Ein neuer Stern am Blogger-Firmament

 

Kürzlich holte mich – wie könnte es im Tango anders sein – die Vergangenheit ein: Ein Blogger-Kollege, dessen Texte ich aus früheren Zeiten ganz gut kenne, bat mich um Mithilfe bei der Propagierung neuer Artikel, welche er eventuell zu schreiben gedenke.

Mein Archiv vermeldete mir, dass der Kollege es ab 2015 schon einmal versuchte, damals noch unter Pseudonym. Heftig kritisierte er seinerzeit meine grundsätzliche Weigerung, Kommentare ohne Klarnamen zu veröffentlichen, als „albernen kleinen Geßlerhut“, den zu grüßen er nicht bereit sei. Er fände es „zum Mäusemelken“, dass es daher bei mir nicht so „lebendig und bunt“ zugehe wie auf dem Blog des geschätzten Herrn Cassiel.

Na gut, irgendwann gab ich nach und veröffentlichte Anmerkungen des Kollegen, der ja immerhin ein eigenes Blog betrieb. Heute weiß ich: Das war ein Fehler.

Nach einer rührigen Anfangsphase war dann auf diesem Blog weitgehend Schluss. Okay, das bin ich von Konkurrenzunternehmern gewohnt, die meinen, mit einigen tollen Beiträgen würde man automatisch weltweit gelesen… Etliche Jahre herrschte dann weitgehend Funkstille.

Neulich erreichte mich eine Mail des Kollegen, in welcher er bekannte, irgendwann sei ihm das Bloggen „langweilig“ geworden. Nun aber bekomme er Lust, damit wieder anzufangen – mit einem (für ihn) attraktiven Angebot: Ob ich bereit sei, auf seine Veröffentlichungen hinzuweisen? Es fehlte nicht die Drohung mit Risiken und Nebenwirkungen:

„Dein Risiko: Wenn ich wieder schreibe, wirst Du mit einiger Wahrscheinlichkeit auch ab und zu etwas abkriegen.
Dein Gewinn: Ich glaube, wenn das Wasser (der Blog-Aktivität) steigt, hebt das alle Boote in Richtung Relevanz.

Nun weiß ich nicht, ob sich mein Boot noch weiter heben sollte – schließlich braucht es nicht mehr Wasser unterm Kiel. Und fremde Schiffchen von der Werft ins Nasse lüpfen? Noch dazu welche, die seit Jahren im Trockendock vor sich hin rosten?

Hellhörig wurde ich, als der Kollege mir gestand, nunmehr habe er keine Probleme mit Klarnamen mehr – und mir seinen nannte. Echt? Kürzlich hatte diese Person mir auf meinem Blog einige ziemlich heftige Anmerkungen zukommen lassen. Und das nur, weil ich gebeten hatte, auf das Thema meines Artikels einzugehen. Das scheint für Leute eine Zumutung darzustellen, welche meine Seite lediglich als Veröffentlichungs-Maschine begreifen, welche eine größere Reichweite als ihr eigener Kram hat!

Ich antwortete dem Kollegen:

„Lieber …,

ich bewundere Dein Selbstvertrauen angesichts der ziemlich heftigen Sprüche, die Du neulich als Kommentare auf meinem Blog hinterlassen hast.

Du glaubst wirklich, dass dies eine Basis für Zusammenarbeit oder gar Hilfestellung ist?

Nein, da kümmere Dich mal schön selber um Dein Blog – mache ich seit vielen Jahren entsprechend so.“

Immerhin zeigte der Angesprochene nun Einsicht:

„Alles klar, schade, weil ich so etwas mehr Arbeit habe, um Reichweite zu bekommen. Aber so ist es auch sauberer.“

Also, lieber Kollege, nach über 11 Jahren Bloggen kann ich dir die Tatsache nicht verschweigen: Ja, es macht ganz schön viel Arbeit. Und, schlimmer noch: Der Erfolg stellt sich nicht automatisch ein. Selbst, wenn man „sauber“ steigern möchte…

Und schon gar nicht wird die Einstellung funktionieren, welche mir der Kollege ebenfalls mitteilte:

„Bevor ich da Arbeit reinstecke, will ich erstmal sehen, ob sich das lohnt.“

Ich fürchte, die Kausalität ist eine andere: Wenn man keine Arbeit investiert, wird man nie herauskriegen, ob sie sich gelohnt hätte!

Daher sehe ich das geplante Revival des Kollegen gelassen: Wenn er merkt, dass es Mühe macht, dürfte er es bald wieder aufgeben!

Was mich beim Auftauchen von Tangoblog-Eintagsfliegen stets fasziniert, ist die fallweise Begeisterung, welche sie auslösen. Das zeigt mir: Man wartet sehnlichst auf einen neuen Cassiel:

„Cassiel fand ich immer sehr interessant, aber leider hat er mit dem Bloggen aufgehört“ schreibt Kollege Schütt.

Das Problem ist halt: Der neue Cassiel müsste sprachlich und inhaltlich zumindest das Gleiche hinkriegen wie der alte. Und da sieht es leider düster aus.

Schütt nimmt das gleich persönlich und will die Frage beantworten: „Warum blogge ich?“

Dabei vergisst er nicht, auf die Untauglichkeit bestehender Erzeugnisse hinzuweisen:

„Praktisch alle Blogs, die ich kenne, sind ‚von Experten für Experten‘ geschrieben. Für Menschen wie mich, die den Tango erst lernen wollen, enthalten sie sehr wenige brauchbare Informationen.“

Nun habe ich zwar stets abgestritten, ein „Tangoexperte“ zu sein – aber offenbar konnte ich es einfach nicht verheimlichen… Und es ist natürlich schade, dass Schütt unter den fast 2000 Veröffentlichungen auf meinem Blog so wenig gefunden hat, das ihm weiterhilft! Aber so ist das wohl mit der Gnade der späten Geburt... Und habe ich nicht gelesen, Schütt erteile bereits selbst  Tangounterricht? Ja, wie denn jetzt?

Er schreibt: „In welchem Blog finde ich ‚alltagstaugliche‘ Anregungen, die ein Amateur wie ich auf meiner lokalen Milonga anwenden kann?“

https://helgestangoblog.blogspot.com/2025/01/warum-blogge-ich.html

Na ja, lieber Helge – vielleicht schon mal da nachgesehen?

https://milongafuehrer.blogspot.com/search/label/Was%20Ihnen%20Ihr%20Tangolehrer%20nicht%20erz%C3%A4hlt

Aber ich will mich nicht aufdrängen. Man ist halt beständig auf der Suche nach einer „Tango-Wundertüte“ und hängt dann durch, wenn sie nur irgendein billiges Plastik-Spielzeug enthält. Dass man diesen Tanz für sich selber entdecken muss, wird als unangenehme Wahrheit ausgeblendet. Sicher, Blogartikel können einen auf gute Ideen bringen – aber ohne eigenes Bemühen sind die nett zu lesen, mehr aber nicht.

Mit Sternen ist das so eine Sache: Vom außer der Sonne erdnächsten Stern (Alpha Centauri) benötigt das Licht immerhin gut 4,2 Jahre, um zu uns zu gelangen: In der Astronomie wie im Tango sehen wir also stets die Vergangenheit – auch wenn die uns aktuell erscheint!

So lautet denn die Bitte Schütts an den neuen alten Propheten: „Hau rein in die Tasten und lass uns an deinem Erfahrungsschatz teilhaben!“

Mich erinnert das an die lustigste Musikkritik, die ich je gelesen habe – sie bezog sich auf eine (offenbar lausige) Inszenierung der Operette „Der Zigeunerbaron“ von Johann Strauss. Es hieß darin: „Dass man den Schatz ausgerechnet im Orchestergraben fand, dürfte der subtilste Gag des Abends gewesen sein.“

Wer sich mit dieser Form des Musiktheaters nicht so auskennt: Gemeint war der „Schatzwalzer“:

https://www.youtube.com/watch?v=pQ29IrwtdVw

Könnte man direkt dazu tanzen. Sogar einen Tangovals.

Kommentare

  1. Update: Der betreffende Blogger hat nun die Kommentarfunktion zu seinem Artikel gesperrt. Zur Erinnerung: Es ist derselbe, welcher einst auch anonyme Kommentare für die Blogs als essentiell hingestellt hat!
    Manchmal kann man sogar mich noch verblüffen…

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