Maske in Ungenau


Wahrlich, ich sage euch: Wenn ich jetzt nochmal einen Medienverdreher erlebe, der mit kondomumhülltem Bommel in Vorhalte einen Virologen fragt, ob denn „Masken empfehlenswert“ seien, dann reihere ich – nicht nur bei ARD und ZDF – in die ersten Sitze!

Echt, Leute, was soll denn der Blimelblamel? Klar, der Mediziner darf dann zum tausendsten Mal die ganze Suada von FFP-3 über chirurgische Masken bis zu dem herunterbeten, was man nun gelegentlich „Alltagsmasken“ nennt. Fazit: Die einen sind fürs Krankenhauspersonal, bei den anderen weiß man auch nicht genau, ob sie eine COVID19-Infektion wirklich verhindern.

Apropos: Karin und ich haben uns dann doch für „Sonntagsmasken“ entschieden, die uns eine liebe Freundin genäht hat. Herzlichen Dank!

Gut jedenfalls, dass ich gestern die Diskussion zum Thema beim Intelligenz-Imitator Markus Lanz versäumt habe. Einen „Wahnsinn“ (laut Pressebericht) fand der Moderator es, dass es beispielsweise in Wolfsburg bereits jetzt Maskenpflicht gebe, im 30 Kilometer entfernten Braunschweig aber erst nächste Woche. Die „Glaubwürdigkeit“ der Politik sei in Gefahr, das „Vertrauen“ sei „erodiert“: „Ein gutes Lehrstück, wie wir es nicht machen sollten“.

Na, bei dem Thema hat der gute Markus ja viel Erfahrung, auch mit Shitstorms gegen seinen unerträglichen Moderationsstil… Und klar, die „räumlich-zeitliche Orientierung“ leidet insbesondere bei Schädel-Hirn-Traumata. Wer allerdings keinen auf die Birne gekriegt hat, sollte schon noch wissen, wo er wohnt – und wenn nicht: Im Zweifel einfach die Klappe verhüllen, dann scheppert die Luft nicht so laut wie in manchen Talkshows.

Einen drauf setzte in der Papperlapapp-Mache die Philosophin, Autorin und Moderatorin Thea Dorn, die ich wohl vom „Literarischen Quartett“ kennen sollte: „Um mündig als Bürgerin entscheiden zu können, hätte ich gerne eine transparente Erklärung, welcher Schutz wann wo was genau bringt. (…) Ich fühle mich für dumm verkauft".

Ich fürchte, da ist ein Verkauf unnötig. Eher sehe ich hier das Elend, dass man hierzulande den naturwissenschaftlichen Unterricht immer mehr herunterfährt. Viele halten wohl auch Teilchenbeschleuniger für Abschussanlagen kleiner Gebäckstücke. Sonst könnten einem solche Sätze gar nicht entweichen.

Für Geisteswissenschaftler mal ganz einfach erklärt: Naturforscher sind Leute, die (wenn sie gut sind) die eigenen Resultate ziemlich skeptisch betrachten. Sie erheben eine Unzahl von Daten, rechnen mit Wahrscheinlichkeiten und Fehlerintervallen. Wenn dann vieles passt, entwickeln sie Modelle – und die sind, wie wir schon an Modenschauen sehen, oft weit von der Realität entfernt.

Was wir über Masken ziemlich sicher wissen: Sie verhüllen das Gesicht durchaus brauchbar bei Überfällen auf Postkutschen. Alles andere ist nicht so einfach und beruht letztlich auf Wahrscheinlichkeiten.

Mit einiger Vereinfachung kann man sich einen Buntspecht vorstellen, der auf absolut gerader Linie durch ein Kiefernwäldchen fliegt. Dann ist es einfach Zufall, ob er ohne Anstoß durchkommt oder es ihn mit Hyperspes (plus Schlafender Energiereserve) in einen Föhrenstamm nagelt. So blöd ist aber kein Vogel. Ein Virus schon. Zudem sind seine Flugeigenschaften ziemlich mies. Man kann sich unsere kleinen Freunde in etwa wie Fettaugen mit Weichkäsefüllung denken. In beiden Fällen kommt es aber darauf an, wie breit der Forst ist und wie nahe die Bäume im Schnitt (!) auseinander stehen. Und, ob Buntspecht oder Virus Glück haben.

Das gilt sogar für die gerühmten FFP (Face Filtering Piece)-Masken. Soweit ich es verstanden habe, sind sie auf Teilchen größer/gleich 600 Nanometer genormt. Der FFP-2-Typ lässt davon 5 Prozent, die FFP-3-Maske nur 1 Prozent durch. Allerdings: Gesamt-Leckage bis zu 11 bzw. 5 Prozent.   

Also, wenn der Buntspecht Glück hat oder das Virus...
Daher: Absolute Sicherheit böte es nur, wenn man die Luft anhält. Dann läuft man allerdings nach einigen Minuten (selbst als Fernsehmoderator) blau an und stirbt.

Dazu kommt: Bei 600 nm passen locker noch 5 Corona-Viren (je ca. 100 nm) nebeneinander durch. Aber unsere fettverhüllten Glibberteilchen kommen ja gar nicht allein. Gerade noch haben sie sich in einer zerfallenden Zelle der Schleimhaut geaalt. Bei einem Huster, Nieser oder feuchter Aussprache treten sie den Flug in einem Schnodderbällchen (vornehm: Tröpfchen oder, wenn kleiner, Aerosol) an. Welchen Durchmesser das hat? Und mit welcher Geschwindigkeit es fliegt?

Tja, das hängt von vielen Parametern ab: Lungenkapazität, Kontraktionsstärke der Atemmuskulatur, Wassergehalt der Schleimhaut und wahrscheinlich Mondphase. Speziell bei der Aussprache wohl auch vom Dialekt: Vorstellbar wären bei über den „spitzen Stein gestolperten“ Nordländern kleinere und schnellere Tröpfchen – im Gegensatz zu den mit stimmhaften „S“ versehenen Hessen: langsamer, aber fetter. Und dass bei den gutturalen Sachsen überhaupt etwas aus der Kehle fliegt – und sei es nur eine wirkliche Sprache – halte ich für fraglich.

Aber, wie der olle Newton zu sagen pflegte: „Hypotheses non fingo.“ Sprich: Müsste man alles experimentell überprüfen – und das Ergebnis wären Durchschnittswerte und Wahrscheinlichkeiten. Also das, was Frau Dorn wohl nicht zufriedenstellen dürfte. Das wird den Viren aber egal sein. Mir übrigens auch.

Daher bin ich ein Anhänger des Föderalismus: Er kann auf spezifische Unterschiede und Herausforderungen reagieren. Dann lassen wir es doch die Wolfsburger eine Woche früher probieren, dann sehen die Braunschweiger 7 Tage eher, was sie hätten machen sollen – oder eben auch, dass es wenig bringt. Und wir werden es ebenso wenig voraussagen können, ob die Maskierung den Menschen eher signalisiert, sie sollten vorsichtig sein – oder sie sich zu sehr nur darauf verlassen. Persönlich würde ich bei weiß-blauen Masken den höchstmöglichen Abstand suchen. Aber: Schau mer mal, dann seg’n mas’s scho…   

Daher gibt es „Experten, die es genau wissen müssten“ nur im Entenhausen eines Markus Lanz und seiner Brüder und Schwestern in den Sendezeit-Befüllungsanlagen. Wahre Fachleute dagegen erzählen ganz oft, dass sie es eben nicht genau wissen. Je niedriger die Intelligenz, desto sicherer die Voraussagen.

Gefühlt sehr lange ist es her, dass wir Masken vor allem mit dem Karneval verbanden. Seit Heinsberg wissen wir: Sie heben zwar die Stimmung, schützen aber nicht unbedingt vor Infektionen.

Aber bei solchen Anlässen verdecken sie ja auch eher die Augen einer schönen Frau. Gerade als Tangotänzer sollten wir uns lieber nostalgisch an die Fred Raymond-Operette „Maske in Blau“ aus dem Jahr 1937 erinnern. Paul Hubschmid durfte in der Verfilmung von 1953 Marika Rökk mit einem wunderbaren Schnulzen-Text von Günther Schwenn ansingen:  

Maske in Blau, Maske in Blau,
in meinem Herzen trag ich ein Bild!
Maske in Blau, Maske in Blau,
du hast mein Leben mit Liebe erfüllt!
Meine Gedanken sind nur noch bei dir,
wann kommst du endlich für immer zu mir?
Du bist mir ein Rätsel, herrliche Frau!
Wann fällt deine Maske, Dame in Blau?



Quelle:

Kommentare

  1. Heute erreichte mich der folgende Kommentar per Mail:

    Ist das nicht erstaunlich?

    Es gibt einen einzelnen Menschen in Pörnbach, der (sogar in eine Satire verpackt!) den sachlichsten und informativsten Textbeitrag zum Thema MUNDSCHUTZ schreibt, den ich bisher lesen durfte.

    DANKESCHÖN!

    Seltsam nur, dass da unsere „offiziellen Stellen“ – oder vielleicht die eine oder andere Wissenschaftsredaktion, scheinbar nicht dagegen anstinken können.

    Das finde ich traurig und in erster Linie sogar sehr bedenklich. Liegt vielleicht aber auch daran, dass ich ausschließlich die Zeitung mit den vier großen Buchstaben lese.

    Als derzeitiger Maskenverweigerer mache ich mich derzeit eines „zynischen“ und „unsozialen“ Handelns verdächtig … weil ja der oberste Tierarzt Deutschlands (Prof. Lothar W.) immer und ständig von irgendwelchen apokalyptischen Dingen „ausgehen muss“.
    Schade, dass er immer von Furchtbarem „ausgeht“, anstatt mal zur Abwechslung etwas konkretes zu WISSEN!

    Er könnte ja mal damit anfangen, den Beitrag „DIE ZIEHUNG DER CORONA-ZAHLEN“ von Gerhard Riedl vorzulesen. Danach wären seine Zuhörer vielleicht endlich mal schlauer?

    Nein – Wissen besitzt Herr W. offenbar nicht. Zumindest gibt er das vor. Er geht nur ständig „von etwas“ aus.
    Und unserem obersten Corona-Minister, Herr Spahn, hilft seine bescheidene Banklehre offenbar auch nicht bei unseren aktuellen Problemen.

    Hoffentlich hat ihm wenigstens die von ihm mitbegründete G.b.R. dabei geholfen, die Lobbymeinung seiner Pharmaklienten etwas besser zu verstehen.

    Aha. Steht ja sogar in der Wikipedia! [https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Jens_Spahn&oldid=199221983#Nebent%C3%A4tigkeiten]
    Finanziell hat es ihm wohl ganz sicher geholfen; davon „gehe ICH aus“. Vielleicht erklärt dieser Umstand ja sogar sein aktuelles Benehmen.

    Ich stelle mir gerade folgendes Gedankenexperiment vor: Die heilig-coronale Trinität (Merkel, Spahn und Euro-Ursel) würde JETZT verkündigen…
    …die Gefahr sei mit SOFORTIGER Wirkung vorüber. *puff!*

    Was wäre los?

    Die Deutschen wären *zack* angstfrei.
    Sie würden sich sofort wieder „normal“ bewegen.
    Abgesehen von Tangotanzenden – die wären natürlich weiterhin aufrecht, mit „Haltung“ und in guter Verbindung mit dem Boden (unseres Grundgesetzes) unterwegs.

    Wäre wieder Normalität verordnet: Würde sofort Normalität herrschen.

    Genau SO wäre es!

    Aber wie irrational schiene das?
    Selbst wenn es dann wieder möglich wäre… würde keiner für das obligate tragen von Mundschutz auf eine dann wieder anmeldbare Großdemonstration gehen!

    Wie bescheuert und obrigkeitshörig kommt es mir daher vor, dass die Menschen den Maskenzwang nicht nur ertragen – sondern sogar überall und mit Inbrunst einfordern?

    Eine über den Mund-Nasenraum gezogene alte Unterhose würde das „social distancing“ wesentlich effektiver machen!!

    Ich kenne eine Firma, in der hat sich der Betriebsrat und einige Mitarbeiter dafür eingesetzt, dass „der Chef“ nicht als „Geschenk“ an seine Mitarbeiter das Mittagessen in der Kantine aus eigener Tasche bezahlt. Das würde nämlich zu viel Andrang in der Kantine verursachen. Das wäre ja schlimm!

    Verrückt.

    Also: wir brauchen ENDLICH mal eine sehr viel höhere Besteuerung auf gasförmige Kohlendioxid-Abfälle! SOFORT!

    Hört endlich auf den armen Frans Timmermans! Steuern sind geil!

    Frustrierte Grüße,
    Matthias Botzenhardt


    LIEDTEXT (Kinderlied)

    Die Wissenschaft hat festgestellt,

    Festgestellt, festgestellt,

    Daß Marmelade Fett enthält.

    Fett enthält.

    Drum essen wir auf jeder Reise,

    Jeder Reise, jeder Reise,

    Marmelade eimerweise,

    Eimerweise.

    Marmelade, Marmelade, Marmelade,

    Die essen wir alle so gern.


    „Die Wissenschaft hat fest gestellt,
    Festgestellt, festgestellt,

    Daß Mundschutz gegen COVID hilft,
    COVID hilft.
    Drum tragen wir bald alle schon,
    alle schon, alle schon,
    Maulkorb und auch Klopapier,
    Maulpapier.
    Mäulchenkorb, Mäulchenkorb, Mäulchenkorb,
    den trägt der Michel so gern.“





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    1. Lieber Matthias Botzenhardt,

      das Lob für meinen Artikel freut mich natürlich!

      Ich möchte nur klarstellen: Weder wollte ich einen „Expertenstatus“ reklamieren noch das Tragen von Masken verdammen. Ich sehe darin eine ziemlich einfache und preiswerte Möglichkeit, vielleicht die eine oder andere Infektion zu verhindern. Wie gesagt – vielleicht. In zwei oder drei Wochen werden wir schlauer sein.

      Was Jens Spahn und Lothar Wieler betrifft: Es ist leider eine Unsitte, führende Posten eher nach Proporz als nach fachlicher Qualifikation zu besetzen. Dass der RKI-Chef gelernter Tierarzt ist, wusste ich noch nicht. Nett!
      Jens Spahn wollen wir neben seiner Banklehre immerhin noch den Master in Politikwissenschaften zugestehen.
      Und da beginnt das Dilemma: Reine Fachleute würden in der Politik oft grandios scheitern, da sie mit den dortigen Abläufen nicht vertraut sind. Und Politiker, die auch was von der Sache verstehen, sind halt selten.

      Gegen eine derzeit gängige Argumentation wende ich mich allerdings entschieden: Dass wirtschaftliche Verflechtungen automatisch bedeuten müssen, dass solche Leute dann nicht mehr nach ihrer Überzeugung, sondern nur nach dem Einkommen entscheiden. Das unterstellt zu hundert Prozent Charakterlosigkeit.

      Dass Politiker insgesamt zu viele Nebentätigkeiten ausüben, ist allerdings unbestritten.

      Insgesamt bin ich aber nicht davon überzeugt, dass unsere Politiker nun verkünden sollten, die Gefahr sei vorbei. Bei Trump, Johnson und anderen ist das ziemlich in die Hose gegangen.

      Mit besten Grüßen
      Gerhard Riedl

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