Auflegen oder tanzen?

Eine sehr interessante Frage ist nun in einer Facebook-Gruppe für DJs zu lesen:

Gestern Abend hatte ich bei einer Milonga ein interessantes Gespräch mit einem Freund, das eine Frage aufgeworfen hat, die ich dieser Community gerne stellen würde.

Ich kenne einige bekannte und talentierte Tango-DJs, die überhaupt nicht tanzen, keinen einzigen Schritt. Ich würde wetten, dass einige von euch hier in derselben Situation sind. Deshalb bin ich wirklich neugierig: Was hat euch dazu bewogen, DJ zu werden, obwohl ihr selbst nie Tango getanzt habt? Was hat euch dazu inspiriert, euch mit Musik zu beschäftigen und die Verantwortung für die Gestaltung der Tanzfläche zu übernehmen, obwohl ihr selbst keine Tanzerfahrung habt?

Die meisten DJs beginnen als Tänzer und wechseln nach und nach zum DJing, wenn ihre Verbindung zur Musik tiefer wird. Ich würde gerne eure Geschichten hören und verstehen, was euch auf diesen einzigartigen Weg geführt hat.“

Die meisten Antworten bestätigen das Phänomen, das offenbar vor allem für Argentinien zutrifft.  

„Hallo, es stimmt, dass einige der bekannten DJs in Buenos Aires noch nie getanzt haben. Aber das sind talentierte Musiker, die wirklich wissen, was Tangomusik tanzbar macht. Sie verstehen ihre Struktur.“

„In Argentinien gibt es DJs, die nicht tanzen. Aber in Europa kenne ich keine.“

„Ich vermute, dass argentinische DJs, die selbst nicht tanzen, genug Zeit in der Tangokultur verbringen, um zu wissen, was sich gut zum Tanzen eignet und was sich gut zum Zuhören eignet. Nicht-argentinische DJs hätten in ihren Heimatländern keine Chance.“

„Beethoven wurde irgendwann taub ... das hatte keinen Einfluss auf seine Fähigkeit zu komponieren ...“

Na, ob es in unserer Szene so viele musikalische Ausnahmetalente gibt wie Beethoven? Eventuell in der Eigenansicht…

Einzelne Kommentatoren aber können das Phänomen nicht glauben:

„Gute Frage. Aber ich persönlich bezweifle, dass das, was du beschrieben hast, wirklich existiert. Sie brauchen Tanzerfahrung."

Nein, es gibt tatsächlich DJs, die nicht selber tanzen – warum auch immer!

Quelle:

https://www.facebook.com/groups/TangoDJForum/permalink/3164567197043793

Für mich ist aber die Frage interessanter, warum so viele DJs nicht tanzen wollen. Oft hatte ich den Eindruck, die Aufleger seien vom Parkett auf die sichere Insel mit dem Laptop geflüchtet.

In den vielen Jahren meiner Milonga-Aktivitäten habe ich immer wieder DJs erlebt, die festgetackert hinter ihrer Anlage saßen und dabei fallweise ein Schnitzel verzehrten, im Internet surften oder E-Mails schrieben – vor der eigenen Musik durch Kopfhörer geschützt. Gerade Auflege-Experten lateinamerikanischer Herkunft konnte ich meist den ganzen Abend kein einziges Mal auf dem Parkett beobachten.

Für mich gibt es zwei Hauptmotive, warum jemand Tango-DJ wird: Er ist ein Technik-Freak und möchte lieber nicht tanzen. Dazu kommt bei Männern der oft exponierte Sitzplatz – zusammen mit der Lauterzeugung eindeutig ein Rangordnungs-Signal. Das kann ich im Frühjahr bei jedem Buchfinken-Männchen im eigenen Garten bewundern!

Selber bin ich da wohl ein selektionsmäßiger Ausfall:  

Beim eigenen Auflegen genoss ich stets die Gelegenheit, mich zu meiner Lieblingsmusik zu bewegen. Auch wenn die doppelte Aktivität öfters zu ziemlichem Stress führte.

In den letzten Jahren habe ich aber oft DJs (und vor allem DJanes) erlebt, die auch selber begeistert tanzen. Ein neuer Trend – oder liegt es daran, dass ich konservativen Milongas immer mehr fernbleibe?

Ich entdeckte oft ein seltsames Phänomen im Tango: Je höher jemand in der Hierarchie steigt, desto weniger tanzt er. Das gilt für DJs ebenso wie für Tangolehrerinnen und Lehrer – und auch bei Veranstaltern ist dieser Trend zu beobachten. Besteht die Belohnung für einen Rangordnungs-Aufstieg in der zunehmenden Distanz vom Parkett?

Ich habe schon öfters gelesen, ein wahrer Milonguero könne oft stundenlang warten, bis dann der eine, glückselige Moment auftauche, wo er genau zu seiner Lieblings-Tanda mit der einen Auserwählten die Piste betrete und einen rituellen Schwof hinlege.

Das würde einiges Bekloppte in unserem Tanz erklären!

Dazu noch ein paar Takte Tango – so macht doch Auflegen Spaß:

https://www.youtube.com/shorts/70PrsAGG2Uc

Kommentare

  1. und wieder kopieren sie respektlos und ungefragt aus einer privaten gruppe. der angeführte link ist daher irrelevant, da man mitglied dieser gruppe sein müsste, um den inhalt nachlesen zu können.
    und nochmals: hier geht es nicht um juristische rechthaberei - hier geht es um respekt und anstand. beides haben sie nicht.

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    1. Tja, schade, gell? Da müssten Sie sich doch glatt anmelden. Aber unbesorgt, die nehmen jeden! Und man kriegt ein bisschen Ahnung von Tangomusik.
      Dieses moralinsaure Gedöns (natürlich fern des Themas) erinnert mich wirklich an meine frühen Jugendjahre in unserer katholischen Pfarrei. Sie sehen ja selber, wieviel das genützt hat…

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