Von ausbleibender Belästigung
Ein (gar noch Realo-)Mann zu sein und außerdem unverschämt gut auszusehen gilt bei den Grünen als Sicherheitsrisiko. Speziell in Berlin. Wenn man zudem noch Erfolg hat, kann das die politische Karriere beenden.
Diese Erfahrung machte jüngst der grüne Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar:
Von 2008 bis 2011 war er Landeschef der Berliner Grünen, seit 2017 sitzt er nun per Direktmandat im Bundestag, vorher war er ab 2011 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Zudem gilt er als Verkehrsexperte. Doch auch das wollen wir ihm nicht negativ anrechnen...
Seine Neuaufstellung zur aktuellen Wahl des Bundestags schien kein Problem zu sein: Er wurde mit gut 98 Prozent gewählt. Dann machten jedoch Beschwerden über sexuelle Verfehlungen die Runde. Gewichtig erschien vor allem die eidesstattliche Versicherung einer „Anne K.“, in der es offenbar um sexuellen Missbrauch, eventuell durch KO-Tropfen, ging. So schritt man Anfang Januar 2025 bei den Berliner Grünen zu einer Kandidaten-Neuaufstellung, nachdem Gelbhaar auf den zweiten Listenplatz zugunsten des Habeck-Wahlkampfmanagers Andreas Audretsch verzichtet hatte. Gelbhaar verlor nun haushoch gegen eine parteiinterne Konkurrentin und ist völlig aus dem Rennen.
So richtig konkret machten die Grünen ihre Vorwürfe gegen ihn nicht – das Verfahren vor der parteieigenen Ombudsstelle dümpelt vor sich hin. Der Angeschuldigte, selber von Beruf Strafverteidiger, wehrt sich nun mit allen juristischen Mitteln. Seine Bundestagskandidatur jedenfalls kann er vergessen – da sind die Termine überschritten.
Seit Kurzem überschlagen sich nun die Ereignisse: Die Kronzeugin „Anne K.“ gibt es offenbar gar nicht! Recherchen im Einwohnermeldeamt und am angeblichen Wohnort ergaben, dass sie dort unbekannt ist. Warum der öffentlich-rechtliche Sender rbb nicht genauer nachgeprüft hat, wird dort nun bedauert:
„Uns ist als rbb in der Recherche ein Fehler unterlaufen. Journalistische Standards sind nicht vollumfänglich eingehalten worden. Die hinter der eidesstattlichen Versicherung liegende Identität ist von der Redaktion nicht ausreichend überprüft worden.“
Tja, „Recherchen" hält man in der heutigen journalistischen Zunft wohl für kleine Gartengeräte...
Eingefädelt hat das Desaster offenbar
die Fraktionsvorsitzende in der Berliner Bezirksverordnetenversammlung, Shirin Kreße,
ihres Zeichens feministische Aktivistin: Der Verdacht liegt nahe, dass die Dame
ihre Kronzeugin frei erfunden hat. Aktuell hat sie nicht nur auf ihr
Mandat verzichtet, sondern ist auch aus der grünen Partei ausgetreten. Klar,
das verhindert ein Ausschlussverfahren inklusive peinlicher Fragen. Vom
Sender rbb hat sie sich inzwischen eine Strafanzeige eingehandelt.Mit Recht!
https://www.fr.de/politik/der-fall-gelbhaar-wird-fuer-die-gruenen-zum-desaster-93523759.html
Klar, der gelernte Jurist Stefan Gelbhaar setzt sich nun mit allen rechtlichen Mitteln zur Wehr. Seine politische Karriere wird das nicht retten. Ebenso ist zu erwarten, dass dieser Skandal mit eventuellen Verbindungen bis zur Parteispitze den Grünen erheblich schaden dürfte. Natürlich, so Wahlkampfchef Audretsch, nunmehr mit sicherem Listenplatz ausgestattet, habe er niemals dem Konkurrenten Gelbhaar zugesetzt. Klar – in diesen Kreisen lässt man eher etwas mitteilen statt selber Zitierfähiges zu produzieren…
Der Skandal wird der grünen Partei mit Sicherheit schaden – wie sehr, ist noch nicht abzusehen. Trotz meiner generellen Sympathie für diese politische Richtung kann ich das nicht bedauern. Wo mit krimineller Energie Karrieren vernichtet werden, darf man sich über die Höhe des Preises nicht beklagen.
Ich kenne Stefan Gelbhaar, der in einer festen Beziehung lebt und zwei Kinder hat, nicht persönlich. Nach allem, was ich von ihm gesehen habe, kann ich mir vorstellen, dass er gegen weibliche Schönheit nicht unempfänglich ist. Mag also sein, dass er mal Charme im Übermaß versprühte oder einen lockeren Spruch brachte. Solche Männer leben in einer Emanzen-Partei gefährlich, wobei man gerne einen strafrechtlichen Quastenflosser exhumiert: Die Tat, so die Gerichte nicht nur in der Kaiserzeit, sei dem Angeklagten „zuzutrauen“. Quod erat demonstrandum…
Und, schrecklicher Verdacht: Vielleicht hat Herr Gelbhaar seine Sympathien bei den grünen Damen nicht gerecht verteilt? Auch ausbleibende Belästigung kann gewaltige Probleme mit sich bringen…
Sollte ich nicht auch mal die Grünen
wählen, deren umweltpolitische Ziele mir grundsätzlich durchaus sympathisch
sind? Ich habe mich das schon öfters gefragt. Nach solchen Ereignissen, welche ja eine Entwicklung zeigen, bin ich
froh, es nie getan zu haben. Ich glaube auch nicht, dass man mit einem „alten
weißen Mann“ wie mir viel Freude hätte. So werde ich lieber nicht „Teil der
Bewegung“ (welch historisch gruselige Formulierung)! Welcher Mann kann sich denn sicher sein, gegenüber Frauen stets ein vorbildliches Verhalten gezeigt zu haben? Die Damen übrigens auch nicht.
Und weil wir nun schon im Osten angekommen sind, benutze ich lieber ein Wort des sächsischen Königs Friedrich August III, der bei seiner Abdankung gesagt haben soll:
„Nu da machd doch eiern Drägg alleene“
https://www.youtube.com/watch?v=xJKTbGwe6ew
Zum Weiterlesen:
https://www.bz-berlin.de/berlin/die-affaere-gelbhaar-gruene-pankow
https://taz.de/Vorwuerfe-gegen-Gruenen-Politiker/!6059812/
Der „Fall Gelbhaar“ wird für die Grünen zum Desaster
https://www.n-tv.de/politik/Der-verworrene-Fall-Stefan-Gelbhaar-article25499838.html
Sonst gab es meistens am Ende des Exkurses einen Rückbezug zum Tango. Hier habe ich einen einen solchen erwartet aber nicht gefunden. Gab es keinen Anknüpfungspunkt oder war das "satirische Freiheit"?
AntwortenLöschen„Ein Exkurs ist eine in den Text von wissenschaftlichen Abhandlungen eingefügte oder als Anhang beigefügte, selbständige und in sich geschlossene Abschweifung bzw. Digression. Im weiteren Sinn versteht man darunter eine kurze schriftliche Ausarbeitung oder eine fachbezogene Ergänzung in einem Vortrag.“
Löschenhttps://de.wikipedia.org/wiki/Exkurs
Kannst du mir bitte angeben, wo im Artikel Deiner Meinung nach der Exkurs endet?
Nach einem Bericht der „Berliner Morgenpost“ hat ein prominentes örtliches Mitglied seinen Austritt bei den Grünen angekündigt:
AntwortenLöschenÖzcan Mutlu, lange Jahre als bildungspolitischer Sprecher im Berliner Abgeordnetenhaus und zwischen 2014 und 2017 im Bundestag, schreibt:
„Intrigen, Machtspiele und eine eklatante Fehlerkultur haben Bündnis 90/Die Grünen zu einer Organisation gemacht, die meine Überzeugungen und Werte nicht länger repräsentiert.“
Stefan Gelbhaar sei „aufgrund einer haltlosen und offensichtlich falschen Anschuldigung sexueller Belästigung nicht nur öffentlich diffamiert, sondern politisch vernichtet“ worden.
Auch er sei 2021, als er sich um einen Wiedereinzug in den Bundestag bemüht hatte, „durch gezielte Intrigen und falsche Beschuldigungen zur persona non grata erklärt“ worden. Es sei behauptet worden, er, Mutlu, habe wenige Tage vor den Wahlen, Türken als Mitglieder in die Partei geschleust, die ihm eine Mehrheit sichern sollten.
Diese „destruktiven Strukturen“ müssten „ans Licht gebracht und konsequent hinterfragt“ werden.
https://www.morgenpost.de/politik/article408127310/wegen-umgang-mit-gelbhaar-politiker-tritt-bei-gruenen-aus.html