrt“ in den ehemaligen Unionsbräu-Kellern mit einem gemütlichen Nebenraum, den man mieten kann.

Der Holzfußboden ist gut betanzbar, und Getränke gibt es auch zu kaufen.

Ihr nennt euer Event „Milonga de los Perros“ („Milonga der Hunde"). Wie kamt ihr auf den Namen?

Milonga de los Perros ist zum einen der Titel eines Bildes der Münchner Künstlerin Natalia Zurakowska, das wir bei einer Milonga in Ihrer Kunstschule entdeckt haben. Robert gefiel das Bild so gut, dass er es gekauft hat, und wir fanden dann, dass es prima passt als Symbolbild für unsere Milonga.

Zum anderen haben wir dann entdeckt, dass es tatsächlich eine „Milonga de los Perros“ gibt:

https://www.youtube.com/watch?v=DRNDzgPgQQ4

Zu eurem Musikprogramm habt ihr den schönen Satz geprägt: „Tangos, nicht älter als wir selbst“. Vermissen die Gäste nicht die alten EdO-Kracher?

Ich denke, wir machen sehr deutlich, dass bei uns nur Tango Nuevo (mit einzelnen „Ausreißern“ an Neo-Tangos) gespielt wird. Jedenfalls hatten wir noch keine Nachfragen nach EdO.

In der Tangoszene – ob traditionell oder modern – vermeidet man es ja weitestgehend, die „untanzbare“ Musik Piazzollas aufzulegen. Wie ist die Reaktion eurer Gäste auf solche Klänge? Gab es mal Beschwerden?

Für unsere erste offizielle Milonga hatten wir ja die waghalsige Idee, den ganzen Abend nur Piazzolla zu spielen, d.h. Aufnahmen von ihm selbst oder Interpretationen seiner Kompositionen. Vorher gab es den Film „The years of the shark“ über Piazzolla. Und zu unserer eigenen Überraschung war die Tanzfläche ständig voll. Es gab nur ein einziges Stück, zu dem nicht getanzt wurde, das aber zugegebenermaßen sehr verjazzt war.

Werden Musikwünsche an euch herangetragen?

Tatsächlich so gut wie nie, höchstens mal für Geburtstagskinder.

Als Kommentar auf meinem Blog hast du neulich geschrieben: „Solche Veranstaltungen können nur mit viel Enthusiasmus, Herzblut und indem man selbst Geld reinsteckt, stattfinden.“ Muss man reich sein, um sich sowas leisten zu können?

Natürlich muss man etwas Geld mitbringen, aber jedes Hobby kostet Geld. Da wir das ja nicht kommerziell betreiben und kein Tanzstudio finanzieren müssen, sind die Kosten überschaubar. Bei der Raummiete kommen uns die Betreiber des Kinos, die sehr engagiert im Kulturverein Haidhausen sind, entgegen, und die GEMA ist zwar lästig, aber bezahlbar. Und bevor wir Eintritt für eine Milonga zahlen, auf der uns nur 2 oder 3 Tandas zum Tanzen reizen, gestalten wir lieber unsere eigene.

Ihr habt einige Male vor der Milonga einen (Tango-)Film gezeigt. Eure Erfahrungen mit dieser Kombination?

Die Idee stammt ja nicht von uns, sondern von Ralf Sartori, der seit Jahren mit dem Kino Gauting und dem Filmfestival Seefeld zusammenarbeitet und schon sehr viele tolle Tangofilme gefunden hat. Einer dieser Filme war „Un disparo en la noche“, ein Dokumentarfilm über das Orquesta tipica Julián Peralta von 2013.

https://www.youtube.com/watch?v=8mIAjm_0pS0

     („One tango orchestra "típica", twelve singers and twelve new songs, recorded all together in a single 5-hours-and-a-half recording session day. "Un disparo en la noche" brings together the most important exponents of contemporary tango and strikes a turning point in the discography of this Argentinian iconic patrimony. The documentary, filmed completely in Buenos Aires by director Alejandro Diez, shows the behind the scenes of this album production describing the philosophy that precedes the studio work, without hiding at the same time a fresh look at current tango. A new golden age of Tango claimed not only music, but also the value of the song for the development of our popular genre.“ —Alejandro Diez)

Wir saßen mit zuckenden Füßen im Kino, voller Vorfreude auf die anschließende Milonga… und was wird gespielt? EdO in Reinkultur! Nach der 2. Tanda sind wir gegangen, und auf der Heimfahrt entstand die Idee für unsere eigene Milonga.

Nachdem unsere Filme ja immer einen Bezug zum Tango haben, kommt die Kombination eigentlich sehr gut an.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Gäste besser tanzen, wenn man ihnen „schwierigere“ Musik bietet. Kannst du das bestätigen?

Ich würde nicht sagen, dass sie besser tanzen, denn nur ein Wechsel der Musik ändert nichts an den Fähigkeiten der Tänzer/innen. Aber ich finde, sie tanzen dynamischer, trauen sich eher, mal etwas auszuprobieren. Manchmal kommentiert jemand „Oh, das ist aber anspruchsvoll“, aber es ist noch niemand von der Tanzfläche geflüchtet. Im Gegenteil, der kleinere, sehr persönliche Stil unserer Milonga ermutigt unsere Besucher, es einfach mal zu versuchen.

Lockt eure Musik auch vermehrt jüngere Leute an? Oder bleibt es beim tangotypischen Durchschnittsalter?

Die Musik würde jüngere Leute schon eher ansprechen. Das Problem sehe ich nur darin, dass die gar nicht erst dazu kommen, weil der Tango zurzeit leider ein eher verstaubtes Image hat.

Was könnte der Grund sein, mit dem Projekt wieder aufzuhören (Krankheiten und andere Schicksalsschläge mal ausgenommen)? Oder siehst du keinen?

Solange wir selber noch Spaß am Tanzen haben und sich genügend Mittänzer finden, sehen wir keinen Grund, aufzuhören.

Abschließend darfst du gerne noch etwas Werbung für eure Veranstaltung machen. Gibt es schon einen neuen Termin?

Wer ganz spontan ist, darf gerne am Mittwoch, 12. November, ab 20:00 Uhr kommen.

Der letzte Termin für 2025 ist Donnerstag, 11. Dezember, da feiere ich meinen Geburtstag und freue mich über jede/n der/die mitfeiern mag.

Unsere Termine sind auch jederzeit auf TangoMuenchen.de oder Facebook zu finden.

Was ich noch sagen wollte….

Interessanterweise war bisher das Verhältnis Führende/Folgende immer ziemlich ausgeglichen. Kleinere Ungleichmäßigkeiten gleichen Robert oder ich aus, da wir es als Veranstalter als selbstverständlich ansehen, dafür zu sorgen, dass niemand länger herumsitzt.

Im Übrigen darf bei uns ganz frei aufgefordert werden, ohne irgendwelche Regeln (naja, höflich sollte es schon sein).

Robert organisiert zwar die Musik in Tandas, aber dazwischen gibt es nur eine kurze, stille Cortina.

https://www.tangomuenchen.de/de/tanzen/termin-details/event/event/show/milonga-de-los-perros-12-11-2025.html

Liebe Carmen, herzlichen Dank für das Interview – und euch beiden weiterhin viel Erfolg mit eurer Milonga!

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