Liebes Tagebuch… 4



Letzten Freitag war ich wieder einmal auf der Milonga „Tango de Neostalgia“ in Freising. Schon die spezielle Ankündigung hatte mich sehr amüsiert:
„Heutiges Spezial: ‚Tandas und Cortinas‘ - mit der Besonderheit, dass die Cortinas bei uns immer tanzbar sind!
Der Gastgeber Peter Ripota hielt dann zum Thema – natürlich weitgehend improvisiert – eine kleine Ansprache, die wahrlich Loriot-reif war. Spontan bat ich ihn, seinen Text aufzuschreiben und mir zur Verfügung zu stellen. Mit seiner freundlichen Genehmigung veröffentliche ich ihn nun:
„Heute wollen wir traditionell sein. Wir haben ja schon den schlechten Ruf, immer etwas anderes zu machen als das, was sich gehört. So probieren wir es heute mit klassischen Tandas und Cortinas. Ein wenig anders ist es bei uns aber doch: Wir fangen mit einer Cortina an. Dann kommt eine Tanda mit drei klassischen Tangos. Dann kommt eine Cortina, die sich als Tango verkleidet hat, und danach ein Tango, der sich als Cortina verkleidet hat. Also nicht verwechseln!
Da mir aber das dumme Abspielprogramm am Tanzschulrechner die Reihenfolge immer völlig durcheinanderbringt, ist vielleicht alles falsch, was ich bisher gesagt habe. Einerlei: Frohes Tanzen!“
(Die erste Cortina war eine Rumba. Die als Tango verkleidete Cortina war "Buona Sera" - fängt ja als Tango an, gesungen von Billy Mo. Der als Cortina verkleidete Tango war ein Neotango. Ich hoffe, das reicht!)
Den Gästen war offenbar die genaue Zuordnung egal – sie tanzten eifrig auf eine wirklich schöne, scheuklappen-freie Musikzusammenstellung.
Wer sich einmal selbst überzeugen will - die nächste Milonga in Freising gibt es am 4.12.15:

P.S. Noch ‘ne Schleichwerbung: Peter hat kürzlich eine umfassend bearbeitete Neuausgabe seines Buches „Tangosehnsucht“ herausgebracht. Wer also mehr über seine unkonventionellen Ansichten erfahren möchte:

Kommentare

  1. Holy cow, Gerhard. Ich glaube, ich werde dieses Buch doch kaufen.

    Daß ich es bisher nicht getan habe, ist nichts Persönliches. Ich dachte, daß es wirklich nur um "Milongaführer" geht, was mir als nicht in deiner Gegend wohnhaften, tangomäßig wenig mobilem Menschen nicht allzuviel Erkenntnisgewinn versprochen hat.

    Ich sehe - wie kürzlich geschrieben - so gut wie nie Tangofilme und lese außer im Web auch keine Texte über den Tango.

    Also - wenn Texte wie der im Post zitierte auch nur 30% des Buches ausmachen, bin ich dabei. Wobei es nicht nur Sachinformationen sein müssen, Granteln und Satire zählen auch.

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    1. Vielen Dank, das hören Autoren natürlich gerne!

      Nur zur Sicherheit, weil der Kommentar an dieser Stelle steht: Das obige Buch ist von Peter Ripota (auch empfehlenswert) - aber Du meintest wahrscheinlich meinen "noch größeren Milonga-Führer".

      Das beschriebene Missverständnis erlebe ich öfter - der Titel hat "autobiografische" Gründe. Heute würde ich das Buch anders nennen.

      Alsdann, viel Spaß beim Lesen!

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  2. Liebe Gerhard. Ich lese deine Artikel und die Kommentare sehr gern und laufend.
    Heute ist mir schlagartig eingefallen, was ich im Hinterkopf schon längst gespürt habe: dieses Tango-Getue von Erwachsenen, erinnert mich genau an unseren Mickymaus Club, den wir im Alter von sechs Jahren gegründet haben. Wir erfanden genaue Verhaltensregeln und bestimmten auch, wer mittun darf und wer nicht.

    Herzliche Grüße
    Peter

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    1. Lieber Peter,

      zwei Seelen, ein Gedanke! Das habe ich neulich auf einem anderen Forum einem "Mitspieler" geschrieben:

      "Lieber ElPuntazo,
      schau, ihr spielt‘s a bissel Winnetou & Old Shatterhand und gebt‘s euch argentinische Pseudonyme, die auch noch Tangotitel sind… ist doch schön, bis zu an bestimmten Alter!"

      Bei manchen Leuten stehen die Sandeimerchen auch nach Jahrzehnten noch griffbereit...

      Herzliche Grüße
      Gerhard

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    2. Liebes Tagebuch,

      jüngst erlebte ich sogar eine Eifersucht, die als Cortina verkleidet war:

      Ich tanzte mit der Partnerin des DJs, und die Dame bewegte sich in meinen Armen, na ja, ziemlich spektakulär...

      Nach drei Tangos kam dann schon die Cortina, während ansonsten die Tango-Tandas stets vier Stücke umfassten.

      Anschließend griff sich der DJ sofort seine Freundin zum gemeinsamen Tanz, wohl, um meine Spuren zu verwischen...

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  3. Lieber Gerhard

    Die Parallelität der Ereignisse und Gedanken ist wirklich verblüffend. Bei uns im Salzkammergut ereignet sich bei einem Veranstalter einer Milonga regelmäßig das Ggleiche: Ich tanze mit verschiedenen Frauen, offenbar auf eine Art und Weise, die dem Veranstalter nicht genehm ist.

    Nach jedem meiner Tänze greift er sich die Frau, zwickt sie sich nahe an seinen Luxuskörper und drückt ihr die einfachen vorwärts- und Seitwärtsschritte aufs Auge, von denen er denkt, sie wären Tango Argentino.

    Er will die Spuren nicht einmal nur bei seiner Partnerin verwischen, sondern bei allen Frauen, Die von mir mit etwas umfassenderen Bewegungen infiziert werden.

    Das gleiche Verhalten beobachte ich bei unserem Kater, wenn er seine Bereiche markiert. Mann, bzw. in diesem Fall Frau kann nur froh sein, dass bei diesem Veranstalter das Markieren nur durch Tanzen stattfindet.

    Muss schon eine sehr verquere Philosophie hinter diesen Tangoschlapfen stecken.

    Lass mir die ausladenden Bewegungen aber nicht vermiesen.

    Werd mir noch eine Methode ausdenken, um die jeweils gerade gehabte Tanzpartnerin so schnell zu verkuppeln, dass er nicht mehr markieren kann.

    Herzliche Grüße
    Peter

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    1. Wahnsinn!

      Aber solche Tänzer genießen einen entscheidenden Selektionsvorteil: Frauen halten derartige Geschichten für erfunden, weil "die Männer sicher nicht so primitiv sind".

      Doch, sind sie aber...

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