Der Musik hinterher
Mit einer Glosse über ein Unterrichtsangebot in der Münchner „Brezel Practica“ hatte ich mir vor einiger Zeit den Zorn eines (übrigens gar nicht gemeinten) Oberpfälzer Tangoveranstalters zugezogen, der in eine wochenlange, wüste Kampagne gegen mein Blog mündete:
https://milongafuehrer.blogspot.com/2025/03/mit-der-brezel-durchs-gewuhl.html
Ich frage mich halt, ob es meine Schuld ist, wenn Tango-Organisatoren einen hinreißenden Quatsch veröffentlichen, zu dem sich Satiren praktisch von selbst schreiben!
Dazu kommt, dass Schimpfen auf Grund völligen Humormangels stets zu einer rasanten Steigerung meiner Zugriffszahlen führt und dadurch bewirkt, dass meine Ideen sich stärker verbreiten. Insofern bin ich für sinnloses Gegeifere durchaus dankbar!
Neulich hat ein Tango-DJ, der Opfer einer Satire wurde, sogar sein Gefallen ausgedrückt. Klar, meine Glossen führen zu einem stärkeren Bekanntheitsgrad seines Angebots – und vielleicht kriegt er mehr Gäste, weil ich seine Aktivitäten lustig finde. Sehr vernünftig!
Daher hoffe ich, dass nun nicht wieder der Krieg ausbricht, wenn ich das neueste Angebot der „Brezel Practica“ bespreche. Ich zitiere den vollen Wortlaut:
„Habt ihr manchmal das Gefühl, der Musik hinterherzulaufen, anstatt mit ihr zu tanzen? Wünschst du dir manchmal, du könntest besser vorhersehen, was als Nächstes im Lied kommt?
🎼 Um deine Bewegungen auf die Musik abzustimmen, musst du nicht nur fühlen, sondern auch vorausdenken. Das Verständnis der musikalischen Struktur hilft Tänzern aller Rollen, mit dem Rhythmus verbunden zu bleiben, Gefühle klarer auszudrücken und mit größerer Bewusstheit zu tanzen.
🎶 Diese Woche begrüßen wir (…) zu unserer Brezel Practica! (…) wird praktische Werkzeuge und Hörübungen vorstellen, die sowohl Führenden als auch Folgenden helfen, musikalische Phrasierungen zu erkennen. Anhand von Beispielen ausgewählter Lieder wird er uns zeigen, wie Struktur, Entwicklung und musikalische Regelmäßigkeiten unsere Interpretation vertiefen können und dabei rationale Analyse mit Kreativität und Emotion verbinden.
🥨 Sie wollen mit der Musik tanzen, nicht hinter ihr? Dann komm zu Brezel Practica, dem Ort, an dem sich Freunde treffen!“
Quelle:
https://www.facebook.com/groups/tangomuenchen/permalink/10161527041366186
Ach Mensch – das ist schon wieder nichts für mich!
Erstens denke ich beim Tanzen äußerst ungern, weil mich das bei den Automatismen stört, die sich in vielen Jahren Tanzen herausgebildet haben. Und schon gar nicht mag ich vorausdenken, da ich das konservative Musikprogramm, welches mir auf vielen Milongas geboten wird, rauf und runter kenne. Und selbst, wenn mir ein Schellack-Schlager mal neu ist, bleibt doch das Arrangement so gut wie immer ähnlich und leicht durchschaubar.
Solche Stücke erinnern mich an einen Krimi, bei dem man nach wenigen Seiten bereits den Mörder kennt. Sehr spannend!
Daher habe ich beim Tanzen zu solcher Musik das gegenteilige Problem: Ich möchte der Musik vorauslaufen, damit eher Schluss ist. Aber das würde die meisten Tanzpartnerinnen irritieren. Zudem befindet sich vor uns öfters ein Paar, das noch mit der „rationalen Analyse“ beschäftigt ist und daher nicht vorwärtskommt. „Kreativität“ und den „Ausdruck von Gefühlen“ bemerke ich eher selten. Wie auch – bei dieser Musik?
Das Ganze erinnert mich an eine Geschichte, die der Kabarettist und Physiker Vince Ebert oft bei seinen Auftritten erzählt:
In jungen Jahren sei er mit einigen Kumpels der heimischen Kleinstadt Amorbach entflohen. In Frankfurt besuchten sie ein Striptease-Lokal. Was Ebert die ganze Zeit seiner Beobachtungen beschäftigte: Drehen sich die Damen auf der Südhalbkugel an der Stange anders herum als auf der nördlichen Hemisphäre?
Ob er es herausgefunden hat, gibt er nicht an. Aber wieso sollte er sich mit anderem beschäftigen? Der Rest ist doch, wie bei traditioneller Tangomusik, absehbar:
Mehr als nackich geht nicht!
Daher nun – sorry – kein Nachtclub-Video, sondern ein wenig Physik-Grundwissen:
https://www.youtube.com/watch?v=rqS_dhIptw8
P.S. Dreht man beim Tango in Argentinien – verglichen mit uns – lieber in die gegensätzliche Richtung? Aber das sollen die Experten klären!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen