Gerhards Tandas 6

 

Wenn ich nach Musik zu unseren Wohnzimmer-Milongas suchte, war ich immer wieder fasziniert von der Fülle an zeitgenössischen Künstlern, die Tangos komponieren, singen oder spielen. Manche von ihnen waren richtige „Geheimtipps“, deren Schaffen man wirklich erstmal suchen und entdecken musste.

Es spricht aber für die gigantische Expertise deutscher Tango-DJs, dass sie sogar international gefeierte Stars übersehen, deren Wirken zum großen Teil oder sogar ausschließlich dem Tango gilt, deren Aufnahmen man jedoch auf keiner Milonga hört. Bei den Konservativen eh nicht – aber auch die „Neos“ haben sie überhaupt nicht im Blick.

Na gut – es gibt ja noch Pörnbach… Bereits 2016 stellte ich bei uns die Sängerin und Gitarristin María Volonté vor (María Cristina Pasquinelli, geb. 1955 in Buenos Aires). Seit 1996 hat sie 10 CDs herausgebracht, sie gewann 2004 den Premio Gardel als beste Tangosängerin und ist Mitglied der „Tango Hall of Fame“. Das „Songlines Magazin“ bezeichnete sie als das „bestgehütete Geheimnis des argentinischen Tangos“. Sie stand noch mit Astor Piazzollas letztem Quintett auf der Bühne.

https://www.mariavolonte.com/

Mich beeindruckt vor allem ihre lyrische, balladenhafte Vortragsweise, mit der sie Tango-Klassiker, aber auch moderne Stücke mit Latin-, Blues- und Jazzelementen darbietet. Tangomusik hat halt verschiedene Färbungen – und nach einer Runde mit dramatischen, fetzigen respektive übermütigen Stücken ist eine Tanda mit Chanson-Charakter stets eine schöne Abwechslung.

Zur Sicherheit nochmal der Hinweis: Mir geht es hier nicht um musiktheoretische Abhandlungen, sondern darum, Menschen auf dem Parkett in Bewegung zu bringen. Daher: Teppich weggerollt, Tanzschuhe (oder Socken) an? Dann los!

María Volonté interpretiert hier zusammen mit Horacio Larumbe den Ohrwurm von Mercedes Simone: „Cantando“.


https://www.youtube.com/watch?v=SfhZ3Iayjfo

Die Sängerin kann aber auch anders, nämlich mit größerer Besetzung. Hier singt sie zusammen mit dem Pan American Symphony Orchestra den Klassiker Como dos Extraños“ („Wie zwei Fremde“) von José María Contursi (Text) und Pedro Laurenz (Musik) aus dem Jahr 1940:


https://www.youtube.com/watch?v=rhOIQBrMrQM

Damit der Vals nicht zu kurz kommt, nun noch der selten gespielte, aber wunderschöne Titel „La Pulpera de Santa Lucia“ („Die Wirtin von Santa Lucia“). Es stammt von Héctor Pedro Blomberg (Text) und Enrique Maciel aus dem Jahr 1929:

https://www.youtube.com/watch?v=4-s7R4OXeb8

Und da der Tangolehrer Klaus Wendel es neulich auf seinem Blog bedauerte, dass auf bundesdeutschen Milongas nicht auch mal „Otros Ritmos“ gespielt würden, hier zum Abschluss noch das wunderbar verswingte „La vie en rose medley“.


https://www.youtube.com/watch?v=cM9FUtQqq2E

Die anderen beiden Melodien erkannt? Que reste-t-il de nos amours“ („Was bleibt von unseren Liebschaften“) komponierte 1942 Léo Chauliac, getextet hat es der legendäre Charles Trenet, welcher es auch bekannt machte. „C’est si bon“ („Es ist so gut“) verfassten 1947 Henri Betti (Musik) und André Hornez (Text). Bekannt wurde der Song vor allem durch die Versionen von Louis Armstrong, Eartha Kitt und Yves Montand. Und „La vie en rose“ („Das Leben in Rosa“) komponierte 1945 Louiguy (Louis Guglielmi). Getextet und berühmt gemacht hat es Edith Piaf.  

Obwohl María Volonté einmal bekannte, ihr Schicksal sei der Tango, sang sie sich auch quer durch verschiedene Genres wie Latin und Jazz. Damit war wohl ihr Schicksal bei den hiesigen Tango-DJs endgültig besiegelt: Reinrassig muss er halt sein, der germanische Tango argentino

Aber weil es jetzt eh schon wurscht ist, tanzen wir noch zur Originalversion von Que reste-t-il de nos amours“ mit Charles Trenet (1913-2001):


https://www.youtube.com/watch?v=DEmQSeNQrh4

Kommentare

  1. What sagt the 75er Youngster dazu?: JEPP ❣️

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  2. Ja, das meine ich auch!
    Besonders fasziniert hat mich der Vortrag von Charles Trenet im letzten Video. Mit welch subtilen Mitteln er sein Lied wirken lässt - wenn man das mit dem Sieger des diesjährigen Eurovison Song Contest vergleicht...

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